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TRAVELBOOK-Autor vor Ort

Berge, Strände, Skylines – so vielfältig ist Taiwan

Taiwan steht als Reiseziel hoch im Kurs – und hat viel zu bieten
Taiwan steht als Reiseziel hoch im Kurs – und hat viel zu bieten Foto: Getty Images
Frank Lehmann

5. Februar 2025, 14:36 Uhr | Lesezeit: 11 Minuten

Ostasien erlebt als Reiseziel einen regelrechten Boom. Das gilt nicht nur für Japan und Südkorea, sondern auch für das kleine Taiwan. Unser Autor hat drei Wochen auf der Insel verbracht – und ist von ihrer Schönheit begeistert.

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Donnernd ziehen taiwanesische Jagdbomber im Tiefflug über die Altstadt von Hualien an der Ostküste. Im November 2024 waren 27 Flugzeuge der chinesischen Luftwaffe in den Luftraum der Insel eingedrungen, darunter auch atomwaffenfähige Bomber. Nun fliegen die taiwanesischen Streitkräfte ihrerseits massive Manöver und knallen über das Restaurant, wo wir gerade genüsslich unsere Suppe schlürfen.

Kann man an einem solchen Ort bei dieser Bedrohungslage Urlaub machen? Wir waren drei Wochen in Taiwan und die Antwort fällt leicht: Ja, man kann wirklich eine wunderbare Zeit verbringen! Herrliche Sandstrände, traumhafte Berge bis fast 4000 Meter Höhe, moderne Megacitys, Altstädte mit verwunschenen Tempeln, milde Teeplantagen, schöne Tauchreviere und vor allem die vielen liebenswerten Menschen. Das hat uns wirklich begeistert.

Ansteckende Unbekümmertheit in Taipeh

„Wie viel Angst habt Ihr vor der Aggression der Festland-Chinesen?“, frage ich unsere Stadtführerin an unserem ersten Tag in Taipeh. „Keine!“, lacht sie erfrischend. „Wir sind uns der Bedrohung bewusst, aber genießen jeden Tag. Angst haben nur die Touristen – und die ist unbegründet.“ Diese Unbekümmertheit ist ansteckend und so geht es los, die „Wunderschöne“ zu entdecken. Der alte Begriff Formosa stammt aus dem Portugiesischen und bedeutet „wunderschöne Insel“. 1517 hatten portugiesische Seefahrer die Insel entdeckt – und ihr diesen Namen gegeben.

Taipeh hat als Metropolregion über 7 Millionen Einwohner und wirkt dennoch geordnet und übersichtlich. Ein schnelles Metrosystem macht das möglich. Dafür die Easycard kaufen – die gibt es in jedem 7-Eleven-Markt. Und die Fahrtkosten sind ungefähr zwei Drittel billiger als in Deutschland. Ein Muss: den Elefant-Trail gehen. Direkt am Stadtrand liegt ein grüner Dschungel – und nach einer halben Stunde Wanderung und 200 Höhenmetern bekommt man den Wahnsinnsblick auf die Wolkenkratzer. Der Taipei 101 ist mit 508 Metern zwar nicht mehr der höchste der Welt, doch immer noch ein spektakulärer Anblick. Wir mussten nicht vorbuchen und kamen für umgerechnet 18 Euro blitzschnell auf die Aussichtsplattform.

Taiwan: Die Skyline von Taipeh ist spektakulär
Die Skyline von Taipeh ist spektakulär Foto: Getty Images

Am Folgetag dann die Chiang Ka-Shek Memorial Hall. Ein Monument für den verstorbenen Diktator. Ich habe schon einige Wachablösungen auf der Welt gesehen, doch die Soldaten an dieser Gedenkhalle sind außergewöhnlich auf Zack. Der umgebende Park lädt zum Flanieren ein und um die Ecke liegt „Hang Zhou Xiao Long Bao“, ein Dim-Sum-Restaurant ohne Flair, aber mit den besten Teigtaschen der Stadt. Gestärkt geht es weiter zum Longshan-Tempel. Räucherstäbchen-Geruch und viele Gläubige in diesem berühmten, ursprünglich im 18. Jahrhundert errichteten Tempel zu Ehren buddhistischer und taoistischer Gottheiten.

Abends geht es dann zum Yong Le Market und in die Dihua Street. Ja, in der Mega-Stadt gibt es auch noch eine Altstadt mit kleinen Gassen und schnuckeligen Restaurant. Der Nachtschlaf ist kurz, denn der Jetlag von sieben Stunden zerrt. Doch für das Presidential Office Building ist schon wieder Kraft da. Einen kostenfreien Blick gibt es in den Palast des Präsidenten (Ausweispflicht, Pass nicht vergessen). Dann weiter zum nationalen Palastmuseum: Es ist voll mit Kunstobjekten, die die Kuomintang damals bei ihrer Flucht vom chinesischen Festland haben mitgehen lassen.

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Hualien und Umgebung sind ein Erlebnis

Taipeh ist wie ein Rausch, doch wir wollen weiter, die Ostküste hinab in den Süden. Der Mietwagen ist schnell gebucht und ca. ein Drittel billiger als in Deutschland. Auf dem Weg nach Hualien stoppen wir nur am Shifen-Wasserfall und im Besucherzentrum der Kavalan Distillery. Was die Japaner können, ist für uns auch kein Problem, sagten sich die Taiwanesen: hervorragenden Single Malt Whisky herstellen. Doch besser dort das Feuerwasser kaufen und mitnehmen, denn die Promillegrenze liegt bei 0,15!

Hualien ist eine Stadt mit knapp 100.000 Einwohnern. Der Dongdamen Nightmarket, Radtouren am Strand und der Railway Cultural Park locken. Doch die eigentliche Attraktion hat geschlossen: der weltberühmte Taroko-Nationalpark mit seiner magischen Natur und atemberaubenden Wanderwegen. Seit dem Erdbeben im April 2024 sind die massiven Zerstörungen noch nicht beseitigt, das kann noch lange dauern. Auf gut Glück dorthin fahren lohnt sich nicht – stattdessen ist es ratsam, sich auf der Website über den aktuellen Stand zu informieren. Wir unternahmen stattdessen eine Wanderung um den Liyu Lake. Es war eine Tagestour mit Affenhorden, Dschungelpfaden und dem anstrengenden, aber lohnenden Liyushan Trail.

Taiwan: Der Liyu Lake ist ein Paradies für Naturliebhaber
Der Liyu Lake ist ein Paradies für Naturliebhaber Foto: Getty Images

Taiwans Süden lockt mit Stränden und mehr

Meine Frau will an den Strand – es geht also weiter in den tiefen Süden nach Kenting. Hier gönnen wir uns mal ein Top-Hotel. Teuer, aber im Vergleich zu Luxushotels in Deutschland sehr preisgerecht. Lange Sandstrände sind fast menschenleer. Warum ist hier niemand? Die Antwort: Es ist Nebensaison – und den Taiwanesen zu kalt. Wir lachen nur, denn bei 25 Grad im Schatten fühlen wir uns pudelwohl. Temperaturen wie im Mai in Deutschland. Wir liegen am Pool und die Dezembersonne wärmt uns wohlig. Überhaupt sind der November und der Dezember die beste Reisezeit. Auch die Monate März bis Mai sind in Taiwan gut – und dann kommt der schwülheiße Sommer, der bis zum Oktober in teils brachialen Taifunen endet.

Ein langer Tag erwartet uns in der Kenting National Forest Recreation Area. Es ist ein riesiger Park, in dem man sich verlaufen kann und die Natur des Südens intensiv kennenlernt. Meine beste Hälfte will weiterhin am Pool entspannen, und ich gehe einen Tag Tauchen. Die Korallenriffe sind zwar nicht von Weltrang, aber wirklich sehenswert. Mein Tipp: Mit dem richtigen Anbieter – z. B. Taiwan Dive – kostet das ca. 20 Prozent weniger als im Vergleich zu Ägypten.

Tainan bietet Kultur und kulinarische Besonderheiten

Jetzt geht es in den Westen. Am Kloster von Fo Guang Shan fällt mir beinahe die Kinnlade herunter: Der größte sitzende Bronze-Buddha der Welt thront über einem gigantischen Tempelkomplex. Wir verlieren uns in einem Ort der Ruhe und Kontemplation. Eintritt und Parken sind frei. Friedvolle Mönche weisen uns den Weg durch die Anlage und helfen uns, unsere guten Wünsche an die Götter zu richten.

Dann fahren wir nach Tainan, der alten Hauptstadt. 300 Jahre lang war diese die wichtigste Stadt der Insel, doch dann versandete der Hafen und die Bedeutung nahm ab. Tainan hat uns vor allem wegen seiner magischen Tempel begeistert. Vor allem die beiden Grand Mazu Tempel sind wirklich toll. Wir haben die Stadt bei einer Free-Walking-Tour kennengelernt. Empfehlenswert: Man geht 2 bis 3 Stunden mit einem Guide und gibt dann eine Art Trinkgeld, je nachdem, wie es gefallen hat. Solche Touren bieten sich in vielen Städten in Taiwan an und wir waren insgesamt viermal dabei.

Tainan ist Taiwans alte Hauptstadt
Tainan ist Taiwans alte Hauptstadt Foto: Getty Images

In Tainan gibt es dann auch mehr Geschichte zu erkunden – z. B. das alte Fort Zeelandia, das die Holländer 1624 gebaut hatten. Aber auch Gebäude aus japanischer Zeit, denn 50 Jahre lang (bis 1945) war Taiwan von Japan besetzt. Hierfür unbedingt in den Hayashi Department Store und auf dem Dach den kleinen Shinto-Schrein anschauen. Den Konfuzius-Tempel sollte man ebenfalls nicht vergessen. Abends geht es zu einem bizarren Nachtmarkt: auf dem Hua Yuan Night Market gibt es Dinge, die ich noch nie gesehen habe– und viele Dinge, die ich auch niemals essen will. Glibberiges Gedärm und eingelegte Hühnerfüße sind nicht so mein Ding. Wir wagen uns an den berühmten Stinky Tofu. Der Geruch ist unerträglich und der Geschmack dieses fermentierten, marinierten Schwabbelzeugs geht – für mich persönlich – auch gar nicht. Doch ich bin ja nicht Paul Bocuse, und die Einheimischen hier schwärmen davon.

Die Kommunikation ist übrigens überall kein Problem. Viele Menschen sprechen etwas Englisch und falls nicht, hilft der Google-Übersetzer in allen Situationen. Dazu muss man natürlich überall online sein. Eine 30-Tage-Sim-Card mit unbegrenztem Datenvolumen kostet umgerechnet ca. 25 Euro.

Taiwans einzigartige Bergwelt

Das meistbesuchte touristische Ziel in Taiwan überhaupt liegt nun vor uns: der Sonne-Mond-See auf 800 Höhenmetern. Hier zieht es vor allem Chinesen und Einheimische hin. Die Orte am Rand des Sees sind langweilige Käffer, voll mit Beton-Hotels, der See selbst ist aber wunderschön. Mit kleinen Ausflugsdampfern tuckert man über den türkisblauen See, der Trinkwasserqualität hat. Die Aussicht vom Xuan-Zang-Tempel ist wirklich bezaubernd. Am nächsten Tag unternehmen wir dann eine Radtour um den See. Gut, dass wir uns E-Bikes ausgeliehen haben: Hier und da sind doch einige harte Steigungen zu überwinden. Mein Tipp: Den Wenwu-Tempel erst am Nachmittag ansteuern, dann sind die großen Besucherhorden weg. Und nicht in die hässlichen Hotels einchecken, sondern einen Homestay in der Umgebung suchen. Das Real Food Kitchen Nature Stay von Clara ist wie „Ferien auf dem Bauernhof“: Preiswert, tolles Bio-Essen, eine Einladung zur Teezeremonie – nur leider mit brutal harten Matratzen.

Taiwan: Die Landschaft um den Sonne-Mond-See ist spektakulär
Die Landschaft um den Sonne-Mond-See ist spektakulär Foto: Getty Images

Taiwan ist nur so groß wie Baden-Württemberg und doch hat Berge, die fast 4000 Meter hoch sind. Die Insel ist schon längst kein Geheimtipp mehr für Freunde des ambitionierten Bergwanderns. Doch wir sind nicht auf alpines Wandern aus. Dafür braucht man aber auch Genehmigungen, um in die Hochlagen zu kommen. Wir haben uns mit dem Alishan Nationalpark begnügt. Der zentrale Ort liegt auf 2200 Metern Höhe. Leider gelingt es uns nicht, Bahntickets für die Alishan Forst Railway zu lösen. Wir würden gerne von Chiayi aus dem Tiefland mit dem historischen Zug in die Berge fahren, doch die Tickets sind immer in Sekundenschnelle online ausgebucht. Doch die Straße hoch in die Berge ist gut ausgebaut und vor Ort in Alishan kann man dann problemlos kleinere Rundfahrten mit dem Bummelzug buchen.

Beliebt ist der Zug hoch zum höchsten Bahnhof der Insel auf 2600 Metern Höhe, morgens um 05.30 Uhr. Alle wollen zum Sonnenaufgang da sein und der Zug ist rappelvoll. Beim Sonnenaufgang gibt es dann Gerangel um die besten Plätze zum Knipsen. Da ist mir der Sonnen-Untergang doch lieber. Doch der Nationalpark in Alishan ist wirklich spektakulär. Die Zypressen sind teilweise über 2000 Jahre alt und über 50 Meter hoch. Man kommt sich vor wie ein kleiner Hobbit im Fangorn-Wald. Wir bleiben drei Tage in Alishan, aber auch wegen der Teeplantagen, die sich in der Region zu ausgedehnten Wanderungen anbieten. Morgens gibt es brillantes Sonnenwetter und mittags schweren Nebel, Bambuswälder und gastfreundliche Teehäuser. Der Alishan-Oolong-Tee ist unter Kennern berühmt und auch nicht gerade billig, glänzt aber mit Spitzenqualität.

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45 Sekunden Verspätung auf der High Speed Rail

Ich würde gerne länger in den Bergen bleiben, doch wir haben das nächste Hotel schon vorgebucht: Es geht in die Metropole des Südens, Kaohsiung. Etwas beschaulicher als Taipeh, aber dennoch eine brummende Stadt mit 2,7 Millionen Einwohnern. Voll, aber niemals hektisch. Egal, wo in Taiwan wir waren: Die Menschen waren nie unhöflich, drängelnd oder stressig. Diese Entspanntheit haben wir vor allem in Kaohsiung am Lotus-See erfahren. Der große Konfuzius-Tempel hat seine eigene Magie und die Tiger- und Drachen-Pagode direkt am See ist einfach wunderschön. Unbedingt sollte man eine Hafenrundfahrt machen: Hier zeigt sich, dass Kaoshiung auch Mut zu moderner Architektur hat. Das Music Center ist ein so schöner Konzertsaal, da bleibt einem die Spucke weg. Außerdem unbedingt machen: Baden am schwarzsandigen Cijin Beach, den Leuchtturm anschauen, das alte britische Konsulat besuchen und das Kunstzentrum Pier 2 nicht vergessen.

Die Hochgeschwindigkeitszüge in Taiwan sich höchst zuverlässig
Die Hochgeschwindigkeitszüge in Taiwan sich höchst zuverlässig Foto: AFP via Getty Images

Im Nu sind drei Wochen um und es geht wieder zurück nach Taipeh. Den Mietwagen geben wir vorher zurück, denn wir wollen auf der High Speed Rail in den Norden donnern. Die Japaner hatten den Wettbewerb gegen Siemens und den ICE gewonnen und Taiwan den Shinkansen geliefert. Wir sitzen in aller Ruhe in unseren reservierten Sitzen und schauen auf das Display im Zug: Er flitzt mit 300 km/h durch die Landschaft. Nach 1 Stunde und 20 Minuten sind wir da. Die Verspätung betrug 45 Sekunden. Skandal! Die Beamten waren kurz davor, sich dafür zu entschuldigen.

Ich habe Taiwan in mein Herz geschlossen. Ein Freund sagte mir, dass er sich vorstellen könne, hier im Alter zu leben. Also nicht nach Mallorca als Rentner, sondern eben nach Kaoshiung. Ich verstehe dies nun gut. Allein wegen der liebenswerten gastfreundlichen Menschen möchte ich gerne wiederkommen.

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