4. April 2017, 13:15 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Smartphone, Tablet, Internet, Smart-TV – sie alle bestimmen immer mehr unseren Alltag, vereinnahmen uns regelrecht. Warum also nicht mal wenigstens im Urlaub Abstand gewinnen vom digitalen Leben? Tatsächlich ist Digital Detox hip, auch immer mehr Hotels erkennen das und bieten Offline-Zimmer an.
Digital was? Detox? Was ist das, und was hat das mit Reisen zu tun? Wörtlich übersetzt heißt es digitaler Entzug – und meint, dass wir im schnelllebigen Digital-Zeitalter mal versuchen, eine Zeit lang ohne Internet, Smartphone, Tablet oder Computer auszukommen.
„Wir haben derzeit oft von allem zu viel. Zu viel süßes, fettes, vorfabriziertes und ungesundes Essen, Reizüberflutung, zu viel Stress. Die Leute wollen runterkommen“, sagt Claudia Wagner von Fit Reisen. „Detox spielt im Gesundheitstourismus eine große Rolle.“ Allerdings: Technikverzicht ist noch relativ neu. Wagner glaubt aber, dass bei Reisenden ein neues Bedürfnis wächst: raus aus den Zwängen des digital dominierten Alltags. Abschalten.
Digitaler Entzug im Silicon Valley
Digital Detox – diesen Begriff haben 2012 Levi Felix und Brooke Dean in Kalifornien geprägt. Sie wollten sich und andere von der Online-Sucht heilen. In speziellen Erholungscamps im Herzen der Digitalwirtschaft im Silicon Valley lernten die Teilnehmer, auf die eigenen Bedürfnisse zu achten, zur Ruhe zu kommen und durchzuatmen. Ohne Alkohol, dafür mit Yoga, Sport, gesunder Ernährung, Briefpapier und Schreibmaschine.
Christian Montag, Suchtforscher an der Universität Ulm, hat dafür großes Verständnis. „Unsere Daten weisen darauf hin, dass mit dem Smartphone eine neue Dimension von Verhaltenssucht einhergeht. Wenn in einer Studie etwa 40 Prozent der Befragten angeben, abends mit dem Smartphone ins Bett zu gehen und morgens als Erstes danach greifen, ist das ein Alarmzeichen.“ Der Forscher plädiert für eine tägliche Digital-Detox-Phase. Urlaub im Funkloch sozusagen.
Das Funkloch, ein Standortvorteil
Warum dann nicht mal einen analogen Urlaub machen? Das ist mittlerweile an immer mehr Orten weltweit möglich, und nicht immer muss der Mensch extra den Stecker ziehen: In manchen Berghütten und abgelegenen Regionen wird das Funkloch plötzlich zum Standortvorteil. Hüttenurlaube und Klosteraufenthalte werden so zur trendigen Digital-Detox-Auszeit. „Beim Trekking im indonesischen Regenwald, auf Wildtierbeobachtung in der Massai Mara oder beim Campen im australischen Outback sind unsere Gäste ohnehin offline und haben nur ihre Digitalkamera im Anschlag“, sagt Barbara Glanz vom Erlebnisreiseveranstalter Intrepid Travel.
Aber auch Hotels und andere Unterkünfte bieten mittlerweile die Möglichkeit an, nicht ins Internet gehen zu können. Meistens hat der Gast die Wahl zwischen vollständigem Verzicht und der Freiheit, zwischendurch doch mal wieder online zu gehen. Gäste der südostasiatischen Hotelkette Mandarin Oriental Hotel Group geben während ihres Aufenthalts ihre Mobiltelefon an der Rezeption ab und entspannen dann fern der digitalen Welt.
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Hier gibt’s den digitalen Entzug
Weitere Beispiele, wo der Digital detox im Urlaub möglich ist: Im Belle-Epoque-Hotel Rosenlaui im Berner Oberland schlafen die Gäste in Antiquitäten-Betten, es gibt ein Münztelefon, aber weder Fernsehen noch Radio und nicht einmal fließendes Wasser auf den Zimmern.
Ins Fünf-Sterne-Designhotel Vigilius Mountain Resort in Südtirol gelangt man nur per Seilbahn. Die fernsehfreien Zimmer werden nachts vom WLAN abgekoppelt. Die Hubertus Alpin Lodge & Spa in Balderschwang im Allgäu animiert ihre Gäste mit einem Funkstille-Paket zum Verzicht aufs mobile Endgerät. Dafür gibt es dann einen Bergkäse.
Solche Angebote mehren sich, seit sich 2012 in Österreich einige Hütten, Apartments und Hotels in der Steiermark gestressten urbanen Urlaubern als Offline-Betriebe anboten. Auch im Biosphärenpark Salzburger Lungau gibt es jetzt entsprechende Auszeiten.