11. Juli 2018, 8:13 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Bei vielen Menschen mit Flugangst gehören sie fest in die Reiseapotheke: Schlaf- und/oder Beruhigungsmittel. Und natürlich gibt es auch viele Urlauber, die regelmäßig auf Medikamente angewiesen sind. Doch je nach Arzneimittel und Urlaubsziel kann das Probleme machen. TRAVELBOOK erklärt, was Reisende hinsichtlich der Ein- und Ausfuhr von Medikamenten wissen sollten.
„Arzneimittel für den privaten Gebrauch können grundsätzlich ohne Probleme über die Grenze mitgenommen werden“, erklärt das Bundesinstitut für Arzneimittel und Medizinprodukte (BfArM) in seiner „EU-Info“. Und auch umgekehrt sollen Medikamente, die man im Ausland zum persönlichen Gebrauch erworben hat, mit nach Hause gebracht werden dürfen. Diesem Recht liegt zugrunde, dass deutsche Ärzte auch ausländische Medikamente verschreiben dürfen. Das bedeutet aber nicht, dass man alles ein- und ausführen darf.
Die Bestimmungen hinsichtlich verschreibungspflichtiger und frei verkäuflicher Arzneimitteln variieren von Land zu Land. In Singapur etwa sind bereits starke Schmerzmittel, die man in Deutschland (oder anderen Ländern) ohne Rezept bekommt, verordnungspflichtig, und in Indonesien verschiedene Medikamente, die man hier vom Arzt bekommt, gänzlich verboten. Ist man darauf nicht vorbereitet, könnte der Urlaub weniger entspannend werden als geplant.
Vor allem in den Vereinten Arabischen Emiraten (VAE) gelten sehr strikte Anti-Drogen-Gesetze, wie man etwa auf der Website erfährt. „Manche Substanzen und Medikamente, die in anderen Ländern nicht rezeptpflichtig sind, werden in den VAE als Betäubungsmittel eingestuft, deren Besitz illegal ist. Der Besitz von verschriebenen oder rezeptfreien Medikamenten, die beispielsweise Kodein oder andere betäubungsmittelähnliche Inhaltsstoffe enthalten, kann zu Verhaftung und strafrechtlicher Verfolgung führen.“ So kann es sein, dass vermeintlich harmlose Bestandteile der Reiseapotheke, etwa ein codeinhaltiges Hustenmittel, bei der Einreise in ein arabisches Land zu Repressalien führen, womöglich zu einer Verhaftung.
Wie sind „Betäubungsmittel“ definiert?
Nicht nur Rauschmittel sind als Betäubungsmittel definiert. Es gibt Menschen, die auf bestimmte (und besonders starke) Medikamente angewiesen sind, die ebenfalls unter das Betäubungsmittelgesetz fallen. Beispielsweise, weil sie Morphin enthalten. Und nicht nur in den VAE ist das Reisen mit Betäubungsmitteln strenger geregelt. Wer einen Aufenthalt von bis zu 30 Tagen innerhalb des Schengen-Raums plant – und in dieser Zeit seine Therapie fortsetzen will –, braucht hierfür eine ärztliche Bescheinigung und muss diese von der zuständigen Gesundheitsbehörde beglaubigen lassen. „Die aufgrund dieser ärztlichen Verschreibung für den eigenen Bedarf erworbenen Betäubungsmittel darf ein Reisender in der für die Dauer der Reise angemessenen Menge aus Deutschland ausführen oder nach Deutschland einführen“, wie dem Online-Auftritt der Generalzolldirektion zu entnehmen ist. Jenseits der Schengen-Staaten ist die Einfuhr von Betäubungsmitteln nicht einheitlich geregelt und muss gesondert erfragt werden.
Es ist wenig überraschend, dass Präparate, die Morphin oder Methadon enthalten, hinsichtlich ihrer Ein- und Ausfuhrgenehmigung als Betäubungsmittel gelistet sind. Bei manchen hingegen ist es – zumindest für den Laien – nicht so ersichtlich. Etwa bei Schmerzpflastern. „Manche enthalten etwa Nospan“, weiß Klaus-Michael Kerle aus der Apotheke Axel-Springer-Passage auf TRAVELBOOK-Nachfrage. „Der Verwender weiß im Zweifelsfall nicht, dass dahinter Buprenorphin steckt.“ Und dabei handelt sich um ein starkes Schmerzmittel aus der Gruppe der Opioide.
Reiseapotheke bitte immer hinterfragen!
Dass Urlauber oder Geschäftsreisende mit dem besten Gewissen etwas einpacken, das ihnen am Zielort ernste Probleme bereiten kann, passiert häufiger, als man vielleicht denken würde. Ein Diabetiker etwa findet am Anblick seiner Fertig-Insulinspritzen nichts Ungewöhnliches. Ebenso würden Eltern wohl nicht hinterfragen, ob sie Ritalin in den Koffer packen, wenn ihr Kind wegen ADHS-Symptomen seit Jahren damit behandelt wird – „in vielen Ländern ist Ritalin aber streng verboten“, warnt Kerle. Aus diesen Gründen rät er dringend, sich mit der Reiseapotheke auseinanderzusetzen – auch wenn hier nichts Bemerkenswertes neu hinzugekommen ist.
Auch interessant: Neue Therapieempfehlungen für ADHS – auf FITBOOK!
Checkliste für den Urlaub Das gehört in jede Reiseapotheke
Ankündigung durch Reiseveranstalter Nordkorea will sich im Winter 2024 wieder für Tourismus öffnen
Meinung Warum man eigentlich nicht in die Vereinigten Arabischen Emirate reisen sollte
WAS ist WO verboten?
Pauschal will und kann Apotheker Kerle nicht beantworten, welche Arzneitmittel Reisenden in welchen Ländern genau Probleme bereiten können. Ebenso wie die Mitarbeiter des BfArM empfiehlt er grundsätzlich, sich über die Begebenheiten am Reiseziel zu informieren. Dies ist etwa beim Konsulat des jeweiligen Landes möglich. Dass das spontane Reisen – auch ins entferntere Ausland – so günstig geworden ist, kann auf der anderen Seite bedeuten, dass die Zeit für etwaige nötige Vorkehrungen knapp wird. Bis man eine Rückmeldung von den entsprechenden Behörden erhalten hat, können Tage bis Wochen vergehen. Kerle legt daher dringend nahe, einen Zeitpuffer einzuplanen.