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Interview mit Pedro Machado und Carlos Abade

Portugals Tourismus-Staatssekretär: »Haben derzeit nicht die gleichen Probleme wie die Balearen

TRAVELBOOK-Redakteurin Sarah Bachmann, Pedro Machado, Staatssekretär für Tourismus in Portugal, TRAVELBOOK-Chefredakteur Nuno Alves und Carlos Abade, Präsident von Portugal-Tourismus
Pedro Machado (2. v. l.), Portugals Staatssekretär für Tourismus, und Carlos Abade (r.), Präsident von Portugal-Tourismus, mit TRAVELBOOK-Redakteurin Sarah Bachmann und Chefredakteur Nuno Alves (2. v. l.) Foto: TRAVELBOOK

21. März 2025, 12:09 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten

2024 war für einige Länder in Europa ein Rekordjahr beim Tourismus. Unter anderem beliebte Ziele wie Spanien und Griechenland verzeichneten so viele Urlauber wie noch nie. Auch Portugal zog so viele Urlauber wie nie zuvor an. TRAVELBOOK traf den portugiesischen Staatssekretär für Tourismus, Pedro Machado, sowie den Präsidenten von Portugal-Tourismus, Carlos Abade, zum Interview. In dem Gespräch ging es unter anderem über die Herausforderungen, das Risiko eines Overtourismus und die persönlichen Geheimtipps.

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TRAVELBOOK: 2024 war für Portugal ein Tourismus-Rekordjahr. Insgesamt verzeichneten Sie 31,6 Millionen Gäste und 27,6 Milliarden Euro an Einnahmen. 2025 wollen sie um weitere 9 Prozent wachsen. Wie sieht die Bilanz nach den ersten Monaten aus?
Pedro Machado: „Wie Sie bereits gesagt haben, sind wir vergangenes Jahr sehr stark gewachsen. Und die Zahlen für Januar und Februar sind bislang sehr vielversprechend.“
Carlos Abade: „Wir sind noch am Anfang des Jahres, insofern ist es noch etwas schwierig, die genaue Wachstumsrate zu beziffern. Aber eines ist jetzt schon sicher: Dieses Jahr wird noch besser als das vergangene.“

Sie erarbeiten gerade die sogenannte „Tourismus-Strategie 2035“. Was steckt dahinter?
Pedro Machado:
„Zunächst einmal wollen wir die Wertschöpfung im Tourismus steigern – sowohl bei der Nachfrage als auch beim Angebot in Portugal. Uns geht es besonders darum, die Regionen abseits von Lissabon, Porto, der Algarve und Madeira zu stärken, etwa den Alentejo, das Zentrum Portugals, den Norden oder die Azoren. Ein weiterer wichtiger Punkt ist die Nachhaltigkeit. Hier möchten wir neue Produkte entwickeln, etwa den Weintourismus.“
Carlos Abade: „Unser Ziel ist es, nachhaltig einen positiven Effekt für die lokale Gemeinschaft zu erreichen. Dafür müssen wir die Touristenströme in der Hauptsaison im Land besser verteilen und die Nebensaison besser nutzen. Zu diesen neuen Produkten, von denen Pedro Machado eben sprach, zählen auch literarische Reisen. Viele davon befinden sich außerhalb der großen Städte.“

»Wir müssen das Land insgesamt besser managen

Aber es gibt doch sicher auch einige Herausforderungen.
Carlos Abade:
„Eine der wichtigsten ist die Beziehung zwischen dem Tourismus und der lokalen Bevölkerung. Hier haben wir ein klares und übergeordnetes Ziel: die Lebensqualität der Menschen zu verbessern. Aber um dies zu erreichen, müssen wir das Land insgesamt besser managen.“

Wie genau?
Carlos Abade:
„Wir müssen uns noch mehr auf Technologie und Digitalisierung konzentrieren, um die touristischen Ströme besser zu verstehen und dann entsprechend zu handeln. Wie können wir Ressourcen verknüpfen? Wie können wir erkennen, ob eine Region überlastet ist und entsprechend besser steuern? Wir wollen eine Form des Tourismus entwickeln, die allen zugutekommt: den Besuchern Portugals, denen wir selbstverständlich einen Mehrwert bieten müssen, damit sie weiterhin kommen; den Menschen, die im Tourismus arbeiten und die wir weiterbilden müssen; sowie den lokalen Gemeinschaften.“

Portugal will noch mehr Touristen ins Land locken. Gibt es eine Obergrenze, was die Besucherzahlen angeht, um Probleme wie Overtourism zu vermeiden?
Carlos Abade:
„Wir haben keine feste Obergrenze definiert, weil diese von verschiedenen Faktoren abhängt, wie etwa der Infrastruktur. Wenn diese besser ist und wir intelligenter mit Ressourcen umgehen, die Touristenströme besser verstehen, dann können wir unsere Kapazitäten entsprechend anpassen. Daher ist es derzeit schwierig zu sagen, wo die maximale Obergrenze liegt.“

„Wir leiden nicht unter Massentourismus“

Das kann aber auch zu einer Überlastung mancher Regionen führen …
Pedro Machado:
„Glücklicherweise haben wir in Portugal derzeit nicht die gleichen Probleme wie Barcelona oder die Balearen. Das Land ist zwar klein, aber die durchschnittliche Auslastung in einigen Regionen über das Jahr hinweg liegt bei nur etwa 50 Prozent. Es gibt Monate mit höherem Druck, aber nicht in dem Maße wie anderswo. Wir leiden nicht unter Massentourismus. Natürlich gibt es lokale Herausforderungen und Problemzonen, aber Portugal wird nicht als überfüllte Destination wahrgenommen.“

Noch nicht …
Carlos Abade:
„Unser Hauptaugenmerk liegt nicht primär auf der Anzahl der Urlauber, sondern auf den Einnahmen, die nach Portugal fließen. Aber natürlich benötigen wir auch Touristen, deshalb investieren wir intensiv in Märkte wie Deutschland, die Schweiz und Österreich. Gleichzeitig diversifizieren wir unsere Zielmärkte und eröffnen Büros in Mexiko, Australien und Südkorea, um den Mix aus Touristen vielfältiger zu gestalten.“

Faro wurde kürzlich als gesündeste Stadt Europas ausgezeichnet. Was sagen Sie dazu?
Carlos Abade:
„Portugal ist sehr vielseitig. Wir haben ein gutes Klima, Wasser, Meer und eine starke Gemeinschaft. Es ist geprägt von einer gesunden, ausgeglichenen Lebensweise. Wer Zeit in Portugal verbringt, spürt diesen Unterschied im Vergleich zu anderen Ländern. Das ist ein einzigartiges Asset, das uns von anderen Destinationen unterscheidet.“

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Tourismus in Portugal: »Besonders der Norden ist stark gewachsen

Ein wichtiges Ziel, Sie erwähnten es bereits, ist es, die Touristen auch in andere Regionen abseits der Hotspots zu locken. Wo verzeichnen Sie derzeit ein großes Wachstum?
Carlos Abade:
„Betrachtet man rückwirkend die vergangenen sieben Jahre, so ist insbesondere der Norden Portugals stark gewachsen. Nicht nur Porto, sondern auch die anderen Regionen. Auch das Zentrum des Landes hat eine deutliche Zunahme der Besucherzahlen verzeichnet.“
Pedro Machado: „Besonders nach der Pandemie wünschen sich die Menschen – sowohl ausländische Besucher als auch die Portugiesen selbst – Platz, Natur, Stille und Sicherheit. Und das finden sie in den Regionen wie Zentralportugal, im Alentejo, im Norden. Selbst im Sommer suchen Reisende nicht mehr nur nach Stränden am Meer – viele entdecken Flussstrände oder abgelegene Naturgebiete in den Bergen, wie etwa den Nationalpark Peneda-Gerês im Norden.“

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In Lissabon soll ein neuer Flughafen entstehen, der 2035 in Betrieb gehen soll. Wie Sie sicher wissen, sind wir in Deutschland vorsichtig geworden. Schaffen es die Portugiesen?
Carlos Abade:
„Wir müssen ihn erst einmal bauen. In der Zwischenzeit modernisieren wir den bestehenden Flughafen, um ihn effizienter zu nutzen, beispielsweise durch größere Flugzeuge und eine höhere Auslastung. Dabei dürfen wir nicht vergessen, dass Portugal mehrere Flughäfen hat. Wir arbeiten intensiv mit den Airports in Porto, Faro, Ponta Delgada, Funchal und natürlich Lissabon zusammen. Die Passagierzahlen in Lissabon sind im Vergleich zum Vorjahr gestiegen, allein im Januar 2024 gab es einen Zuwachs von 4 Prozent. Das zeigt, dass Wachstum möglich ist. Die Herausforderung liegt vor allem im Management der Zeitfenster und Slots.“

Der neue Flughafen soll bis 2050 mehr als 100 Millionen Passagiere abfertigen können. Das würde ihn zu einem der größten der Welt machen.
Carlos Abade:
„Das Wichtige ist, dass wir schon jetzt in die Zukunft investieren. Aber wir setzen nicht nur auf Flüge, sondern auch auf den Ausbau des Schienenverkehrs. Eine verbesserte Bahn-Infrastruktur ist entscheidend für die Mobilität innerhalb des Landes, um den Tourismus in die Binnenregionen zu lenken.“

Tourismus in Portugal: Polnischer Markt wächst ähnlich stark wie der US-amerikanische

Es soll auch eine Hochgeschwindigkeitsstrecke nach Madrid geben. Der Plan existiert bereits seit 2021.
Carlos Abade:
„Die größte Herausforderung war sicher, eine Entscheidung zu treffen – diese wurde nun gefällt. Die Umsetzung wird Zeit benötigen, aber das Projekt ist entscheidend, um Portugal besser mit dem Rest Europas zu vernetzen, nicht nur Lissabon mit Madrid, sondern auch Porto.“

Das Vereinigte Königreich war im vergangenen Jahr der wichtigste Markt für Portugal. Wo sehen Sie in Europa noch Wachstumspotenziale?
Pedro Machado:
„Zunächst einmal wollen wir weiter unsere Aktivitäten im Vereinigten Königreich verstärken. Natürlich konzentrieren wir uns auch auf Deutschland, weil es der zweitwichtigste Markt für uns ist. Frankreich ist weiterhin ebenfalls sehr relevant, ebenso wie Spanien. Sehr stark wächst zudem der polnische Markt. Er verzeichnet ähnlich starke Zuwächse wie die USA.“

Dort erlebt Portugal seit einigen Jahren einen regelrechten Boom.
Pedro Machado:
„Hier wollen wir weiter wachsen. 2024 stellten US-Urlauber den größten Anteil an Touristen in Lissabon dar.“

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„Gehen also davon aus, dass der deutsche Markt weiter wachsen wird“

Die Trump-Regierung hält immer ein einige Überraschungen bereit. Könnte auch der Tourismus nach Portugal negativ betroffen sein?
Carlos Abade:
„Wir erwarten keinen Rückgang, im Gegenteil: Wir gehen eher von einem weiteren Wachstum aus. Wir haben aktuell mehrere Direktflüge, die die USA mit allen portugiesischen Flughäfen verbinden. Die Zahl sollte sich noch weiter erhöhen. Ebenso investieren wir in weitere Werbemaßnahmen in den USA.“

Deutschland steckt zurzeit in einer Wirtschaftskrise. Möglicherweise wirkt sich das auch auf Reisen nach Portugal aus.
Carlos Abade:
„Wir hoffen nicht. Derzeit sieht es so aus, als werde 2025 deutlich besser als 2024. Wenn man sich die Zahlen im Januar anschaut, so gab es im Vergleich zum Vorjahr einen Anstieg von rund 8 Prozent. Und 2024 verzeichnete bereits einen Anstieg im Vergleich zu 2023. Wir gehen also davon aus, dass der deutsche Markt weiter wachsen wird.“

Uns interessiert natürlich auch, welche Geheimtipps Sie für Portugal haben?
Carlos Abade:
„Es gibt einen sehr speziellen Ort in Portugal, der Lagos do Sabor heißt. Dabei handelt es sich um einen großen See im Norden des Landes. Viele Portugiesen kennen ihn nicht. Es ist ein sehr schöner Ort, ein wirklicher Geheimtipp.“
Pedro Machado: „Ich halte den Strand von Loriga im Naturpark Serra da Estrela für einen sehr außergewöhnlichen Ort, bei dem viele Menschen sagen werden: Wow, das ist atemberaubend.“

Themen Europa Portugal
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