25. Oktober 2024, 14:02 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Ein Forscherteam renommierter Universitäten hat eine große Zahl von Daten auf einen möglichen Einfluss von Airbnb-Vermietungen auf die Kriminalität innerhalb von Nachbarschaften untersucht. Dabei stellten sie fest, dass der Verkehr von Airbnb-Gästen messbar zu einer Zunahme verschiedener Straftaten beiträgt. TRAVELBOOK geht ausführlicher auf die Studie ein.
Wenn Airbnb und Kriminalität in einem Atemzug genannt werden, dann oft im Bezug auf Betrugsmaschen, denen man auf der Plattform ausgesetzt sein kann. Doch offenbar können Airbnb-Vermietungen auch solche in Mitleidenschaft ziehen, die mit ihnen direkt gar nichts zu tun haben: Menschen, die lediglich in Nachbarschaften leben, in denen auch Besucher von außerhalb via Airbnb unterkommen.
Übersicht
Studie zum Einfluss von Airbnb-Vermietungen auf Kriminalität
Forscher der Universitäten Cambridge und Pennsylvania haben einen möglichen Zusammenhang zwischen Airbnb-Vermietungen und Verbrechensraten im Umfeld der so genutzten Unterkünfte untersucht. Anlass dazu habe die explosionsartige Zunahme des Airbnb-Angebots in den vergangenen zehn Jahren gegeben. So ist es in der kürzlich im Fachjournal „Criminology“ veröffentlichten Studie nachzulesen. Es sei noch „wenig darüber bekannt, wie sich dies auf die Kriminalitätsrate in der Nachbarschaft auswirkt“. Diese Lücke hat die aktuelle Arbeit nun mit Daten gefüllt.
Details zur Untersuchung
Die Forscher betrachteten polizeilich gemeldete Kriminalitätsdaten in rund 4800 Nachbarschaften in London. Die Stadt zähle zu den wichtigsten Airbnb-Märkten der Welt – während des Erhebungszeitraums zwischen 2015 und 2018 sollen dort schätzungsweise 4,5 Millionen Gäste über die Plattform Kurzzeitunterkünfte gemietet haben. Für die Analyse auf einen Zusammenhang zwischen den dokumentierten Straftaten und Airbnb-Vermietungen in der entsprechenden Umgebung verwendeten die Forscher spezielle wissenschaftlich anerkannte statistische Modelle. „Wir untersuchen die Mechanismen für die beobachteten Effekte, indem wir mehrere Lag-Spezifikationen verwenden“, ist im Abstract nachzulesen („Lag“ steht für zeitliche Verzögerungen, Anm. d. Red.), „und die Vermietungen in ganze Immobilien und freie Zimmer aufschlüsseln.“
Gegenden mit ganzen Immobilien zur Miete besonders betroffen
Es zeigte sich, dass Airbnb-Vermietungen einen begünstigenden Einfluss auf Delikte wie Raubüberfälle, Einbrüche, Diebstahl und Gewalt in den untersuchten Nachbarschaften hatten. Konkret ermittelten die Studienverantwortlichen einen Anstieg der Kriminalitätsrate um 10 Prozent bei aktiven Vermietungen. Zusätzlichen steigerte sich die Zahl der Raubüberfälle um 1000 pro Jahr. Der Zusammenhang sei besonders deutlich in Gegenden, in denen komplette Gebäude über Airbnb vermietet werden, also nicht nur einzelne Wohnungen innerhalb eines Hauses.
Es seien weniger nicht die Anbieter der Airbnb-Unterkünfte von den beobachteten Straftaten betroffen, sondern vor allem Anwohner jener Nachbarschaften. Der Zusammenhang mit Airbnb-Vermietungen sei eindeutig – auch zeige sich der Effekt unmittelbar. „Die Kriminalität scheint anzusteigen, sobald Airbnbs auftauchen“, erklärt Dr. Charles Lanfeard, einer der Hauptautoren in einer Pressemitteilung der Uni Cambridge. Die Rate bleibe erhöht, solange die Unterkünfte aktiv sind.
Mögliche Gründe für die Kriminalitätszunahme durch Airbnb
Die Forscher sprechen im Zusammenhang mit ihren Erkenntnissen von Gelegenheitsmechanismen. Sie führen die Ergebnisse ihrer Untersuchung darauf zurück, dass der wechselnde Besucherverkehr mehr Gelegenheiten für Diebstähle und Überfälle schafft. Weiterhin scheint die Abwesenheit dauerhafter Mieter den sozialen Zusammenhalt in Nachbarschaft zu beeinträchtigen, was sie anfälliger für kriminelle Handlungen mache.
Airbnb selbst ergreife bereits Maßnahmen, um die Entwicklung einzudämmen. Darauf weist in der Veröffentlichung Lanfears Studiencoautor Professor David Kirk hin. Demnach überprüfe die Plattform ihre Nutzer gründlicher als früher und versuche weiterhin, sie zu längeren Aufenthalten zu bewegen. Auf diese Weile soll ein ständiger Wechsel von Belegungen – dieser kann offenbar zu der oben beschriebenen sozialen Instabilität führen – vermieden werden. Die Tatsache, dass trotz solcher Bemühungen weiterhin eine Kriminalitätszunahme festgestellt wird, sei ein ernstes Signal.
Eine Sprecherin von Airbnb teile TRAVELBOOK mit, dass der Bericht zur Studie
„irreführend“ sei, „da er weder den allgemeinen Anstieg der Kriminalitätsraten noch die saisonalen Reisehöhepunkte in London berücksichtigt, die einen weit größeren Einfluss auf die Kriminalität haben als die zitierten, zehn Jahre alte Daten.“ Auf Airbnb gelistete Unterkünfte, die für mehr als 90 Nächte pro Jahr vermietet werden, machten zudem nur 0,17 Prozent der Wohnungen in London aus.
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Ergebnisse womöglich übertragbar
Die Untersuchung bezog sich zwar speziell auf London. Doch die Ergebnisse könnten auf andere Städte übertragbar sein. Airbnb ist nicht zuletzt in Metropolen mit einem ständig hohen Besucheraufkommen beliebt; und hierzu zählt in Deutschland unter anderem etwa Berlin.