7. Februar 2025, 15:11 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Bereits zum fünften Mal ist der „European Railway Station Index“ erschienen. Dieser zeigt die besten und schlechtesten Bahnhöfe in Europa und erklärt, wie es um das europäische Bahnwesen aktuell steht. Auch etliche deutsche Bahnhöfe stehen in dem 50 Bahnhöfe umfassenden Ranking. Einige vorne, andere sehr, sehr weit hinten. Das Ranking im Überblick.
Bahnhöfe gibt es in Europa etliche. Gute, schlechte – und viele irgendwo dazwischen. Das zu beurteilen, haben sich gleich mehrere Unternehmen auf die Fahne geschrieben. Und so tauchen in den Medien regelmäßig neue Indexe auf, die die besten und schlechtesten Bahnhöfe Europas ermittelt haben. So auch jetzt: die US-amerikanische Verbraucherschutz-Organisation „Consumer Choice Center“ hat ihren aktuellen „European Railway Station Index“ herausgegeben. Nicht zu verwechseln mit dem „European Train Station Index“, von dem TRAVELBOOK im März 2024 berichtete.
Die beiden – sich namentlich sehr nahestehenden – Bahnhofs-Indexe kommen teils zu unterschiedlichen, teils zu ähnlichen Ergebnissen. So sind sie sich etwa einig, dass der Zürcher Hauptbahnhof der beste Bahnhof Europas ist und offenbar auch bleibt. Denn der Schweizer Bahnhof steht nicht zum ersten Mal auf Platz eins. Was die deutschen Bahnhöfe angeht, zeigen sich zumindest ähnliche Tendenzen: So sind die Berliner und Kölner Hauptbahnhöfe im März-Index in den Top 10, in dem kürzlich erschienenen immerhin in den Top 20. Geht es allein um die deutschen Bahnhöfe, mischt übrigens noch ein weiteres Ranking mit – und sorgt so für komplette Verwirrung: Omio attestierte, ebenso wie der neue Index, dem Leipziger Hauptbahnhof die Position des besten deutschen Bahnhofs (TRAVELBOOK berichtete). Berlin war hier auf Platz zwei und Köln auf Platz sechs.
Übersicht
Methodik des „European Railway Station Index 2024“ vom Consumer Choice Center
Nun aber zu diesem neuen Index. Dieser erscheint bereits zum fünften Mal und baut laut der Autoren auf der „bestehenden Analyse auf, die auf Berichten von nationalen Behörden, Online-Statistiken, Bahnhofskarten, Echtzeit-Updates und eigener Forschung“ basiert. Erstellt wurde der Bericht im August 2024.
Für den „European Railway Station Index“ wurden die 50 verkehrsreichsten europäischen Bahnhöfe in den Jahren 2020 bis 2024 ermittelt. In die Liste aufgenommen wurden Bahnhöfe ab einem Passagieraufkommen von 30 Millionen. Diese verglich das Consumer Choice Center anhand verschiedener Kategorien. Dazu gehörten die Betriebszeiten der Fahrkartenschalter, die Art der Fahrkarten, Wartezeiten sowie Verspätungen der Züge. Außerdem bewerteten sie die Informationsangebote, Aufzüge und Rolltreppen, Barrierefreiheit, Geschäfte und Restaurants sowie Lounges. Darüber hinaus vergaben sie Punkte für den Zugang zu kostenfreiem WLAN, die Verbindungen zum öffentlichen Nahverkehr sowie Wettbewerb und Ride Hailing, was laut der Autoren soviel bedeutet wie die „Anmietung eines privaten Fahrers und Fahrzeugs über eine allgemeine Plattform“.
Für jede Kategorie erhielten die Bahnhöfe Punkte und konnten so ein Maximum von 118 Punkten erreichen – was jedoch keiner der 50 Bahnhöfe schaffte.
Die besten und schlechtesten Bahnhöfe Europas 2024 laut „European Railway Station Index“
Europas 11 beste Bahnhöfe laut „European Railway Station Index“
1. Zürich Hauptbahnhof, Zürich, Schweiz (101 Punkte)
2. Bahnhof Bern, Bern, Schweiz (94 Punkte)
3. Utrecht Centraal, Utrecht, Niederlande (93,5 Punkte)
4. Gare du Nord, Paris, Frankreich (91 Punkte)
5./6. Gare de Lyon, Paris, Frankreich (90 Punkte)
5./6. Gare Montparnasse, Paris, Frankreich (90 Punkte)
7. Wien Hauptbahnhof, Wien, Österreich (89,5 Punkte)
8. Roma Termini, Rom, Italien (87,5 Punkte)
9. Gare Saint-Lazare, Paris, Frankreich (87 Punkte)
10./11. London Bridge, London, Vereinigtes Königreich (85 Punkte)
10./ 11. Leipzig Hauptbahnhof, Leipzig, Deutschland (85 Punkte)
Europas 10 schlechteste Bahnhöfe laut „European Railway Station Index“
41. Berlin Südkreuz, Berlin, Deutschland (58 Punkte)
42. Wien Meidling, Wien, Österreich (54,5 Punkte)
43. München-Pasing, München, Deutschland (52,5 Punkte)
44./45. Roma Tiburtina, Rom, Italien (52 Punkte)
44./45. Haussmann–Saint-Lazare, Paris, Frankreich (52 Punkte)
46. Châtelet–Les Halles, Paris, Frankreich (51 Punkte)
47. Firenze Santa Maria Novella, Florenz, Italien (49,5 Punkte)
48. Berlin Zoologischer Garten, Berlin, Deutschland (47 Punkte)
49. Bremen Hbf, Bremen, Deutschland (45 Punkte)
50. Berlin Ostkreuz, Berlin, Deutschland (101 Punkte)
Was Zürichs Hauptbahnhof so gut macht
Zürichs Hauptbahnhof erreicht im „European Railway Station Index 2024“ 101 Punkte. 153,154 Millionen Passagiere nutzten demnach den Schweizer Bahnhof im vergangenen Jahr, mehr als 21 Millionen mehr als noch im Jahr zuvor. Dieser Aufwärtstrend sei auch an anderen Bahnhöfen zu beobachten, schreiben die Autoren, die ein generell höheres Passagieraufkommen feststellten. Seine hohe Punktzahl erreichte Zürichs Hauptbahnhof unter anderem mit geringen Wartezeiten und Verspätungen. Nur knapp über sechs Prozent der Züge verspäteten sich mehr als fünf Minuten. Das erklären die Autoren unter anderem mit dem dichten Netz und „gesunden Wettbewerbsmarkt“ mit mehr als 130 Betreibern.
European Railway Station Index 2021 Drei der zehn schlechtesten Bahnhöfe Europas liegen in Deutschland
European Railway Station Index 2022 Die besten und schlechtesten Bahnhöfe in Europa
European Train Station Index In Deutschland liegen 3 der beliebtesten Bahnhöfe Europas 2024
So schlecht schneidet Deutschland im Index ab
Schlecht steht es dahingegen um Nachbar Deutschland. Die drei schlechtesten Bahnhöfe Europas befinden sich hier. Und das Berliner Ostkreuz ist sogar Europas schlechtester Bahnhof. Ihm folgen der Bremer Hauptbahnhof und der Berliner Bahnhof Zoologischer Garten. Ganze neun der 15 schlechtesten Bahnhöfe befinden sich in Deutschlands, vier davon in der Hauptstadt, die mit sieben Bahnhöfen im Ranking vertreten ist. Nur ein deutscher, der Leipziger Hauptbahnhof, steht in den Top 10. Allerdings sei hinzugefügt: 21 Bahnhöfe im Ranking der 50 stehen allein in Deutschland, das Land ist also überrepräsentiert und entsprechend hoch auch die Chance, auf den hinteren Plätzen zu landen. In ihrer Anzahl am meisten folgen sieben britische und italienische sowie sechs französische Bahnhöfe.
Doch auch unabhängig davon steht Deutschlands Bahnlandschaft „vor großen Hürden“, wie es im Bericht heißt. Dabei gebe es verschiedene Erklärungsansätze für die aktuellen Probleme: Während einige meinten, die Deutsche Bahn habe schlecht investierte und hätte ihre Strecke und Bahnhöfe längst ausbauen müssen, verwiesen andere darauf, dass das Schienennetz in den vergangenen 70 Jahren um rund 15.000 Kilometer geschrumpft und so der Druck auf die verbliebenen Knotenpunkte gestiegen sei. Das schreiben die Autoren des Indexes.
Das Ergebnis ist so oder so eine große Zahl schlecht platzierter deutscher Bahnhöfe im Index. Einer der dafür angeführten Gründe im Bericht sind die längeren Wartezeiten, die im Schnitt nun bei 14,8 Minuten liegen; mehr als 55 Prozent der Fahrten am Berliner Hauptbahnhof verspäteten sich demnach um mehr als fünf Minuten. Verbesserung ist jedoch bereits in Aussicht: Bereits 2023 versprach die Deutsche Bahn laut dem Index, vierzig zentrale Strecken und Bahnhöfe zu sanieren und zu digitalisieren. Dafür investierte sie 7,6 Millionen Euro. „Künftige Kennzahlen werden zeigen, ob und wann die Anstrengungen Früchte tragen“, schreiben die Autoren.