28. Mai 2024, 11:42 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Bei einem Besuch auf Kreta lernt man nicht nur eine unglaublich vielseitige Insel kennen, sondern auch ihre einmalig leckere Küche. Dabei scheint jede Region und jeder Ort dem Gaumen etwas Neues, Aufregendes anzubieten. TRAVELBOOK-Autor Robin Hartmann war für Sie zwei Wochen unterwegs – und hat sich einmal quer durch die gesamte Speisekarte des Feinschmecker-Paradieses probiert.
Ich will ganz ehrlich zu Ihnen sein: Ob ich eine Reise hinterher als rundum gelungen bezeichnen kann, hängt für mich von verschiedenen Faktoren ab. Einer davon, wenn nicht gar der Wichtigste, ist für mich das gastronomische Angebot und dessen Vielseitigkeit vor Ort. In Lateinamerika gibt es für dieses Phänomen ein schönes Sprichwort: „Pansa llena, corazón contento“ – voller Bauch, zufriedenes Herz. Und wenn es stimmt, dass Liebe durch den Magen geht, dann habe ich mich unsterblich in Kreta verliebt. Denn bei einem kürzlich auf Griechenlands größter Insel verbrachten Urlaub war ich zwei Wochen lang im absoluten Schlemmer-Himmel.
Überblick
Persönlicher Gastro-Guide für Kreta
Nun habe ich schon häufiger das Glück gehabt, nach Griechenland reisen zu dürfen. Aber noch nirgendwo in diesem schönen Land mit seinen unzähligen Inseln hat sich mir die Küche so vielseitig, abwechslungsreich und auch überraschend präsentiert wie auf Kreta. Jede Region, ja sogar jeder Ort scheint in dieser Hinsicht ein eigener Mikrokosmos voller köstlicher Versuchungen zu sein. Das Mittelmeer mit seinem Fischreichtum und das fruchtbare Land liefern die einmalig frischen Zutaten, die man überall genießen kann, und das oft sogar auch noch für sehr kleines Geld. Eines kann ich Ihnen vorab garantieren: Der Genuss wird dennoch groß sein.
Guter Start in den Tag
Fangen wir doch am besten morgens an, denn ein guter Start in den Tag bietet die idealen Voraussetzungen für schöne, entspannte Entdeckungstouren. In Griechenland und auf Kreta haben kleine Bäckereien, die sämtliche Waren frisch aus lokalen Zutaten backen, noch einen hohen Stellenwert. Da wären zum Beispiel die unvergleichlich butterig schmeckenden Koulouria, mit Sesam bestreute Teig-Ringe. Nicht selten bekommt man sie auch gefüllt, zum Beispiel mit Schafskäse und/oder Oliven. Typisch sind auch Tiropita, mit Schafskäse gefüllte Teigtaschen, die man bei uns vielleicht auch als Börek kennt. Die Version mit Fleisch heißt Kimadopita, jene mit Spinat Spanakopita. Die unzähligen leckeren Süßigkeiten entdecken Sie bitte auf eigene Verantwortung.
Und zu einem soliden Frühstück gehört natürlich auch ein guter Kaffee. Den braucht man auf Kreta zum Glück nicht lange zu suchen, denn das Gebräu ist so etwas wie das Lebenselixier der Griechen. Deshalb gibt es ihn auch tatsächlich fast überall in einer Qualität, von der wir in Deutschland großflächig nur träumen können. Wer es gerne stärker und lokal mag, bestellt einen Griechischen Kaffee mit Bodensatz. Für alle anderen Gelegenheiten passt ein Ice Latte, also ein Eiskaffee mit Milch, den vor allem Touristen und junge Griechen gerne „to go“ bestellen. Die Alten rümpfen darüber nicht selten die Nase, denn einen Kaffee zu trinken, bedeutet in Griechenland auch vielerorts noch Geselligkeit und eine Gelegenheit zum Austausch. Deswegen werden aus einem Kaffee auch gerne mal zwei. Oder drei.
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Der beste Kaffee auf Kreta
Besonders in Erinnerung geblieben sind mir in diesem Zusammenhang das Coffee Island in der Stadt Malia und das Coffee+More in Kissamos. Ersteres wegen der Freundlichkeit der Bedienung, die uns beim zweiten Besuch schon wie Freunde begrüßte. Letzteres wegen der sensationellen Preise, ein großer Eiskaffee geht hier für 1,70 Euro über die Theke. Bei den Bäckereien empfehle ich besonders das familiengeführte Etablissement Politakis in dem kleinen Ort Sternes in West-Kreta. Die freundliche junge Bedienung hatte hier auch gute Ausflugstipps, und steckte uns bei jedem Kauf etwas extra umsonst mit in die Tüte, was wir „unbedingt probieren“ sollten.
Auf den Geschmack gekommen? Dann lassen sie uns in Malia weitermachen, wegen seiner Nähe zum Flughafen Heraklion ein idealer Ausgangspunkt für eine Kreta-Reise. Hier können Sie gleich einmal Gastro-Detektiv spielen. Denn das Restaurant, dass ich ihnen gerne ans Herz legen würde, findet sich nicht im Netz, und ich weiß den Namen nicht mehr. Ich kann Ihnen daher nur sagen, dass es köstliche Meze serviert, eine griechische Variation von Tapas, und sich nahe der Ecke der beiden Straßen Dimokratias und Grammatikaki befindet. Sie erkennen es aber daran, dass die Speisekarte ausschließlich auf Griechisch verfügbar ist. Ein eindeutiges Qualitätsmerkmal, denn hier bekommt man für sehr faire Preise noch authentische Küche, die nicht nur auf den Touristen-Gaumen zugeschnitten ist.
Schnecken und Engelshaar
Gleiches gilt für das Geitonia, das sich auf kretische Küche spezialisiert hat. Ein guter Start in ein ausgedehntes Mahl ist immer ein Kretischer Salat, bestehend aus Tomaten, Gurke, Paprika, Olivenöl und Myzithra, einem besonders weichen Schafskäse. Dazu vielleicht Dakos, ein knuspriges, unserem heimischen Zwieback ähnliches Brot, nicht selten mit frischen Tomaten oder Tomatenmus serviert. Immer beliebt ist auch ein Saganaki, ein gebackener Schafskäse, entweder paniert oder in einem Blätterteig-Mantel, gerne auch mit Honig oder Zuckersirup als Dessert bestellt. Darf es etwas ausgefallener sein? Probieren Sie Taramas, eine leckere Creme aus Fischrogen, die hervorragend auf Brot schmeckt.
Wenn Sie mutig sind, können Sie in Malia auch Schnecken in Essig probieren. Die sehr kleinen Fleischstücke aus ihrer Schale zu pfriemeln kann aber in eine frustrierend langwierige Angelegenheit ausarten. Und zum Abschluss dann noch eine echte Zuckerbombe, ein Kataifi. Dabei handelt es sich um eine Art Teigtasche aus hauchdünnen, knusprigen Teigfäden, nicht unähnlich den orientalischen Baklava. Schön auch: Der Name Kataifi bedeutet übersetzt so viel wie Engelshaar. In Malia gibt es zudem noch eine regionale Besonderheit zu kaufen und zu kosten: Kleine, besonders süße Bananen, die auf der Insel nur hier wachsen. Man findet sie sehr günstig an jeder Straßenecke und zahlreichen Ständen.
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Viel Knoblauch und Fine Dining
Eine kulinarische Reise nach Kreta bzw. Griechenland wäre natürlich nicht komplett ohne ein anständiges, vor Knoblauch strotzendes Tzatziki. Ein besonders gutes findet man in der romantischen Hafenstadt Rethymno in der Taverna Othonas. Inhaber und Namensgeber Otto, benannt nach dem ersten griechischen König, kam bei unserem Besuch persönlich an den Tisch, um uns stolz sein ganz persönliches Rezept zu verraten. Gurken raspeln und „auswringen“, geraspelte Möhren dazu, guter griechischer Joghurt, sehr viel Knoblauch. Das Ganze vermengen mit Pfeffer, Salz, Olivenöl, Essig und einem Schuss Ouzo. Ich darf mit Recht sagen, dass ich mich beim Nachmachen nach der Rückkehr zumindest ein wenig so gefühlt habe, als sei ich wieder zurück auf der Schlemmer-Insel.
Richtiges Fine Dining gibt es in Rethymno dann im To Pigadi, wo man zudem in einer ruhigen Seitenstraße in der Nähe der venezianischen Festung unter Weinranken einfach sensationell sitzt. Die Küche setzt hier voll auf einheimische Zutaten, und so kann ich sowohl den Kretischen Hahn in Weinsoße als auch den exzellenten Fisch empfehlen. Überhaupt dürften Sie auf Kreta keinerlei Schwierigkeiten haben, mit ein bisschen Recherche das wirklich Beste und absolut Frischeste zu finden, was die Netze der Fischer meist erst morgens am selben Tag hergegeben haben. Eine besondere Empfehlung muss ich in dieser Hinsicht an das Inochoos in Palaiochora aussprechen: Dort habe ich den besten gegrillten Oktopus meines Lebens gegessen, und das in uriger Tavernen-Atmosphäre in einem familiengeführten Restaurant.
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Tipp: Immer Platz fürs Dessert lassen
Wenn Sie es lieber fleischlastig mögen, sei Ihnen die Taverna Nikos in Sternes ans Herz gelegt. Der Namensgeber steht hier selbst von früh bis spät hinter dem Grill und bereitet die verschiedensten Fleischgerichte mit viel Herz zu. Der Bestseller sind seine Souvlaki, und jetzt bitte festhalten, ein 200-Gramm-Spieß mit Pommes kostet sagenhafte 3,50 Euro. Der Laden stellt auch hervorragende gefüllte Teigtaschen selbst her und ist fast immer brechend voll – mit Einheimischen wie Touristen gleichermaßen. Auf Wunsch serviert seine Tochter Maria hinterher noch einen (Eis-) Kaffee aus dem Dorfladen nebenan, der Anlaufstelle für Jung und Alt in Sternes ist.
Zum Abschluss des Gastro-Guides Kreta
Zu guter Letzt noch ein guter Rat meinerseits: Kalkulieren sie beim bestellten Essen immer noch etwas Rest-Appetit mit ein. Denn auf Kreta bzw. in Griechenland ist es Tradition, dem Gast quasi als Versüßung der Rechnung nach dem Speisen noch ein Dessert auf Kosten des Hauses zu servieren. Dazu gibt es stets auch einen Raki als Absacker. Die Bedienung wird ihn Ihnen auch dann hinstellen, wenn Sie vorher betonen, dass sie überhaupt keinen Alkohol trinken, so wie das bei mir seit einigen Jahren der Fall ist. Den Raki nicht anzubieten würde ganz einfach den Gastgeberstolz verletzen. Aber keine Angst: Alternativ ist es auf Kreta auch nie zu spät für noch einen Kaffee.