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Strände, Schluchten, quirlige Städte

Der perfekte Insel-Roadtrip durch Kretas Westen

Kreta
Ein Roadtrip auf Kreta verspricht eine unvergessliche Reise – auch wegen der oft abenteuerlichen Zustände auf den Straßen der Insel Foto: Getty Images
Robin Hartmann Autorenkopf
Freier Autor

10. Juni 2024, 7:43 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten

Kreta ist die mit Abstand größte griechische Insel. Auch wer wie unser Autor zwei Wochen Zeit für eine Entdeckungsreise hat, wird unmöglich alles sehen können. Besonders der Westen Kretas aber bietet eine unübertreffliche Mischung aus Traumstränden, spektakulärer Natur und aufregenden Städten. TRAVELBOOK gibt die besten Tipps für einen perfekten Kreta-Roadtrip.

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Es ist leer am Strand von Malia, fast schon paradiesisch leer. Die wenigen Badegäste, darunter viele Einheimische und ein paar deutsche Urlauber, drängen sich auf den Sonnenliegen des hippen Strandclubs Pleasure Beach. Loungige Musik wummert durch die auch im April vor Hitze schon schwere Luft, etwas weiter nur das Rauschen der Wellen und das Kreischen der Möwen. Das Wasser von einem fast überirdischen Postkarten-Blau, kristallklar und durchsichtig wie Fensterglas. Die Handtücher im sonnenwarmen Sand, der erste von unzähligen Eiskaffees, und schon stellt sich Entspannung ein. Willkommen auf Kreta.

Wer einen Besuch auf der größten griechischen Insel plant, muss sich vorab über eines im Klaren sein: Auch wenn man mehrere Wochen Zeit hier verbringt, wird man unmögliches alles sehen können. Meine Freundin und ich entschieden uns daher bei unserem 14-tägigen Besuch dafür, einen Großteil der Tage im Westen von Kreta zu verbringen. Hier gibt es zum einen einige der schönsten Strände, die ich jemals gesehen habe. Mit der Samaria-Schlucht und der Imbros-Schlucht seien an dieser Stelle zudem nur zwei der spektakulärsten Natur-Highlights genannt. Und dann sind da noch jahrhundertealte Hafenstädte wie Chania und Rethymno, die mit einem fast schon klischeehaften Mittelmeer-Charme Besucher in Scharen anlocken.

Der Kreta-Roadtrip startet in der Hauptstadt

Kreta
Heraklion ist die Hauptstadt von Kreta und der perfekte Ausgangspunkt für einen Roadtrip Foto: Getty Images

Unser Kreta-Roadtrip startete dennoch am Flughafen von Heraklion, der sich ziemlich genau in der Mitte der Insel befindet. Das lag ganz einfach daran, das Kreta so groß ist, dass es hier gleich drei internationale Airports gibt, für deren Anflug zum Teil erheblich unterschiedliche Preise zu zahlen sind. Wer sein Geld lieber vor Ort in schöne Erlebnisse und Erinnerungen investieren möchte, kann mitunter bei einem Vergleich sehr viel sparen. Wir buchten dafür lieber einen Mietwagen, der für eine entspannte Rundreise unbedingt vonnöten ist. Versuchen Sie erst gar nicht, an dieser Stelle zu sparen. Wer auf Kreta unterwegs ist und möglichst viel sehen möchte, braucht zwingend ein Auto. Punkt.

Unser erstes Ziel war die Beachtown Malia, und auch das hatte eher pragmatische Gründe. Vom Flughafen Heraklion nur eine halbe Stunde Fahrt entfernt, kann man hier schon kurz nach der Ankunft auf Kreta ganz entspannt in den Urlaub starten. Zumal die Strecke spektakulärer kaum sein könnte, führt doch die Straße nahezu immer am Meer entlang. Neben den Ausblicken auf das unendliche Blau bietet sich auch das Panorama der im Frühling noch schneebedeckten Berge. Malia selbst ist sicherlich keine Schönheit, hat aber mit seinem langen Strand und seinem quirligen Leben auf den Straßen einen sehr ehrlichen Charme. Mit dem kleinen Hotel Villa Mare Monte hatten wir zudem etwas außerhalb in den Hügeln über der Stadt eine sehr schöne und unschlagbar günstige Unterkunft.

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Legendäre Höhle

Kreta
In der Höhle Diktaion Andron bei Psycro soll der griechische Göttervater Zeus geboren worden sein Foto: Getty Images

Bei unserem Besuch befand sich der Ort allerdings noch in einer Art Dämmerschlaf. Die meisten Läden zu, die Partymeile verwaist, selbst die zahlreichen Geldautomaten meist noch nicht angeschlossen. Unsere tägliche Anlaufstelle für einen guten Start in den Tag und zum Auftanken war der kleine Laden Coffee Island. Für griechische Verhältnisse eher hochpreisig, bekommt man hier auf Wunsch ein Gebräu, das Energie für den Tag verleiht – aber auch stark genug wäre, um einen Herzinfarkt zu verursachen. Energie braucht es auch für einen Ausflug auf das Lassithi-Plateau, die größte Hochebene auf Kreta. Hier, im fruchtbaren Obstgarten der Insel, liegen einige der schönsten Dörfer wie Krassi und Mochos. In dem Nest Psychro befindet sich mit der Höhle, in der der griechische Göttervater Zeus geboren worden sein soll, zudem eine der größten Touristenattraktionen.

Doch eigentlich sollte es ja nach West-Kreta gehen, richtig? Nun, stellen Sie sich vorab schon einmal darauf ein, dass Sie auf der Insel viel Zeit im Auto verbringen werden. Sehr viel Zeit. Denn obwohl die Distanzen für europäische Verhältnisse eigentlich lächerlich gering sind, sind die Fahrtzeiten von A nach B doch mitunter ganz erheblich. Der Grund dafür ist die erfreuliche Tatsache, dass man auf Kreta offenbar nicht bereit war, die Schönheit der Insel-Natur der Gradlinigkeit und dem Reisekomfort zu opfern. Das Resultat sind allerdings Straßen, die sich munter und teilweise derart abenteuerlich winden, dass sie einem Aal das Rückgrat verrenken könnten.

Anarchie auf den Straßen Kretas

Zum Fahren auf Kreta an sich müssen Sie nun auch noch zwei Absätze lesen, damit Sie hinterher nicht sagen können, wir hätten Sie nicht gewarnt. Die Fortbewegung mit dem Auto folgt auf der Insel nämlich sehr speziellen Regeln. Oder, besser gesagt, scheinbar überhaupt keinen. Das fängt damit an, dass das zulässige Tempolimit gefühlt im Minutentakt wechselt, und das auch schon gerne mal ohne jeden ersichtlichen Grund von, sagen wir, 130 auf 40, oder umgekehrt. Vor allem viele einheimische Fahrer scheinen die Straßen zudem als private Rennstrecke zu betrachten, wo es durchaus nicht als unschicklich gelten darf, von rechts zu überholen. Und sofern Sie selbst weniger als 20 km/h über der erlaubten Höchstgeschwindigkeit fahren, seien Sie darauf vorbereitet, in einer Weise bedrängt zu werden, die man streng genommen als versuchten Mord bezeichnen muss.

Die absolute Anarchie herrscht in den Innenstädten, wo einfach jeder fährt, wie es ihm gerade passt. Vor allem Mopeds und Motorräder drängen sich rücksichtslos in jede noch so kleine Lücke. Obacht besonders an Kreisverkehren: Nur, weil Sie eigentlich rechtmäßig Vorfahrt hätten, heißt das noch lange nicht, dass man Sie Ihnen auch gewähren wird. Auch die Schilderführung ist dahingehend verwirrend, dass es für zahlreiche Ortsnamen mindestens zwei verschiedene Schreibweisen gibt. So heißt Chania mitunter auch Hania oder Xania, der Ort Kissamos hat mit Kastelli sogar einen offiziellen Zweitnamen. Das heißt, wenn die Schilder überhaupt erkennbar sind. Denn gerade in ländlichen Regionen ist nahezu jede der Bezeichnungen von zum Teil sehr großkalibrigen Waffen regelrecht durchlöchert.

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Mittelalter und Moderne

Kreta
Rethymno ist eine der schönsten Städte auf Kreta. Auch und vor allem wegen seinem schönen Hafen Foto: Getty Images

Die Strecken auf Kreta an sich gleichen ob der unglaublichen schönen Ausblicke auf das Meer, die Insel und ihre Berge aber einer Fahrt durch eine Fototapete. Ein erster Stopp in diesem Bilderbuch ist die Hafenstadt Rethymno, die mit ihren engen, bunten Gassen nicht zufällig an eine orientalische Medina erinnert. Sowohl die Venezianer als auch die Osmanen haben hier ihre Spuren hinterlassen, die Einflüsse der unterschiedlichen Kulturen sich zu einem einmaligen Stadtpanorama verschmolzen. An der Hafenfront mit ihrem Leuchtturm laden zahlreiche Restaurants zum Essen ein, in den Bars mit ihren dröhnenden Bässen rauchen junge Leute in Wasserpfeifen süßlichen Tabak. Die zahllosen Läden verkaufen alle nur erdenklichen Souvenirs, und gefühlt jeder zweite bietet guten Kaffee an, diesen Triebstoff der griechischen Gesellschaft.

Über der Stadt thront ein altes venezianisches Fort, und überall findet man auf Schildern Informationen zu den teils jahrhundertealten Gebäuden. Schmecken, Riechen, Hören, Fühlen: Rethymno ist ein Ort, der alle Sinne anspricht und reizt. In der nahen Umgebung wartet mit dem Kournas-See zudem ein wahres Naturhighlight, nämlich der einzige natürliche See auf ganz Kreta. Eingerahmt von grünen Bergen, kann man sich Boote ausleihen oder in einem der Restaurants entspannt etwas essen. Genau wie in Rethymno selbst ist es aber auch hier bereits im Frühling schon so voll, dass man sich die Menschenmassen in der Hochsaison lieber gar nicht vorstellen möchte.

Die wohl schönste Altstadt auf Kreta

Kreta
Chania ist die bei Touristen wohl beliebteste Stadt auf ganz Kreta. Sie ist daher fast immer überfüllt Foto: Getty Images

Stattdessen geht es weiter in das nur eine Stunde entfernte Chania, das die vielleicht schönste Altstadt auf Kreta hat. So malerisch ist sie mit ihren engen Gassen und wie mit Aquarellfarben gemalten Gebäuden, dass die Idylle schon fast unecht wirkt. Alles ist so fein herausgeputzt und perfekt ausgeleuchtet, dass man sich mitunter vorkommt, als liefe man durch ein Filmset. Nur wer genauer hinsieht, entdeckt die Spuren einer Stadt, deren Ursprünge fast 6000 Jahre zurückliegen. Dabei finden diese sich hier überall, so zum Beispiel im alten Hafen und den dicken Mauern, in und um die dann im Laufe der Jahrhunderte einfach das neue Chania zu wuchern begann. Diverse Ausgrabungsstätten in der Altstadt geben zudem Aufschluss über die Geschichte des Ortes.

An der Wasserfront von Chania lässt es sich herrlich bummeln und flanieren, wobei man früher oder später in einem der zahlreichen Restaurants landen wird, die den Fang des Tages oder andere Köstlichkeiten servieren. In alter osmanischer Tradition gibt es auf dem Hauptplatz mit seinem schönen Brunnen auch noch ein Hammam, das allerdings aberwitzig hohe Preise aufruft. Versuchen Sie doch mal, die Eisdielen entlang ihrer Spazierstrecke durch Chania zu zählen – sie sind so häufig wie in Berlin Dönerbuden, so viel ist sicher. Vom Hafen mit seinem Leuchtturm aus lassen sich dann abends die schönsten Sonnenuntergänge beobachten. Fast täglich brennt die Natur auf Kreta am Himmel ein atemberaubendes Feuerwerk ab.

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Die besten Strand-Tipps

Kreta
Der Strand von Falasarna ist einer der schönsten auf Kreta – und ein Pflichtstopp auf dem Roadtrip. Hier gibt es mitunter auch manchmal stärkeren Wellengang Foto: Getty Images

Wer es lieber ein paar Nummern kleiner und einsamer mag, kann weiter nach Kissamos fahren, das – wie schon gesagt – inoffiziell auch Kastelli heißt. Die Stadt an sich ist nun wahrlich nicht schön, hat aber einen wichtigen Trumpf: Ihre Nähe zu zahlreichen Traumstränden. Da wäre z. B. die Lagune von Elafonisi mit ihrem seichten Wasser und dem rosafarbenen Sand. Da hier fast kein Wellengang herrscht, ist sie das perfekte Ziel für Familien. Auch mit den malerischsten Worten wäre es mir unmöglich, die Schönheit dieses Ortes angemessen zu beschreiben. Daher vielleicht nur so viel: Es sind solche Anblicke, bei denen man auch als Atheist anfängt, an göttliche Schöpfung zu glauben.

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Der Kreta-Roadtrip führt zu abenteuerlichen Orten

Wilder und rauer ist der Strand von Falassarna, an dem mitunter auch ein recht starker Wellengang herrschen kann. Eingerahmt von einem einmaligen Bergpanorama im Rücken badet man hier deutlich abgeschiedener. Und ohne die zahlreichen Insta-Fotojäger, die Elafonissi belagern. Alleine schon die Anfahrt über eine gewundene Küstenstraße mit archaischen Ausblicken macht den Besuch lohnenswert. Bei unserem Besuch bereiteten sich ein paar Strandbars gerade auf die kommende Saison vor. Ansonsten teilten wir Falassarna an einem besonders schönen Tag nur mit einer Herde Schafe.

Nah ist auch die Lagune von Balos, die ich selbst aber leider nur auf Bildern gesehen habe. Das lag daran, dass wir uns mit unserem Mietwagen nicht trauten, die letzten Kilometer Schlagloch-Piste dorthin zu fahren. Dazu vielleicht auch noch kurz ein Wort: Wenn Sie auf Kreta ein Auto mieten und sparen wollen oder müssen, werden Sie mit hoher Wahrscheinlichkeit einen weißen Fiat Panda bekommen. Über die ganzen zwei Wochen habe ich kein Modell häufiger gesehen. Immer gesteuert von Touristen wie uns. Für die Stadt und ebene Strecken vielleicht durchaus ein adäquates Vehikel, ist er für die teils abenteuerlichen Straßen der Insel allerdings ungefähr so gut geeignet wie eine Badewanne für eine Atlantik-Überquerung. Im Sommer fahren von Kissamos aus aber auch Ausflugsboote die Lagune von Balos an.

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Wanderparadies West-Kreta

Kreta
Die Imbros-Schlucht ist eines der beliebtesten Wanderziele auf Kreta Foto: LightRocket via Getty Images

Und dann sind da noch die wilden Schluchten von Kreta. Die berühmteste ist sicherlich die Samaria-Schlucht. Doch diese ist nicht das ganze Jahr für den Tourismus geöffnet. Anders dagegen die nicht weniger spektakuläre Imbros-Schlucht, die man am besten von dem gleichnamigen Bergdorf aus erwandern kann. Auf einer Strecke von acht Kilometern geht es stets bergab dem Meer entgegen. Die Steilwände ragen teils hunderte Meter hoch um die Wanderer auf, im schattigen Grund eine einmalige und teils sogar endemische Vegetation. Vogelgezwitscher begleitet die auch im Frühling schon zahlreichen Besucher auf Schritt und Tritt. Immer wieder muss man anhalten, um über die Schönheit der Natur zu staunen.

Ich könnte Ihnen in diesem Artikel auch noch von dem schönen Küstenort Palaiochora erzählen, den malerischen Dörfern Vamos und Vrysses. Auch vom Hafen von Heraklion und den ganz in der Nähe befindlichen Ruinen der antiken Stadt Knossos. Aber natürlich möchte ich Ihnen mit diesem Artikel nur Inspirationen für Ihren eigenen Kreta-Roadtrip geben, statt einfach etwas vorzukauen. Reisen ist ja vor allem immer dann am schönsten, wenn man selbst etwas entdecken kann. Und wer weiß, vielleicht trifft man sich ja dann bald einmal. An irgendeinem Strand auf Griechenlands größter Insel.

Themen Europa Griechenland Kreta
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