4. Oktober 2024, 10:47 Uhr | Lesezeit: 12 Minuten
Japan hat ein herausragend gut ausgebautes Netz öffentlicher Verkehrsmittel. Bus, Bahn, Fähren – nicht nur in den Metropolen kommt man leicht von A nach B. Dennoch kann es sinnvoll sein, sich für den Japan-Trip ein Auto zu mieten. TRAVEBOOK verrät, was man alles für den gelungenen Roadtrip wissen sollte.
Einer Umfrage des japanischen Innenministeriums aus dem Jahr 2020 ergab, dass nur 60 Prozent der autofahrenden Touristen die japanischen Verkehrsregeln kennen, bei Parkregeln und Geschwindigkeitsbeschränkungen waren es sogar nur 30 Prozent. Aber gerade wenn man abgelegenere Regionen Japans, wie das unheimliche Tal der Puppen, besuchen oder auf den weniger bevölkerten Wegen der vielen Nationalparks wandern will, lohnt es sich, über einen Mietwagen nachzudenken. Dann sollte man auf die Besonderheiten beim Autofahren in Japan vorbereitet sein.
Übersicht
Wichtige Infos zum Führerschein in Japan
Wer in Japan einen Mietwagen leihen oder überhaupt Auto fahren will, benötigt eine beglaubigte japanische Übersetzung seiner Fahrerlaubnis. Der deutsche Internationale Führerschein wird laut Auswärtigem Amt (AA) in Japan nicht anerkannt. Die Übersetzung muss von einem zertifizierten Übersetzerbüro stammen und kostet etwa 70 Euro. Die Prozedur kann bis zu vier Wochen dauern, also rechtzeitig einplanen! Zuverlässige Anbieter hierfür sind beispielsweise Japan Experience sowie der ADAC Südbayern e.V.
Japan-Fans, aufgepasst: Die Führerscheinübersetzung verfällt ein Jahr nach der Ausreise! Österreichische Reisende können mit dem Internationalen Führerschein aus Österreich problemlos in Japan Auto fahren. Neben dem Internationalen Führerschein muss jedoch zugleich immer der nationale Führerschein mitgeführt werden.
Verkehrsregelen in Japan
Achtung, Linksverkehr!
Wie auch in Großbritannien, Malta und Thailand wird in Japan links gefahren. Bei Mietautos sitzt deshalb das Lenkrad rechts, die Hebel für Scheibenwischer und Blinker sind vertauscht: Links wird der Scheibenwischer und rechts der Blinker bedient. Beim Fahren ist vor allem beim Rechtsabbiegen ist Konzentration gefragt. Zum einen, weil man sich dann „gewohnheitsmäßig“ leicht wieder rechts einordnet, zum anderen, weil man dabei schnell Fußgänger oder Radfahrer übersieht. Das „Spurhalten“ wird leichter, wenn man sich beim Fahren auf die Position des vorausfahrenden Autos oder die Mittellinie der Straße konzentriert, nicht auf die Seitenmarkierung. Kreisverkehre sind in Japan selten, aber auch da lohnt sich etwas Wachsamkeit, dass man nach links einbiegt. Auch auf die Autobahn fährt man von links auf.
Geringe Straßenbreite
Auch wenn die Autovermietung ein Upgrade auf den neusten, chicen SUV anbietet: Große, PS-starke Autos sind in Japan wegen der meist recht geringen Straßenbreite eine ungünstige Wahl. Die Spuren der Autobahnen sind enger als in Deutschland und die Landstraßen führen oft über schmale, kurvige Bergpässe oder durch enge Tunnelpassagen. Gerade in den ländlichen Regionen gibt es oft Straßen, die einspurig sind und nur über vereinzelte Ausweichbuchten verfügen. Hier bleibt derjenige stehen, der näher an der Ausweichstelle ist, wartet, und lässt den Entgegenkommenden vorbeifahren. Handheben und Bedanken nicht vergessen!
Rücksichtnahme im Verkehr
Der Verkehr in manchen asiatischen Ländern (wie Thailand oder Vietnam) wird von vielen Europäern oft als hektisch und chaotisch empfunden. Nicht so in Japan! Das japanische Fahrverhalten ist meist respektvoll und voller Rücksichtnahme. Die Regeln der Verkehrsgesetzgebung werden fast ausnahmslos eingehalten (auch wenn die Geschwindigkeitsbeschränkungen mitunter nicht ganz so streng befolgt werden). Andere Fahrer zu behindern gilt als äußerst unhöflich, schimpfen und gestikulieren sind No-Gos. Deswegen ist Autofahren in Japan meist recht stressfrei. Der Verkehr ist gut geordnet – so sind beispielsweise die Ampeln in Städten oft aufeinander abgestimmt und machen eine „grüne Welle“ möglich.
Vorfahrt achten!
Rechts-vor-links- oder Links-vor rechts-Regeln gibt es in Japan nicht. In Japan gilt an den unbeschilderten Stellen das Prinzip „derjenige, der auf der breiteren Straße fährt, hat Vorfahrt“. Im Zweifel gilt auch in Japan: Defensiv fahren und sich – freundlich lächelnd – mit Handzeichen verständigen.
Stopp, anhalten!
An Bahnübergängen, Zebrastreifen und „Stopp“-Schildern gilt in Japan: Stehen bleiben! Gut zu wissen ist auch, dass das „Stopp“-Schild in Japan ein nach unten gerichtetes, rotes Dreieck ist. Auch bei Bahnübergängen ist Vorsicht angesagt: Es gibt sehr viele unbeschrankte Übergänge, und der Zugverkehr hat einen engen Takt in Japan. Also in Schrittgeschwindigkeit annähern und lieber zweimal schauen, bevor man den Bahnübergang kreuzt.
Runter vom Gas
Die meisten Straßen in Japan haben Beschilderungen für Geschwindigkeitsbeschränkungen. Gibt es keine Beschilderung, gilt 50 km/h in Ortschaften, 60 km/h auf Landstraßen und 100 km/h auf Autobahnen. Radarfallen sind in Japan häufig und gut versteckt. Auch wenn sich viele Autofahrer in Japan vor allem auf besser ausgebauten Strecken nicht streng an die Geschwindigkeitsbeschränkungen halten, ist es dennoch empfehlenswert, es selbst zu tun. Die Strafen für’s Rasen sind außerdem deutlich höher als in Deutschland.
Alkohol am Steuer
Alkohol am Steuer wird in Japan streng bestraft. Wer mit mehr als 0,3 Promille Blutalkoholkonzentration beim Fahren erwischt wird, kann mit einer Freiheitsstrafe von bis zu drei Jahren und einer Geldstrafe von bis zu 500.000 Yen (3100 Euro) bestraft werden. Bei mit mehr als 0,5 Promille am Steuer sitzt, riskiert sogar eine Freiheitsstrafe von bis zu 5 Jahren und eine Geldstrafe von bis zu 1.000.000 Yen (6200 Euro). Achtung: Auch Personen, die Fahrer mit Alkohol versorgen, sie zum Trinken ermutigen oder ihnen ein Fahrzeug zur Verfügung stellen, wenn Sie getrunken haben, müssen mit erheblichen Strafen rechnen: Wer einem angetrunkenen Fahrer wissentlich das Auto zur Verfügung gestellt hat, wird mit denselben Geld- und Gefängnisstrafen belegt wie der Fahrer.
Anschnallen und Handy weg
Wie in Deutschland gilt auch in Japan: Das Benutzen eines Handys ohne Freisprecheinrichtung ist während der Fahrt verboten. Zum Nutzen des Handys muss das Auto abgestellt und der Motor ausgeschaltet sein. Das gilt für’s Telefonieren genauso wie für’s Chatten per Messenger oder sonstigen Tippen und Wischen. Für das Bedienen des Navigationsgeräts muss das Auto ebenfalls in Parkposition sein. Auch Anschnallen ist in Japan für alle im Auto Pflicht.
Unfall? Polizei holen!
Wer in Japan einen Unfall hat – und sei es ein noch so kleiner Blechschaden, der muss sich mit der Polizei und der Autovermietung in Verbindung setzen. Was man in Deutschland möglicherweise vor Ort gemeinsam aushandeln kann, läuft in Japan anders. Denn ohne Polizeibericht zahlt keine Versicherung. Auch wenn es unangenehm oder peinlich erscheint: Polizei und Vermieter verständigen ist Pflicht, sonst bleibt man auf dem Schaden selbst sitzen.
Autobahnfahren kostet
Auf vielen Autobahnen und Schnellstraßen in Japan fallen Mautgebühren an. Diese Gebühren können entweder direkt an der Mautstelle in bar oder mit einer Prepaid-Carte (wie Suica oder Pasmo bezahlt werden, oder man nutzt die bequemere Variante der sogenannten „ETC“-Karte. Diese Karte wird in eine kleine Buchse im Auto gesteckt und von der Mautschranke automatisch erkannt. Die meisten Mietwagenfirmen bieten gleich bei der Abholung des Autos an, die Karte gegen eine kleine Gebühr zu mieten. Am Ende der Mietzeit wird dann die Autobahnmaut in einem Rutsch beglichen.
Die Gebühren variieren je nach Zeit und Auslastung und können theoretisch im Voraus auf der Navitime-Website berechnet werden – allerdings ist die Seite nur auf Japanisch verfügbar. Man kann aber die Suchmaschine auf das lateinische Alphabet umstellen und so die Kosten grob kalkulieren. Autobahnfahren in Japan ist nicht billig – dafür sind die Straßem aber in ausgezeichnetem baulichen Zustand, werden erstklassig unterhalten und beleuchtet und haben in regelmäßigen Abständen Raststätten mit blitzsauberen Toiletten und Restaurants.
Mietwagen in Japan
Mietwagen haben meist Automatikgetriebe
Die meisten Mietwagen in Japan haben Automatikgetriebe. Schaltgetriebe sind sehr selten und meist nur mit Vorbestellung zu bekommen. Grund für die weite Verbreitung der Automatikschaltung in Japan sind die vielen steilen Straßen entlang der unzähligen Bergstrecken, auf denen das Rauf- und Runterschalten schnell zur nervigen Dauerbeschäftigung werden kann.
„Kei-Cars“ – die japanischen Mini-Autos
Die sogenannten „Kei Cars“ sind fester Bestandteil des japanischen Straßenbildes. „Kei-Cars“ sind Kleinstwagen, die meist einer Mini-Version von Reisebussen ähnlichsehen und einen engeren Radstand haben als europäische Autos. Die Vorteile dieser Autoklasse liegen auf der Hand: Sie düsen problemlos die steilen, engen Kurvenstrecken entlang, brauchen wenig Platz, wenn man auf Parkplatzsuche ist und sind sehr spritsparend unterwegs. Deswegen werden sie auch von den Mietwagenfirmen gerne angeboten und sind eine gute Wahl für den Japan-Roadtrip: Dank hoher Sicherheitsstandards und cleverer Innenraumgestaltung wird das Autofahren zum authentischen Reiseerlebnis. Und spätestens beim Anblick der schnuckligen Kei-Polizeiautos, Kei-Müllwagen und Kei-Zementmischer verliebt man sich unsterblich in die kleinen fahrenden Schuhschachteln.
Tanken vor der Rückgabe des Mietwagens
Eine weitere Besonderheit beim Automieten in Japan ist, dass man vom Anbieter in der Regel eine bestimmte Tankstelle genannt bekommt, an der getankt werden muss, bevor das Auto zurückgegeben wird. Den Kassenbon gut aufbewahren, denn auch den braucht man, wenn man das Auto wieder zur Station bringt. Er dienst als Nachweis, dass im Tank wieder die entsprechende Menge vorhanden ist.
No English
Ob Autovermietung, Raststätte oder Tankstelle: Wer nach Japan reist, wird feststellen, dass nur wenig bis gar kein Englisch gesprochen wird. Im „EF EPI“-Ranking“ – einem internationalen Englisch-Leistungsindex – rangierte Japan im Jahr 2023 nur auf Platz 87 bei 113 bewerteten Ländern. Deutschland nimmt immerhin Platz 10 ein. Deshalb halten viele Autovermietungen kleine Übersetzungsgeräte bereit, um die Mietbedingungen und die wichtigsten Verkehrsregeln zu erklären. Diese Erklärungen werden oft einem sorgfältig choreographierten Ablauf vorgetragen: Zettel werden lächelnd hochgehalten und wichtige Absätze mit verschiedenen Stiftfarben umkreist oder unterstrichen. An Tankstellen kann man sich mit Übersetzungsapps am Handy behelfen. Denn auch alle Knöpfe und Displays an Zapfsäulen sind meist nur auf japanisch beschriftet.
Parken in Japan
Immer rückwärts einparken
Auch beim Parken zeigt sich Japans Höflichkeit. Denn hier ist Rückwärts einparken die Norm, um beim Ausfahren niemanden zu behindern. Das gilt auch für riesige Parkbuchten vor Supermärkten oder an Autobahn-Raststätten, in die man leicht vorne einfahren könnte – aber echt japanisch Einparken heißt: rückwärts einparken.
Wo Parken verboten ist
Grundsätzlich gilt in Japan: Wo Parken nicht ausdrücklich erlaubt ist, ist es verboten. Das heißt: kein Parken am Straßenrand oder auf der Bordsteinkante! Außerdem ist es nicht gerne gesehen, in zweiter Reihe zu halten. Wer in zweiter Reihe, vor einer Einfahrt, auf einem Privatparkplatz oder einer wichtigen Zugangsstelle wie Hydranten parkt, wird sehr schnell abgeschleppt. Vor allem in größeren Städten und Ortschaften gibt es deshalb ein dichtes Netz kostenpflichtiger Parkplätze für 600 bis 2000 Yen (ca. 4 bis 12 Euro) pro Tag. Dabei „krallt“ sich eine Metallstange unter den Rädern fest und wird wieder flachgelegt, sobald man am Automaten die Parkplatznummer eingegeben und den Park-Obulus bezahlt hat. Auf dem Land ist die Parksituation meist entspannt, die meisten Hotel und Unterkünfte bieten kostenlose Parkplätze an.
Tanken in Japan
In Japan gibt es maßgeblich zwei Arten von Tankstellen: Full-Service-Tankstellen undS elf-Service-Tankstellen. Selbstbedienungstankstellen mit Kassierer sind eher selten. An Full-Service-Tankstellen wird der ganze Tankvorgang von den Mitarbeitern übernommen – man muss nur den Schlüssel zum Öffnen des Tankdeckels und danach Bargeld oder Kreditkarte übergeben. An Self-Service-Tankstellen muss man sich mit dem Automaten auseinandersetzen. Da Knöpfe und Displays meist nur auf japanisch beschriftet sind, kann man sich mit einer Übersetzungsapp behelfen oder einen Mitarbeiter um Hilfe bitten. Da manche deutsche Kreditkarten an japanischen Tankstellen nicht funktionieren, ist es empfehlenswert, auch immer etwas Bargeld für den Fall der Fälle dabei zu haben. Gerade in manchen ländlichen Gebieten wird nur Bargeld beim Tanken akzeptiert.
Sonstige Besonderheiten beim Autofahren in Japan
Schlaraffenland Raststätte
Die Autobahnraststätten in Japan sind einen eigenen Besuch wert. Hier gibt es nicht nur blitzsaubere, kostenlose Toilettenräume (nicht selten mit Duschkabinen, Umkleideräumen und Schminktischen), sondern auch viele Köstlichkeiten der japanischen Küche. Oft wird an einem Automaten ein Gericht ausgewählt und bezahlt, was dann in der Garküche zubereitet wird und an einer Theke abgeholt werden kann. Von Sashimi über Curry bis Karaage bleibt kein Wunsch unerfüllt. Dazu sind oft Souvenirshops, Drogeriemärkte oder Lebensmittelläden angeschlossen.
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Baustellen wie Rummelplätze
Baustellen in Japan sind ein wahres Spektakel. Selbst die kleinste Straßenbaustelle wird mit einer Vielzahl an Vorsichtsmaßnahmen abgesichert. Vor den Baustellen stehen Mitarbeiter in Sicherheitsuniformen und schwenken Fahnen oder Leuchtstäbe, blinkende Schilder in Blumen oder Kreisform stehen entlang der Arbeitsstellen, bunte LED-Bänder säumen die Bauzäune und Pylonenwälder türmen sich am Fahrbandrand. Beizeiten fühlt man sich wie beim Einfahrt auf eine Achterbahn auf dem Rummelplatz, wenn man sich einer Baustelle nähert. Aber der Aufwand zahlt sich aus: Japan hat in den letzten Jahrzehnten massiv in Verkehrssicherheit investiert und gehört inzwischen gemäß dem Road Safety Report der WHO zu den verkehrssichersten Ländern der Welt.