15. November 2023, 15:44 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Wenn in der freien Natur selbige ihr Recht verlangt – darf man sich dann ein ruhiges Plätzchen zwischen hohen Büschen suchen und dort möglichst unbeobachtet urinieren? TRAVELBOOK hat es herausgefunden.
Ein ausgiebiger Waldspaziergang hat für Menschen mit einer schwachen Blase einen kleinen Haken. Denn tief in die Natur eingetaucht, wird man eines wohl vergeblich suchen: öffentliche Toiletten. Doch wirklich als „Problem“ sehen das nur wenige, denn zwischen Bäumen und Büschen könnte man theoretisch sein nötiges Geschäft verrichten, und bliebe dabei im Zweifelsfall unentdeckt. Doch wehe, wenn nicht!
Übersicht
In den Wald zu pinkeln, kann teuer werden
TRAVELBOOK hat im deutschen Bußgeldkatalog 2022 nachgelesen. Und demnach ist sogenanntes „Wildpinkeln“ eine Ordnungswidrigkeit, ob es sich nun im Wald oder „am Straßenrand“ abspielt, und kann eine Geldstrafe in Höhe von zwischen 35 und 5000 (!) nach sich ziehen. Den tatsächlichen Betrag bestimmen die einzelnen Regionen – wobei speziell in Erfurt, Hannover und Stuttgart besonders hart gegen Wildpinkler vorgegangen werde.
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Einsicht und Verstecken kann Bußgeld senken
Konnten die einsichtigen „Übeltäter“ sie davon überzeugen, sich in einer Notlage befunden zu haben, verhängen die Beamten für gewöhnlich lediglich ein Verwarn- oder Bußgeld, heißt es in der Veröffentlichung. Weiterhin seien sie offenbar nicht ganz so streng, wenn das Urinieren versteckt zum Beispiel hinter einem großen Baum stattgefunden hat. Anders gesagt: Die Umstände spielen eine Rolle. So kann es sich auf der anderen Seite je nach Fall sogar um eine Straftat handeln.
Haftstrafe für öffentliches Urinieren
Wenn das öffentliche Urinieren den Straftatbestand der Erregung öffentlichen Ärgernisses erfüllt, kann dies mit einer sehr hohen Geld- oder gar einer bis zu einjährigen Haftstrafe geahndet werden. Dies wäre etwa der Fall, wenn fahrlässig oder gar absichtlich andere Menschen dem Anblick ausgesetzt würden. Dies wäre im weitesten Sinne als sexuelle Handlung zu werten.
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Was ist mit Menschen, die nicht einhalten können?
Um eine vorsätzliche Provokation Zusehender soll es in diesem Beitrag aber nicht gehen. Und immerhin gibt es auch Menschen, die etwa aufgrund gesundheitlicher Vorbelastungen (z. B. einer chronischen Blasenschwäche) nicht oder nur sehr schwer einhalten können.
Ein solcher Fall hat 2018 in Österreich Aufsehen erregt. Hier hat ein Mann sein Auto auf einem Rastplatz abstellen und unweit davon in einen Busch urinieren müssen, weil es so dringend war, dass er den Weg zur einige Meter entfernten öffentlichen Toilette nicht mehr geschafft hätte. Davon berichtete damals der „Kurier“. Vor dem Landesverwaltungsgericht hielt seine Rechtfertigung, er leide an einer schweren Blasenschwäche, nicht stand – der Mann musste Strafe zahlen. Die Begründung: Er habe vier Kilometer vorher die Möglichkeit gehabt, auszutreten, und daher „zumindest fahrlässig“ gehandelt. Ob er womöglich in einem Stau gestanden hat, geht aus dem Bericht nicht hervor.
Ärztliches Attest kann vor Anzeige schützen
TRAVELBOOK hat bei der Berliner Polizei nachgefragt. Und laut Aussage eines Beamten wäre der Fall in Deutschland vermutlich etwas anders ausgegangen. Denn bei uns seien gesundheitliche Vorbelastungen Rechtfertigungs- und Strafausschlussgründe. Seine Vermutung: „Eine Ordnungswidrigkeitsanzeige würde zwar erstattet, gegen Vorlage eines ärztlichen Attests aber sehr wahrscheinlich wieder aufgehoben worden.“
Das Forstamt schaut auch mal weg
Ähnlich verständnisvoll zeigt sich das Forstamt Tegel. Wie TRAVELBOOK auf Nachfrage erfährt, schreibt die Behörde die Verfolgung etwaiger Wildpinkler nicht allzu groß. Wenn jemand betont diskret seine Notdurft verrichte, weil er einfach nicht anders könne, dann werde auch mal weggeschaut. „Die Voraussetzung ist natürlich, dass niemand sich davon gestört fühlt“, betont der Förster.
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Dass Pinkeln im Wald verboten ist, hat auch Umweltgründe
Neben Menschen, die in absoluten Ausnahmesituationen in den Wald „machen“, gibt es bekanntlich zahlreiche Hunde. Und diesen ist das öffentliche Urinieren kaum abzutrainieren. Dass aber tierische (und menschliche) Ausscheidungen unter anderem Stickstoff, Schwefel und Kalium enthalten, bringt die Nährstoffversorgung von Pflanzen durcheinander, wenn sie immer wieder damit konfrontiert werden. Harnstoff ist giftig und zusammen mit dem enthaltenen Chlorid kann er Bäume auf die Dauer förmlich kochen.
Zusammenfassend also gilt: Solange es irgendwie geht, bitte Ihren Urin einhalten!