18. September 2024, 6:39 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
In der Nähe der Südspitze der Sinai-Halbinsel, etwa 40 Kilometer vom beliebten ägyptischen Badeort Sharm El Sheik entfernt, liegt am Grund des Roten Meeres das Wrack der „Thistlegorm“. Das britische Frachtschiff ist während des Zweiten Weltkriegs im Oktober 1941 von einem Bomber der deutschen Luftwaffe versenkt worden – mitsamt seiner gigantischen Ladung, die neben Waffen und Munition auch aus Motorrädern und sogar ganzen LKW und Panzern bestand. Heute ist die „Thistlegorm“ ein beliebter Tauchspot im Roten Meer. Unser Autor Frank Lehmann hat den nicht ganz ungefährlichen Tauchgang gewagt und berichtet von seinen Erfahrungen.
Rückblick: Es ist tiefe Nacht, am 6. Oktober 1941, als der Heinkel-Bomber He111 den britischen Frachter „Thistlegorm“ im Golf von Suez entdeckt. Nach langem Flug von Kreta haben die deutschen Flieger ein Ziel für die 2000-Kilo-Spezialbomben gefunden. Das Schiff ist voller Waffen und Munition. Es hat LKW, Panzer, Lokomotiven und Motorräder für Montgomerys Afrika-Truppen an Bord. Abgedunkelt liegt der Kahn vor der Südspitze des Sinais. Der Bomber landet einen Volltreffer in den Laderaum! In einer riesigen Explosion detoniert das Schiff und sinkt innerhalb weniger Minuten. In dem Inferno um 01.30 Uhr sterben neun britische Seeleute und viele Verletzte sind zu beklagen.
Übersicht
Mein Tauchgang zum Wrack der „Thistlegorm“
Die Nacht des 6. Oktober 1941 liegt inzwischen lange zurück. Jetzt liegt das Wrack der „Thistlegorm“ im Roten Meer auf 30 Metern Tiefe und ist zu einem Hotspot für Taucher geworden. Wir ankern mit unserem Tauchschiff direkt am Wrack und springen schon morgens um sieben Uhr ins Wasser. Als beste Tauchzeit empfehlen sich die frühen Morgenstunden. Ein Seil führt uns nach unten und erleichtert den Abstieg. Die Deckaufbauten erreichen wir schon in 15 Meter Tiefe und entdecken, dass der Frachter ein Biotop sondergleichen ist: Fledermausfische drehen ihre Runden und schauen durch die Bullaugen. Ein Schwarm Schnapperfische kreist um das Heckgeschütz. Schildkröten und Feuerfische versammeln sich an der alten Reling. Barrakudas gleiten über die rostigen Lokomotiven und Drachenkopf-Fische lungern am Oberdeck. Clownfische bewachen ihre Anemonen. Auf 28 Meter Tiefe treffen wir glitzernde Juwelenbarsche an der Schiffsschraube.
Im ersten Tauchgang haben wir das Wrack nur von außen erkundet. Doch beim zweiten Mal geht es hinein in die dunklen Laderäume. Jetzt die Tauchlampe nicht vergessen! Das Schiff ist voller Bedford-Lastwagen, Norton- und BSA-Motorräder. Flugzeugteile, Geschützmunition und viele Gummistiefel verteilen sich überall. Nur wenig Licht fällt in die unteren Laderäume und gespenstisch dunkel wird es in der Tiefe. Wir gleiten vorbei an Munitionsresten und Muränen glotzen uns dabei an. Es wird eng in dieser gigantischen Waffenkammer der „Blauen Distel“, wie Thistlegorm übersetzt heißt.
„Thistlegorm“ ist beliebtestes Wrack im Roten Meer
Alle Augen strahlen, als wir wieder an Deck unseres Bootes sind. Wir wissen, es hat sich gelohnt, den langen Weg zu machen zu dem populärsten Wrack des Roten Meeres. Tauchpionier Jacques Cousteau entdeckte das Wrack 1956 bei einer Expedition, doch er gab die Position nicht bekannt, und erst 1991 wurde es wiedergefunden. Seitdem zieht es Taucher aus der ganzen Welt an. Nicht jeder hielt sich an das strenge Verbot, Erinnerungsstücke aus dem Wrack mitzunehmen. So ist schon viel geplündert worden aus diesem einst stolzen Schiff, das 126 Meter und knapp 5000 Bruttoregistertonnen maß.
Dennoch ist dieses Wrack weiterhin das beliebteste der ganzen Region. Ein Tauchgang dorthin ist aber auch nicht ganz ungefährlich, und es hat schon einige tödliche Unfälle gegeben. Insbesondere die teilweise starken Strömungen sind zu beachten, und manch unerfahrener Taucher blieb in den engen Frachträumen stecken. Also Vorsicht! Man sollte schon über Erfahrung verfügen, bevor man dort hinabsteigt. Besser auch dem Guide folgen, damit man sich im Labyrinth der Frachträume nicht verirrt.
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Weitere Schiffswracks in der Region
Das nördliche Rote Meer ist voller Schiffswracks, die leicht zu betauchen sind. Sehr empfehlenswert sind auch die Wracks der „Rosalie Moller“, der „Giannis D.“ und auch das der „Dunraven“. Die Touren starten in der Regel von Hurghada aus, aber auch Sharm El Sheikh ist ein guter Ausgangspunkt. Viele Reiseanbieter haben mehrtägige Tauchtrips mit Safari-Booten im Angebot. Sehr beliebt ist die Nordtour, die nicht nur zur „Thistlegorm“ und den anderen Schiffsgräbern führt – diese Tour führt auch in den Unterwasser-Nationalpark Ras Mohammed an der Südspitze des Sinai. Oft ist auch die Straße von Tiran auf der Route, wo das Jackson-Riff und das Gordon-Riff seine Schönheiten präsentieren.
Eine Woche dauert in der Regel der Trip auf dem Safari-Schiff mit Vollverpflegung und Allround-Service rund ums Tauchen. Täglich sind bis zu vier Tauchgänge möglich. Auch Nachttauchgänge werden angeboten, sodass man in einer Woche bis zu 21 Einträge in sein Logbuch schreiben kann. Die Nordtour ist wirklich empfehlenswert, denn sie garantiert auch immer wieder Delfin-Sichtungen. Andere Routen führen zu den Brother Islands weit draußen im Roten Meer und dem magischen Daedalus-Riff.
Mit welchen Kosten man rechnen muss
Die Kosten bewegen sich zwischen 800 und 1400 Euro pro Tauchwoche (zuzüglich Flug). Bei der Buchung auf Zusatzkosten achten: Das Visum kostet extra, und die Nationalparkgebühr darf auch nicht vergessen werden. Softdrinks sind frei, aber Alkohol muss gesondert bezahlt werden. Wer viel tauchen will, sollte unbedingt auf Nitrox setzen (sauerstoffangereicherte Luft) – das wird auch oft gesondert berechnet. Auch das Trinkgeld an die Crew in der Kalkulation nicht vergessen. Hier empfehlen sich 50 bis 100 Euro. Hier eine Auswahl an Tauchanbietern, die die Safari-Trips im Roten Meer im Angebot haben:
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Die beste Reisezeit
Gute Reisezeiten sind März bis November. Gerade das Frühjahr und der späte Herbst sind empfehlenswert, denn dann sind die Preise oft niedriger und man trifft an den Tauchspots nicht Dutzende von anderen Safari-Schiffen. Dafür ist die Wassertemperatur dann im März mit durchschnittlich 22 Grad Celsius auch niedriger und man braucht dickeres Neopren, um nicht zu frieren. Die Schiffe bieten jegliche Tauchausrüstung gegen Gebühr leihweise an, doch die meisten Taucher bringen ihr Equipment selbst mit.