6. September 2024, 14:31 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ein jahrelanger Streit geht zu Ende: Die italienische Regierung hat sich mit der EU auf eine Neuvergabe der Konzessionen für die beliebten Strandbäder geeinigt. TRAVELBOOK erklärt die Hintergründe und zeigt, welche Auswirkungen es für Urlauber geben könnte.
Wer schon mal Badeurlaub in Italien gemacht hat, kennt das Bild: An den kilometerlangen Mittelmeerstränden reihen sich Tausende Liegen und Sonnenschirme aneinander, farblich unterteilt in verschiedene Strandabschnitte, die jeweils von einem anderen Inhaber betrieben werden. Knapp 30.000 solcher sogenannten „stabilimenti balneari“ gibt es in Italien, und mit dem Vermieten der Schirme und Liegen verdienen die Betreiber ein Vermögen.
Übersicht
Neuvergabe der Strandkonzessionen
Oft gehören die Strandabschnitte einzelnen Familien, und während der Badesaison haben 300.000 Menschen dort ihren Arbeitsplatz. Teilweise sind die Bezahlstrände seit Jahrzehnten in derselben Hand. Für die Betreiber ist es ein lukratives Geschäft: Rund 15 Milliarden Euro Umsatz verbuchen die Strandbäder laut einem Bericht des „Tagesspiegel“ pro Jahr. Man munkelt, dass auch die Mafia einen nicht unbeträchtlichen Anteil daran hat. Um neue Strandkonzessionen mussten sich die Betreiber bislang nicht kümmern. Doch genau das wird sich nun bald ändern.
Wie u.a. „T-online“ unter Berufung auf dpa und AFP berichtet, haben sich Brüssel und Rom auf einen neuen Erlass geeinigt. Laut dieser Reform müssen die Konzessionen für die italienischen Strandbäder neu ausgeschrieben werden. Die gegenwärtigen Strandkonzessionen blieben den Berichten zufolge noch bis zum 30. September 2027 gültig; spätestens im Juni des selben Jahres müssten die Neuausschreibungen eingeleitet werden.
Italien wehrte sich lange gegen neue Regelungen
Italiens Vorgänger-Regierung unter dem damaligen Ministerpräsidenten Mario Draghi hatte, nach Druck seitens der EU, in dieser Hinsicht Anfang 2022 erstmals ein Machtwort gesprochen. In einem neuen Gesetz wurde festgelegt, dass alle Konzessionen für die knapp 30.000 Strandabschnitte ab dem 1. Januar 2024 neu ausgeschrieben werden müssten. Der Plan: Wer sein Strandbad weiter betreiben will, muss sich neu bewerben und gegen andere Bewerber durchsetzen. Und die dürfen sogar aus einem anderen EU-Land kommen.
Doch Giorgia Meloni, Draghis Nachfolgerin im Amt und Vorsitzende der rechtsnationalen und populistischen Partei Fratelli d’Italia, ruderte erneut zurück. Sie bezeichnete Draghis Gesetz als den ersten „Akt der Enteignung“ von fast 30.000 Unternehmen. Nach ihrem Amtsantritt im Oktober 2022 verschob sie die Umsetzung des Gesetzes um ein weiteres Jahr. Derzeit agieren die Strandbetreiber in einer rechtlichen Grauzone.
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Betreiber wehren sich – auch mit Streiks
Zuletzt hatte am 9. August nach einem Aufruf des Gewerkschaftsverbands der Küstenunternehmen (FIBA) eine Protestaktion stattgefunden, die sich auch als Warnstreik verstehen ließ. Darüber berichtete u.a. „Oe24“. In den teilnehmenden Strandbädern in den bei Urlaubern beliebten Provinzen Udine, Ligurien oder auch Livorno wurden an diesem Tag keine Liegen und Sonnenschirme für Strandbesucher zur Verfügung gestellt – zumindest in der Zeit von 7.30 Uhr bis 9.30 Uhr. Mit zweistündiger „Verspätung“ nahmen die Strandbäder ihren Betrieb dann wieder auf.
Unter den Betreibern der Bezahlstrände war die Sorge stets groß, dass sie ihre Zulassungen und damit ihr gesichertes Einkommen verlieren könnten. „Immer wieder heißt es, die Strandbetreiber wollen sich nicht dem Wettbewerb stellen“, sagt Mauro Vanni, Besitzer eines Bezahlstrandes in Rimini und Vorsitzender der Genossenschaft Bagnini, dem Nachrichtensender ntv. „Das stimmt aber nicht. Wir sind es leid, seit Jahren in der Ungewissheit zu leben. Was wir fordern, ist ein Gesetz, das uns garantiert, sollten wir die Konzession nicht wieder zugeschrieben bekommen, die Investitionen, die wir im Laufe der Jahre gemacht haben, zurückzubekommen“, so Vanni weiter.
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Neue Regelung bietet teilweise Sicherheiten für die Betreiber
Zumindest genau so kommt es nun scheinbar. Wie „T-online“ weiter berichtet, müssten die neuen Betreiber ihren Vorgängern Abstandszahlungen für übernommenes Inventar leisten. Und auch wer die begehrten neuen Konzessionen ergattern kann, hat zumindest eine gewisse Planungssicherheit – denn den Berichten zufolge hätten diese eine Laufzeit von mindestens 5 und höchstens 20 Jahren.
Was das für Urlauber heißt, ist bislang noch unklar. So könnte es passieren, dass die neu vergebenen Lizenzen den Wettbewerb und das Geschäft zwischen den Betreibern beleben. Es ist aber auch nicht ausgeschlossen, dass die verteuerten Strandkonzessionen sich durch Preissteigerungen für die Besucher der Strandbäder bemerkbar machen.