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Schauplatz einer Gräueltat

Elafonisi – die tragische Geschichte hinter Kretas rosafarbenem Traumstrand

Elafonisi Kreta
Der Strand und die Lagune von Elafonisi sind ob ihrer Schönheit einer der größten Touristenmagneten von Kreta. Doch den Ort umrankt eine düstere Vergangenheit. Foto: Getty Images/Gatsi
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

3. Juni 2024, 6:26 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Unter den zahllosen traumhaften Stränden auf der Insel Kreta nimmt die Lagune von Elafonisi wohl den unbestrittenen Spitzenplatz ein. Mit ihrem flachen Wasser und karibischen Flair ist sie bei Badegästen wie auch Instagram-Fotojägern gleichermaßen beliebt. Auch und vor allem, weil der Sand hier mitunter eine magische rosa Färbung hat. Doch die Einheimischen haben bis heute eine ganz eigene, sehr düstere Erklärung für dieses Naturphänomen.

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Den Moment, als bei einer kürzlichen Reise nach Kreta zum ersten Mal der Strand von Elafonisi in Sicht kam, werde ich wohl lange nicht vergessen. Denn mir war, als würde ich nicht etwas Reales sehen, sondern auf eine Postkarte oder Fototapete schauen. Vor mir erstreckte sich eine Lagune von unbeschreiblicher Schönheit: weißer Sand, flaches, türkisblaues Wasser, ein Blick bis zum Horizont. Karibik-Flair, und das mitten in Europa. Noch wusste ich nicht, dass über dem paradiesischen Ort ein dunkler Schatten liegt.

Unter den zahlreichen Traumstränden auf Kreta ist die Lagune von Elafonisi wohl unbestritten unter den beliebtesten. Bietet sie doch nicht nur dieses außergewöhnliche Panorama, sondern auch schon für die jüngsten Gäste ideale Badebedingungen. Dank einer vorgelagerten Halbinsel vor Wind und Wellen geschützt, ist das Wasser hier ruhig und zudem kaum mehr als einen Meter tief. Die schmalen Sandbänke, die sich ins Wasser erstrecken, bieten traumhaft schöne Gelegenheiten für kleine Spaziergänge. Und wer genau hinsieht, wird Zeuge eines magischen Naturwunders.

Elafonisi Kreta
Der roafarbene Sand hat Elafonisi berühmt gemacht. Er entsteht durch ein Naturphänomen. Foto: picture alliance / robertharding | Marco Simoni

Hotspot für Selfie-Jäger

Denn der Sand am Elafonisi-Strand leuchtet mitunter in einem fast unwirklich erscheinenden Rosa. Das Farbspiel ist besonders gut bei Sonnenschein zu beobachten, wenn die sanften Wellen den Sand hin- und herschieben. Dieser Effekt hat die Lagune nicht nur zu einem beliebten Badeort, sondern auch zu einem wahren Hotspot unter Social-Media-Fotojägern werden lassen. Bei meinem Besuch liefen sie wirklich alle Winkel ab, posierten unzählige Male für das perfekte Bild. Einige schienen tatsächlich nur gekommen, um zu knipsen. Zahllose Menschen instruierten ihre Partner, wie sie sie vor dem rosa Sand in Szene zu setzen hätten, oder filmten sich mit den scheinbar tatsächlich wieder in Mode gekommenen Selfie-Sticks gleich selbst.

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Im warmen Sand liegend verfolgte ich zwischen einem Badegang und dem nächsten amüsiert diese für mich persönlich eher absurden Rituale. Da las mir meine Freundin aus einem Reiseführer eine tragische Geschichte vor, die meinen Blick auf diesen schönen Ort leider erheblich trübte. Bei einer späteren Recherche fand ich sie zum Beispiel auf der offiziellen Webseite der Stadt Kissamos bestätigt, von der aus man am schnellsten nach Elafonisi gelangt. Denn dieser Traumstrand war tatsächlich einmal der Schauplatz einer Tragödie.

Elafonisi
Kaum zu glauben: Wo heute Badegäste einen unglaublichen Anblick genießen, fand einst ein Massaker statt Foto: Getty Images

Grausames Massaker

Schlimmer noch, hier fand am 18. April 1824 ein grauenhaftes Massaker statt. Im Zuge des griechischen Unabhängigkeitskrieges gegen die osmanischen Besatzer versteckten sich hier 40 einheimische Kämpfer zusammen mit mehr als 800 Frauen, Kindern und älteren Menschen. Um die kretische Bevölkerung für ihre Aufsässigkeit zu strafen, metzelten die türkischen Soldaten diese armen Seelen nieder, bevor diese von einem Schiff gerettet werden konnten. Noch heute erinnert am höchsten Punkt der Elafonisi vorgelagerten Insel ein Gedenkstein an das Drama. Vor allem ältere Griechen erzählen bis heute die Schauermär, dass der Sand der Lagune rosa sei, weil er mit dem Blut der Unschuldigen getränkt wurde.

In Wirklichkeit hat die spektakuläre rosa Färbung des Sandes zum Glück eine ganz andere Erklärung. Tatsächlich entsteht sie durch die sterblichen Überreste unzähliger kleiner Krebstierchen, sogenannter einzelliger Foraminiferen. Wellen und Strömung zerkleinern ihre rosa bzw. rot gefärbten Schalen im Laufe der Zeit in winzig kleine Fragmente, die sich dann mit dem Sand mischen. Dieser Prozess, begonnen schon vor sprichwörtlichen Urzeiten, ergibt heute den erstaunlichen und wunderschönen Effekt.

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Elafonisi und Umgebung entdecken

Wer den Strand von Elafonisi einmal mit eigenen Augen sehen möchte, braucht zwangsläufig einen Mietwagen. Von der Stadt Kissamos aus im westlichen Kreta erreicht man die Lagune über eine Strecke mit sehr vielen Windungen, die auch über Berge führt. Auf diese Weise hatten wir bei unserem Besuch sogar das Glück, dem schlechten Wetter zu entkommen, das auf der anderen Seite im Tal herrschte. Die Wolken blieben einfach an den Gipfeln hängen und lösten sich auf. Die Fahrt von Kissamos dauert etwa eine Stunde.

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Wer dann schon einmal in der Gegend ist, kann erwägen, dem kleinen Ort Palaiochora an der Südwestküste der Insel noch einen Besuch abzustatten. Man fährt dabei zwar einige Extra-Kilometer, doch das Küstennest, eingerahmt von wilden grünen Gipfeln und Meer, ist definitiv einen (kurzen) Abstecher wert. Vom alten venezianischen Fort über dem Dorf aus erwischt man die besten Bilder, und Restaurants wie das Inochoos bereiten das wirklich Fangfrischeste aus dem Meer zu, das überhaupt zu haben ist. Derart gesättigt fällt es dann vielleicht auch etwas leichter, die düstere Geschichte um Kretas traumhafte Lagune Elafonisi zu verdauen.

Themen Europa Griechenland Kreta
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