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17. Februar 2025, 6:10 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
Canggu war der erste Stopp für unseren Autor auf seiner kürzlichen, dreiwöchigen Reise auf die Trauminsel Bali. Und am liebsten wäre er direkt nach der Ankunft gleich wieder geflüchtet. Denn die hippe, laute und auch in der Nebensaison schon aus allen Nähten platzende Beachtown war zunächst einmal so gar nicht nach seinem Geschmack. Am Ende blieb er fünf Tage, fand auf den zweiten oder dritten Blick viel Schönes, und verliebte sich sogar ein bisschen in den Vibe.
Kennen sie dieses unangenehme Gefühl, an einen Ort zu kommen und mehr oder weniger sofort zu denken: Oh Gott, wo bin ich denn hier gelandet? Alles fühlt sich irgendwie falsch an, Sie nehmen an Allem Anstoß. Als hätte der Reiseprospekt Ihrer Träume Sie versehentlich an ein ganz falsches Ziel geführt. So ging es mir ehrlicherweise zunächst einmal, als ich mit meiner Freundin nach mehr als einem ganzen Tag Anreise auf der Trauminsel Bali ankam. Genauer gesagt in dem Strandort Canggu (sprich Tschangu). Es war dunkel, laut, die Straßen völlig verstopft von Verkehr und herumziehendem Partyvolk. Und mir kam nur ein Gedanke: sofortige Flucht. Irgendwo hin, wo es wirklich so aussieht wie das Bali, dass man aus den Medien kennt. Am Ende bin ich sehr froh, dem Impuls nicht gefolgt zu sein. Denn obwohl alle Vorzeichen dagegen sprachen, habe ich mich ein wenig in Canggu verliebt.
Doch wie kamen wir überhaupt auf diesen Ort, der auf den ersten Blick für mich wie ein wahr gewordener Alptraum war? Die Antwort: Videos auf Youtube. In denen wurde Canggu von durchweg gut aussehenden, jungen Menschen als der Place to Be und ideale Ausgangspunkt für eine Reise nach Bali beschrieben. Werbung, auf die ich selbst normalerweise nichts gebe. Meine Freundin aber, sechs Jahre jünger als ich, recherchiert für ihre Reisen eben auf diese Weise. Und tatsächlich war, was wir da sahen und hörten, zunächst einmal verlockend: Canggu sei ein sehr ruhiger, entspannter Ort, wegen seines langen Strandes und der guten Wellen ein beliebter Spot für Surfer aus aller Welt. Dass die Videos samt und sonders auch das virale Nachtleben anpriesen, hätte (zumindest für mich) vielleicht ein Warnzeichen sein sollen. Aber so entschieden wir uns, auch und vor allem wegen der Nähe zum Flughafen, die ersten drei Nächte dort zu verbringen.
Tattoos und glasige Augen
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Canggu, Ortszeit 21.30 Uhr. Mindestens 25 Grad, Luftfeuchtigkeit fast 100 Prozent. Ein deutsch-polnisches Paar drängt sich müde, verwirrt und zunehmend irritiert über die engen Bürgersteige. Direkt neben uns wälzt sich auf der Straße hupend, brummend und lärmend eine Blechlawine aus Autos und vor allem Motorrollern vorbei. Aus den zahllosen Bars und Diskotheken wummern Bässe aus mannshohen Lautsprechern, volltätowierte Menschen sitzen mit glasigen Augen vor ihren hochprozentigen Drinks. Eine Kakophonie aus Krach ergießt sich über uns, unerträglich fast nach 28 Stunden Anreise, und wir wollen eigentlich nur noch etwas essen und dann ins Bett. Natürlich wollen wir den Start in unseren Urlaub auch mit indonesischer Küche zelebrieren, doch das erweist sich als gar nicht so einfach. Pizza, Pasta, Burger, Tacos allerorten, einheimische Restaurants auf den ersten Blick Fehlanzeige.
Wir finden dann doch noch das sehr gute, unglaublich günstige „Ithaka“. Dort ist man auf einer Dachterrasse dem Sound der Straßen zudem ein Wenig enthoben. Hier kann man auf Wunsch auch hervorragend eher nach „westlichem Modell“ frühstücken. Die Abendkarte ist aber komplett indonesisch, das Essen herrlich frisch zubereitet. Derart gestärkt beziehen wir dann unser sehr schickes Hotel, das „Soul House“, nur etwa sieben Gehminuten vom Strand entfernt. Und damit zum Glück weit genug weg von den Clubs und Bars, die in Canggu jede Nacht der Woche quasi durchgängig wummern. Der Innenbereich unserer noblen Herberge wartet gleich mit zwei Pools auf, einer davon direkt vor unserem Fenster. Hier herrscht, vor allem am frühen Morgen, eine herrliche Ruhe, die einen Kraft sammeln lässt für die kommenden, stets sehr aufregenden Tage.
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Ein Ort wie aus dem Märchenbuch
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Das Schwimmbecken, das sicherlich bereits auf zahlreichen Instagram-Accounts für Aufsehen gesorgt hat, ist eingebettet in einen herrlich grünen Dschungelgarten voller exotischer Bäume und Pflanzen. Niedliche Eichhörnchen hüpfen darin aufgedreht herum, Vögel zwitschern, Frösche quaken, Geckos machen einen erstaunlichen Lärm. Ja, hier fühlt es sich jetzt das erste Mal so richtig nach Urlaub an. Und sieht auch so aus, wie ich mir Bali auf der Blaupause meiner Gedanken ausgemalt habe. Diese kleine Oase dient mir ab jetzt jeden Tag als Ruhepol. Doch es kommt noch besser, unser Hotel bietet auch ein Spa, in dem man sich massieren lassen kann. Eine Stunde für knapp 15 Euro, keine weiteren Fragen. Derart durchgeknetet und leicht groggy bin ich dann auch bereit, Canggu an sich eine zweite Chance zu geben.
Und daran tue ich gut, denn sonst hätte ich mein Herz vor einem sehr aufregenden, vielseitigen Ort verschlossen. Manchmal muss man das Schöne eben nur aktiv suchen. Unser erster Ausflug führt uns an den nahen Seseh Beach, wo sich mit dem „Udara Bali“ ein Yoga Retreat wie aus einem bizarren Märchenbuch befindet. Die Gebäude und vor allem der Meerwasserpool sehen so aus, als hätten sich die beiden Exzentriker Dalí und Gaudí zusammengetan, um ein eigentlich undenkbares Meisterwerk abzuliefern. Die Strukturen wirken mitunter, als hätte ein Kind am Strand eine Kleckerburg gebaut. Ein erstes von vielen Beispielen dafür, dass auf Bali nicht selten sehr viel Geld und sehr viel Fantasie zusammenkommen. Um Wunderbares wie Wunderliches gleichermaßen für die Touristen zu erschaffen. Dieser Ort fällt eher in zweite Kategorie, er wirkt, da bin ich mir mit meiner Freundin einig, ziemlich unecht.
Das Leben findet am Strand statt
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Das meditative Konzert, das wir in einer goldenen Kuppel erfahren, ist aber überwältigend. Genauso ist die Küche vor Ort frisch und fantastisch, wenn auch etwas hochpreisiger als noch am Abend zuvor. Dies werden Sie auf einer Bali-Reise vermutlich auch feststellen: Die Insel ist für das deutsche Portemonnaie überall relativ günstig, im asiatischen Ländervergleich aber doch recht teuer. So kann man hier für ein gutes Essen schon genauso viel ausgeben wie auch in Berlin. Der wunderbare Fisch und die Meeresfrüchte, dazu ein leckerer Fruchtsaft oder Shake, lassen einen das aber vergessen. Urlaub ist schließlich auch dafür da, sich selbst einmal großzügig zu verwöhnen und zu beschenken.
Dazu gehören auch lange Spaziergänge am Meer, die Füße immer wieder überspült vom lauen Wasser des Ozeans. Die Strände in und um Canggu sind braun, nicht wie aus Postkarten-Puderzucker-Sand, dafür ist hier aber umso mehr los. Unzählige Menschen flanieren zu jeder Tageszeit über die natürliche Promenade. Bars werben mit Blick auf den Sonnenuntergang und Angeboten wie „Happy Hour all day“ um Kundschaft. Straßenhändler bieten ihre Waren oder leckeres Street Food für unglaublich kleines Geld an. In Canggu, und das ist ein großer Trumpf, ist alles mehr oder weniger fußläufig erreichbar. Und für einen Zwischenstopp warten immer Lokalitäten wie der „Como Beach Club“, wo ich in schickem Ambiente den besten Thunfisch der gesamten Reise gegessen habe.
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Instagram-Ausflugsziele
Am nächsten Morgen spazieren wir dann zu einem weiteren Instagram-Ausflugsziel, das meine Freundin ausgegraben hat. Das wirklich unglaublich schöne Gartencafé „Penny Lane“, wo man unter einem Baldachin von Dschungelpflanzen sitzt, umschmeichelt von der kühlen Umlaufluft unzähliger Ventilatoren. An den Wänden und Decken skurrile Darstellungen diverser Film- und Popstars als Heilige. Dazu eine üppige Speisekarte mit Dingen wie „Elvis Parsley“ (Burger) und „Game of Toblerones“ (Milchshake). Hier, wie auch überall in Canggu, klicken ununterbrochen die Kameras und Smartphones von Urlaubern aus aller Welt. Jeder will einfach alles festhalten, beziehungsweise am liebsten sich selbst vor dieser Kulisse in Szene setzen.
Ein Gefühl, dass sich noch steigert, als wir den ultra-hippen „Sunday Market“ auf dem Gelände des Beach Club „La Brisa“ besuchen. Vor lauter Fotografieren und Influencern, die live in ihre Telefone und Kameras brabbeln, kann man sich zwischen den Ständen kaum bewegen. Zu kaufen gibt es alles Mögliche und Unmögliche mit einem bewusst esoterischen Touch. Kleidung, Schmuck, Kosmetika, Räucherstäbchen, Tarotkarten, vermeintlich leistungssteigernde Pilz-Extrakte, Organic Food in allen Varianten. Mein Tipp: Suchen Sie an einem der vielen Stände nach dem fantastischen Thunfisch-Ceviche und genießen sie, ruhig dasitzend, einfach nur noch die Show. Das Ambiente jedenfalls ist schon toll. So, als würde mitten im Dschungel ein bunter Jahrmarkt stattfinden.
Tempel und Surfer
Für uns wird es Zeit für einen weiteren Spaziergang am Meer. Sie werden schnell feststellen, dass Sie laufend mitunter sehr viel schneller an ihr Ziel kommen als über die notorisch verstopften Straßen von Canggu mit dem Taxi oder gemieteten Motorroller. Dazu vielleicht einen starken (Eis-)Kaffee in der Hand, zum Beispiel von „Tugu Kawisari Coffee“, die es bereits seit 1870 gibt. In dem angeschlossenen Hotelkomplex ist mit dem „IWA“ auch ein absolut erstaunliches und sehr gutes Restaurant untergebracht. Aufgemacht wie eine balinesische Tempel-Pagode und bewacht von einer riesigen Statue aus der heimischen Mythologie, diniert man hier hervorragend indonesische Küche. Zum empfehlen ist besonders das Menü für Zwei, bei dem man verschiedene typische Gerichte verkosten kann. Das schmeckt nicht nur sensationell, sondern ist auch optisch äußerst ansprechend dargebracht.
In der Nähe von Canggu kann man dann auch noch einen der heiligsten Orte der Insel besuchen, den Tempel Tanah Lot. Der liegt ziemlich spektakulär auf einem Felsen im Meer nahe der Küste, und ist nur bei Ebbe erreichbar. Beziehungsweise für Touristen überhaupt nicht. Die dürfen die imposante Anlage, einbettet in einen wunderbaren Landschaftspark, nämlich allerhöchstens zu Fuß umrunden. Zu den Tempel-Anlagen auf ganz Bali haben Auswärtige grundsätzlich keinen Zutritt. Ein wenig wird der Ort ohnehin durch die schieren Besuchermassen entweiht. Und die Tatsache, dass man rund um ihn herum einen wahren Vergnügungspark aus Restaurants und Shoppingmöglichkeiten geschaffen hat.
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Wer möchte und sich traut, kann in Canggu auch problemlos mit dem Surfen anfangen. Meine Freundin erfüllte sich damit einen Kindheitstraum. Und machte sich trotz keinerlei Vorerfahrung bewundernswert gut. Besonders am frühen Morgen sind die Wellen recht flach. Dann tummeln sich unzählige Menschen jeden Alters auf der Jagd nach dem nächsten Ritt im Wasser. Ich selbst gab meine Ambitionen nach einer halben Stunde völlig entkräftet auf. Lag nach Atem ringend am Strand. Und genoss in der Folge einfach nur noch die ruhige und entspannte Stimmung, bevor der Rest von Canggu wieder zu einem neuen, rastlosen Tag erwachte. In unserem schönen Hotel hatte ich zu diesem Zeitpunkt unseren Aufenthalt übrigens schon um zwei weitere Nächte verlängert.
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Tanah Lot auf Bali Warum dieser Tempel von Seeschlangen bewacht wird
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Übersicht Bali – die schönsten Reiseziele und besten Tipps
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