17. Oktober 2024, 17:14 Uhr | Lesezeit: 10 Minuten
London – das ist für London-Neulinge der Tower, Westminster Abbey und Buckingham Palace. Doch was tun die Londoner eigentlich selbst in ihrer Stadt? TRAVELBOOK-Autorin Doris Tromballa verrät, wo und wie man ins Leben der waschechten Londoner eintaucht.
Mir geht es wie dem englischen Schriftsteller Walter Besant: „Ich laufe seit 30 Jahren durch London, und ich finde darin jeden Tag etwas Neues.“, schrieb er. Nun, bei mir sind es „erst“ 25 Jahre, die ich regelmäßig London besuche – aber an keinem Tag in London habe ich nicht etwas Neues, Faszinierendes entdeckt. Zu verdanken habe ich das meinem besten Freund, der seit fast 20 Jahren in London lebt und mir gezeigt hat, wie „echte“ Londoner in „ihrem“ London leben. Wer ein Stück „echtes“ London kosten will, sollte sich mit diesen Insider-Tipps vertraut machen.
Übersicht
- Die besten Insider-Tipps für einen Besuch in London
- 1. Kapuzenpulli immer griffbereit
- 2. Im Pub souverän das Lieblingsbier bestellen
- 3. Im Pub draußen stehen/sitzen
- 4. In der Silent Disco abrocken
- 5. Bunte Socken tragen
- 6. Umsonst und draußen
- 7. Sonntags über den Blumenmarkt in Hackney flanieren
- 8. Samstags ins Grüne
- 9. Die „Proms“ – Kultur für jeden
- 10. Kleine, ausgefallene Museen
- 11. Sunday Roast mit Freunden und Familie
- 12. Sorry! Excuse me!
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Die besten Insider-Tipps für einen Besuch in London
1. Kapuzenpulli immer griffbereit
London und Regen – so lautet das Klischee. Aber das stimmt nicht ganz. Denn in London fällt weniger Regen als in Rom, Sydney oder New York. Allerdings sehr oft – 9 Tage im Monat durchschnittlich. Das Gute ist allerdings: Meist dauert der Regen nur ein paar Minuten, dann verziehen sich die Wolken wieder. Während die Touristen sich dann miese 1-Pfund-Regenschirme von Straßenverkäufern andrehen lassen, rüsten sich die Londoner anders gegen dieses Wetter. Und das ist nicht der Schirm, sondern der Kapuzenpulli. Schirme verbiegen sich im Wind oder werden schnell mal im Bus vergessen, deswegen haben die Londoner lieber einen „Hoodie“ mit in der Tasche. Die Kapuze schützt vor leichtem Regen (den die Londoner gerne noch als „fog“, also Nebel, bezeichnen) und hält die Ohren bei kühlem Wind schön warm. Wer also als echter Londoner durchgehen will, der hat den Kapuzenpulli immer mit dabei.
2. Im Pub souverän das Lieblingsbier bestellen
Pubs gehören in Großbritannien zum Nationalheiligtum. Sie sind nicht nur Orte, um sich nach Feierabend zu entspannen, sondern auch ein zentraler Treffpunkt für Freunde und Kollegen. Das Pub-Sterben der letzten Jahre (seit 2000 ist die Zahl der Pubs in England fast um ein Drittel gesunken, laut der British Beer and Pub Association von mehr als 60.000 auf noch knapp 49.000, sorgt in Großbritannien für besorgtes Stirnrunzeln. Und so hat auch jeder Londoner „sein“ Lieblingspub, das er als sein zweites Wohnzimmer betrachtet. Deswegen wissen die „Regulars“, also die Stammgäste, auch genau, was der Ausschank zu bieten hat. Man geht also an die Bar und bestellt ohne Zögern das Lieblingsbier, sei es ein „Punk IPA“ oder ein „Camden Helles“. Unsicherheiten wie „Äh, was habt ihr denn so?“ entlarven Nicht-Locals. Übrigens: An der Bar holt man immer eine Runde für die ganze Gruppe – es bestellt nicht jeder sein eigenes Bier (und nervt die Bartender mit sechs Einzelrechnungen). Die nächste Runde zahlt dann der nächste – und so weiter.
3. Im Pub draußen stehen/sitzen
Ich habe mich nicht nur einmal gewundert, warum die Londoner auch bei zugigem Wind und kühlen Temperaturen eisern vor dem Pub stehen oder sitzen, anstatt sich ins Warme zu begeben. Aber in London bleiben alle echten Londoner tatsächlich viel lieber vor dem Pub. Eigentlich ist der Grund ganz offensichtlich: Man kommt viel leichter miteinander ins Gespräch (ich wurde erst neulich ganz aufgeregt gefragt: „Elvis oder Johnny Cash??“), es wird gelacht und geflirtet. Außerdem: Wenn es nicht regnet, dann ist für Londoner praktisch Sommer. Und da sitzt oder steht man eben draußen.
4. In der Silent Disco abrocken
Die Londoner Clubszene ist legendär. Schon in den Neunzigern schrieben Clubs wie das „Ministry of Sound“ dem britischen „The Guardian“ zufolge Musikgeschichte. Allerdings schlagen Besuche bei angesagten Locations wie dem „Fabric“ schnell mal mit 30 Pfund (ca. 36 Euro) zu Buche oder man quetscht sich mit 1000 Leuten über die Tanzfläche im „Egg“. Und am nächsten Tag dröhnen einem noch die Ohren von den 120 Dezibel-Sounds. In manche Clubs kommt man sogar nur rein, wenn man weiß, wie.
In London hat sich deshalb eine coole Club-Alternative entwickelt, die noch zu den Insider-Tipps zählt: Die „Silent Disco“. Die findet an Orten statt, die sonst gar nichts mit Clubbing zu tun haben: im Naturhistorischen Museum, auf einem Themse-Schiff oder sogar in den Katakomben der Kirche von St. Martin-in-the-Fields. Drei DJs legen auf, man bekommt Kopfhörer, auf denen man zwischen verschiedenen Musikkanälen wählen kann – während es auf der Tanzfläche relativ still bleibt (außer es läuft gerade „Bohemian Rhapsody“ von Queen – dann singen alle mit). Abhotten in einer außergewöhnlichen Umgebung ohne Ohrenklingeln am nächsten Tag – so feiert London heute.
5. Bunte Socken tragen
Die Mode der Londoner Business-Leute mag auf den ersten Blick zurückhaltend wie fast überall auf der Welt wirken, doch bei den Socken beweisen echte Londoner Abenteurergeist. Von leuchtenden Streifen über Motive wie Avocados, Flamingos oder Donuts bis hin zu Bildern des eigenen Hundes – alles ist erlaubt. In den Büros der Stadt sieht man die wildesten Kombinationen unter den ansonsten schlichten Business-Anzügen hervorblitzen. Die Socken sind dabei nicht nur ein modisches Statement, sondern auch ein Stück typische Londoner Selbstironie. Und ein guter Aufhänger für ein Gespräch. „I love your socks!“ sorgt immer für gute Laune!
6. Umsonst und draußen
Wie schon gesagt – Londoner lieben ihre Pubs, aber leider ist das „Pint“ in der Stammkneipe inzwischen für viele zu einer kleinen Investition geworden – vor allem, wenn man sich regelmäßig mit Freunden trifft. Preise von bis zu 7,50 Pfund (ca. 9 Euro) pro Glas sind in Londoner Pubs inzwischen Gang und Gäbe. Deswegen erschließen sich die Londoner mehr und mehr ihre öffentlichen Plätze, um sich abseits der Kneipen zum abendlichen Drink zu treffen. Man bringt die Picknickdecke mit, dazu Sixpack, Cider oder Cranberry Juice, ein paar „Nibbles“ (Knabbereien wie Chips oder Oliven) aus dem Supermarkt und setzt sich ins Freie. Einer der Tipps von London-Insidern: Auf Primrose Hill, bei „Earnie’s Beach“ am südlichen Themseufer oder am Granary Square sammeln sich jeden Abend die Londoner, um zu quatschen und anzustoßen, ohne dabei einen Kredit aufnehmen zu müssen, wenn man an der Bar eine Runde für alle holen soll.
7. Sonntags über den Blumenmarkt in Hackney flanieren
Die großen Londoner Märkte von Camden Lock oder Portobello sind Touristenmagnete, doch für die Londoner gibt es kaum etwas Schöneres, als den Sonntagmorgen auf dem Columbia Road Flower Market zu verbringen. Der Markt liegt im trendigen Stadtteil Hackney und ist vollgepackt mit duftenden Blumen, Pflanzen und Gärtnereibedarf. Hier schlendern die Londoner mit einem Kaffee in der Hand durch die engen Straßen, bestaunen Olivenbäume und Dahliensträuße und genießen die entspannte Atmosphäre. Es ist nicht nur ein Ort, um Pflanzen zu kaufen, sondern auch ein Treffpunkt für die Community – und ein kleiner Rückzugsort vom quirrligen Großstadtleben.
8. Samstags ins Grüne
Wer in London lebt, liebt seine Stadt – aber am Wochenende zieht es selbst den eingefleischtesten Großstädter aufs Land. Der Londoner Wanderverein „Saturday Walkers Club“ stellt auf seiner Homepage Karten, Wegbeschreibungen und GPS-Daten für mehr als 400 kostenlose Wanderungen zum Download zur Verfügung – passende Zugverbindungen inclusive. Von beschaulichen Waldwegen, die man bequem mit der U-Bahn erreichen kann, bis zur 22-Kilometer-Tour zu den spektakulären weißen Kalkfelsen der „Seven Sisters“ in Sussex – jeden Samstag kann man sich mit anderen Wanderern zu einer festgelegten Tour treffen oder auf eigene Faust eine Route wählen. Natürlich ist bei jeder Route ein „Tea Stop“ und ein Pub dabei. Gummistiefel und Kapuzenpulli nicht vergessen!
9. Die „Proms“ – Kultur für jeden
In London gibt es jeden Tag Weltklasse-Kultur. Doch während Touristen schon mal für ein Opernticket 150 Pfund (180 Euro) hinblättern, wissen die Londoner, wo sie günstiger Kultur genießen können. Die „Proms“, eine Sommer-Konzertreihe in der Royal Albert Hall, sind seit Jahrzehnten ein fester Bestandteil des Londoner Kulturkalenders. Mit Tickets ab 15 Pfund (18 Euro) und einer entspannten Atmosphäre ziehen sie ein buntes Publikum an – vom eingefleischten Klassik-Fan bis zum neugierigen Erstbesucher. Acht Wochen lang sind die Londoner dann im Klassik-Fieber. Besonders cool: Man kann in Freizeitkleidung erscheinen, und es gibt sogar Stehplätze für die echten Enthusiasten. Die Proms sind ein Beweis dafür, dass man in London auch auf hohem Niveau Kultur genießen kann, ohne ein Vermögen auszugeben.
10. Kleine, ausgefallene Museen
An regnerischen Tagen strömen die Touristen ins British Museum oder die Tate Modern, um die berühmten Sammlungen zu bewundern. Doch die Londoner wissen es besser: Sie meiden die überfüllten Hotspots und gehen lieber in die kleinen, weniger bekannten Museen. Diese oft unterschätzten Juwelen der Stadt bieten einzigartige Einblicke in Nischenbereiche der Geschichte und Kultur. Im London Transport Museum kann man die Oldtimer-Versionen der berühmten roten Busse bestaunen, im Sherlock Holmes Museum durch das „Stadthaus“ des berühmten Detektivs wandern oder sich im Twist-Museum bei spektakulären optischen Täuschungen kaputtlachen. Für Londoner sind diese kleinen Museen (oder sogar Galerien auf der Brücke) echte Insider-Tipps und eine wunderbare Möglichkeit, ihre Stadt abseits der ausgetretenen Touristenpfade zu erleben.
11. Sunday Roast mit Freunden und Familie
Der Sonntag gehört in London traditionell dem „Sunday Roast“. Der Braten mit Soße, Röst-Gemüse und Yorkshire-Pudding ist fester Bestandteil eines gelungenen Londoner Wochenendes. Zusammen mit Freunden und Familie freut man sich auf den neusten Tratsch und den saftigen Sonntagsbraten: ob klassisch mit Roastbeef oder Lamm (z. B. in Großbritanniens erstem Bio-Gastropub Duke of Cambridge), elegant und kostspielig (z. B. mit Trüffel-Blumenkohl im 1251) oder exotisch-indisch (z. B. mit Masala-Huhn im Tamil Crown). Nach dem Lunch strömen Friends & Family dann bei schönem Wetter in den Hyde Park, um Cricket, Fußball, Badminton oder Frisbee zu spielen. Die großen Plätze für Cricket oder Fußball hat man sich natürlich schon im voraus bei der Parkverwaltung reserviert – kostenlos.
12. Sorry! Excuse me!
Einer der wichtigsten Insider-Tipps für London-Neulinge: Die Stadt ist voll und eng – es ist fast unmöglich, sich gerade auf der Regent Street oder um die Shaftesbury Avenue an einem Freitagabend komplett unfallfrei aus dem Weg zu gehen. Deswegen sind „Sorry“ und „Excuse me“ die wohl am häufigsten gebrauchten Worte in London. „Excuse me“ sagt man, wenn man sich irgendwo vorbeidrücken will (z. B. im Supermarkt, im Pub), „Sorry!“, wenn man schon in jemanden reingerumpelt ist. Und nicht nur dann: Ein echter Londoner entschuldigt sich auch dann, wenn ihm jemand auf den Fuß getreten ist. Eine Bekannte polterte neulich gegen die Tür im Pub und sagte sofort, im typischen Londoner Reflex, „Sorry!“. Sie hat sich bei der Tür entschuldigt! Sich in London dauernd für irgendetwas zu entschuldigen, ist also ein Zeichen, dass man in der Stadt wirklich angekommen ist.