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Alkohol im Zug

Darf man sich in der Bahn eigentlich betrinken?

Alkohol in einem Zug der Deutschen Bahn
In Fernzügen der Deutschen Bahn wird Alkohol ausgeschenkt. Kein Wunder, wenn da ein Fahrgast mal über den Durst trinkt. Foto: picture alliance / dpa | Oliver Berg

7. November 2023, 12:20 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Für Fahrgäste kann es unangenehm werden, wenn andere stark alkoholisiert sind und sich daneben benehmen. Aber ist es eigentlich erlaubt, betrunken einzusteigen? Oder sich etwa in der Bahn-Gastronomie das eine oder andere Glas zu viel zu genehmigen? Wie sind die Mitarbeiter geschult – dürfen oder müssen sie gar irgendwann einschreiten? TRAVELBOOK hat nachgefragt.

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Züge der Deutschen Bahn (DB) haben, etwa im Vergleich mit Flixtrain, für viele Reisende einen Vorteil: die Bord-Gastronomie, in der man sich etwa auf längeren Fahrten verpflegen kann. Auch unsere Autorin sitzt gelegentlich im Bordrestaurant, und sie genehmigt sich dort auch mal ein Glas Wein. Wobei dieses „Glas“ als kleine Flasche à immerhin 250 Milliliter gereicht wird – das ist etwas mehr als die gewöhnliche Serviermenge von wahlweise 100 oder 200 Millilitern. Mehr muss es für sie pro Fahrt nicht sein. Andere Fahrgäste bestellen da schon mal nach. Aber wo verläuft die Grenze zwischen Genuss und Betrinken? Und wie sieht dies das Zugpersonal?

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Darf man sich im Zug betrinken?

Unserer Autorin ist es erst kürzlich passiert, dass sie bereits beim Platznehmen im Bordrestaurant auf zwei stark alkoholisierte Fahrgäste traf, mit jeweils einem Bier vor der Nase. „Habt ihr auch Schnaps?“, fragten sie den Service-Mitarbeiter. „Ich glaub, die haben schon genug…“, platzte es aus unserer Autorin heraus. Reichte das, um dem Kellner zu signalisieren, dass die Situation ihr unangenehm zu werden schien? Offenbar nicht. Kurzes Stutzen, doch dann antwortete der Mann brav, es gäbe Gin. Dies Sache nahm wohl ihren Lauf, unsere Autorin trat den Rückzug an.

Bleibt die Frage, wie das mit dem Alkoholkonsum in Zügen allgemein geregelt ist. Und die Antwort lautet offenbar: gar nicht.

Keine offizielle Regelung zum Thema Alkohol im Zug

Auf TRAVELBOOK-Nachfrage heißt es seitens der Deutschen Bahn, man sei „gerne“ Gastgeber für die Kunden. Die Gäste schätzten demnach das Angebot an Speisen und Getränken in der Bord-Gastronomie, erklärt dazu eine Sprecherin, „darunter auch alkoholische Getränke wie Bier, Wein, Sekt und Gin“. Und: „In Ausnahmefällen behalten wir uns vor, Reisenden keinen Alkohol mehr auszuschenken.“ Genauer wolle man darauf nicht eingehen.

Der Fall ist also ganz klar, beziehungsweise eben nicht – es gibt keine allgemeine Regelung, wie mit dem Thema Alkohol bei Fahrgästen der DB umzugehen ist.

»Allgemeines Alkoholverbot bringt nichts

Gut denkbar, dass die sogenannten Ausnahmefälle öfter vorkommen. Man denke nur an Fußball-Fans, die häufig in großer Runde, also entsprechend angestachelt und in feuchtfröhlicher Stimmung z. B. mit dem Zug ihrem Verein nachreisen. Ein Redakteur der „Zeit“ will besonders auffällige solcher Exemplare, demnach Borussia-Dortmund-Anhänger, vor einigen Jahren in einem Intercity angetroffen haben. Daraufhin recherchierte er die Möglichkeit eines allgemeinen Alkoholverbots in Fernverkehrszügen. Gerd Neubeck, Leiter der Konzernsicherheit bei der DB, hielt davon damals jedenfalls nach eigener Aussage nicht viel. (An dieser Stelle darf man vielleicht noch einmal erwähnen, dass sich ein Alkoholverbot mit dem Ausschank in der Bord-Gastronomie nur schwer vereinbaren ließe.) Weiter gab Neubeck gegenüber der „Zeit“ zu bedenken, dass die monierten Fahrgäste „meist nicht erst im Zug zu trinken anfangen, sondern bereits alkoholisiert einsteigen“.

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Im Nahverkehr ist Alkohol vielerorts verboten

In Nahverkehrszügen behandelt man das Thema etwas anders. So ist die Aufnahme alkoholischer Getränke in S-Bahnen und Regionalbahnen z. B. in Niedersachsen, Bremen und Hamburg verboten – Bierdosen oder Weinflaschen dürfen nur verschlossen mitgeführt werden. „Bei Verstößen gegen das Alkoholkonsumverbot stellen wir 40 Euro in Rechnung“, heißt es dazu in einer Veröffentlichung.

Geldstrafen für stark alkoholisiertes Danebenbenehmen im z. B. ICE muss man bis auf Weiteres nicht befürchten. Denn dafür fehlt die rechtliche Grundlage. Unsere Autorin zumindest würde für ein allgemeines Konsumverbot nur bedingt plädieren – schließlich möchte auch sie ihr gelegentliches Gläschen Wein auf einer langen Zugfahrt nicht missen. Und im Normalfall sollte ein vernünftiger Umgang mit Alkohol ja auch in der Verantwortung des Einzelnen liegen.

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„Ausnahmefälle“ bleiben Ermessenssache

Dass es kein Alkoholverbot gibt, bedeutet auf der anderen Seite aber auch, dass „Ausnahmefälle“ bis auf Weiteres im Bereich des Möglichen bleiben. Und diese bezeichnen längst nicht immer betrunkene Stadion-Pilger. 2020 berichtet die Deutsche Presse-Agentur (dpa) von zwei Seniorinnen, die mit jeweils 4,21 und 3,02 Promille unfähig gewesen seien, zu stehen oder gehen – sie lagen demnach im Gang eines ICE herum. An einem Bahnhof sollen Zugbegleiter Rettungssanitäter und Polizeibeamte verständigt haben, woraufhin die Damen aus dem Zug geholt worden seien. Ein paar Stunden später ging es ihnen dem Bericht zufolge wieder gut.

Zusammenfassend ist Alkoholkonsum im Zug erst mal ohne offizielles Limit erlaubt. Man darf davon ausgehen, dass die Mitarbeiter der DB die Sache von Fall zu Fall gut einschätzen können – und zuverlässig einschreiten, sollte jemand offensichtlich über die Stränge schlagen.

Auch bei den meisten Fluggesellschaften gibt es übrigens keine allgemein gültige Promille-Obergrenze für Mitreisende. Doch anders als im Zug, der immerhin häufiger hält und es im Ernstfall ermöglicht, problematische Gäste im Reiseverlauf zu entfernen, ist Eingreifen in Reiseflughöhe etwas schwieriger. Das Kabinenpersonal begutachtet Passagiere deshalb bereits beim Einstieg eingehend, wie TRAVELBOOK in einem früheren Beitrag zu dem Thema erklärt. Einige Airlines behalten es sich demnach vor, betrunkene Gäste schon in der Warteschlange abzuweisen.

Themen Deutsche Bahn
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