12. Februar 2015, 13:54 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Gerade erst haben Wissenschaftler untersucht, welche Keime in der New Yorker Subway an Griffen, Knöpfen und Sitzen zu finden sind. Das Ergebnis ist erschreckend: Sogar Spuren von Pest- und Anthrax-Erregern wurden entdeckt. Ähnlich dürfte es weltweit in öffentlichen Verkehrsmitteln aussehen. TRAVELBOOK hat mit einem deutschen Hygiene-Experten über die Ekel-Studie gesprochen.
Kennen Sie das Gefühl, wenn Sie in der überfüllten U-Bahn nach einer Haltestange greifen und deren Oberfläche unangenehm schmierig ist? Wenn Sie sich in diesem Moment ekeln, tun Sie das zurecht. Denn das, was Sie da gerade in der Hand halten, ist ein wahrer Bakterienherd.
Eine jüngst veröffentlichte Studie zur Keimbelastung in der New Yorker Subway hat noch einmal bestätigt, was längst bekannt war: Öffentliche Verkehrsmittel sind ein Umschlagplatz für Erreger aller Art. Forscher des Weill Cornell Medical College haben 17 Monate lang die Subway untersucht und Abstriche von Sitzen, Türen, Haltestangen und Handläufen aus verschiedenen Zügen genommen. Die Ergebnisse haben Sie in einer „PathoMap“ bildlich dargestellt und im Fachmagazin „Cell Systems“ veröffentlicht.
Mehr als 600 Mikrobenarten wurden bei der Auswertung im Labor entdeckt, darunter Viren, Bakterien und Pilze, einige davon krankheitserregend und sogar resistent gegen Medikamente. „Das Ausmaß der gefundenen Keime in der New Yorker U-Bahn überrascht mich überhaupt nicht“, sagt Dr. Ernst Tabori, ärztlicher Direktor des Deutschen Beratungszentrums für Hygiene in Freiburg, im Gespräch mit TRAVELBOOK. „Immerhin fahren in einer Großstadt wie New York täglich Millionen Menschen mit der U-Bahn, halten sich an den Griffen fest oder drücken auf den Türöffner. Dabei hinterlässt jeder seinen Keimabdruck und nimmt im Gegenzug einige neue Keime von seinen Vorgängern mit.“
Mit einer ähnlich hohen Keimzahl wie in New York sei auch in den Metros anderer Großstädte wie Berlin, London oder Paris zu rechnen. In der U-Bahn herrschen dem Hygiene-Experten zufolge beste Voraussetzungen, damit Keime sich schnell vermehren: „Bakterien brauchen Wärme und fühlen sich auf feuchten fettigen Flächen besonders wohl.“ Wenn jemand etwa einen Döner oder Pommes gegessen hat und dann in der U-Bahn den Griff anfasst, hinterlässt er dort Fettspuren.
Gefährlich wird es, wenn die hinterlassenen Keime krankheitserregend sind. Beim Norovirus zum Beispiel reicht schon eine geringe Zahl an Partikeln aus, um eine Infektion auszulösen, wie Dr. Ernst Tabori erklärt. Ein anderes Beispiel: Wenn eine erkältete Person in die Hand niest oder hustet und danach einen Griff in der Bahn anfasst, hinterlässt er dort auch Keime und Viren seines Nasen-Rachen-Raumes. „Der nächste, der denselben Griff kurz danach anfasst, lädt einen Teil dieser Keime auf seine Hand. Von dieser können sie an ihre Zielzellen in der eigenen Nase gelangen und eine Infektion auslösen“, sagt Tabori. Sind Keime dagegen harmlos, können auch eine Milliarde davon auf einem U-Bahngriff kleben, ohne dass sie für den Menschen gefährlich sind.
Spuren von Pest und Milzbrand
Warum die New Yorker Studie weltweit für Aufsehen sorgt, liegt an einer Entdeckung, die so überraschend wie eklig erscheint: In zwei Proben wiesen die Mikrobiologen DNA-Fragmente des Milzbranderregers nach, und drei weitere Proben enthielten Partikel der Erreger der mittelalterlichen Beulenpest. Allerdings, so betonten die Wissenschaftler schnell, sollen die Erreger nicht mehr ansteckend gewesen sein. Die New Yorker Gesundheitsbehörde warnte vor einer Panikmache und nannte die Studie laut einem Bericht der „New York Times“ „extrem fehlerhaft“ und „irreführend“.
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Die Autoren der Studie verteidigten sich und erklärten, es wäre verantwortungslos gewesen, die gefundenen Pest- und Milzbrandspuren zu verschweigen. Wie die Partikel in die U-Bahn kamen, konnte nicht geklärt werden. Wichtig ist dem deutschen Hygiene-Experten Dr. Ernst Tabori zufolge in diesem Zusammenhang die Tatsache, dass keine Erreger gefunden wurden und folglich auch keine Infektionsgefahr bestanden hat.
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Wie kann ich mich schützen?
Wegen solcher Ergebnisse nun ganz auf öffentliche Verkehrsmittel zu verzichten, sei absolut keine Lösung, warnt Tabori. Vielmehr könne jeder selbst dazu beitragen, sich und andere nicht anzustecken. „Letztlich hat es jeder Einzelne im wahrsten Sinne des Wortes selbst in der Hand. Sich und andere vor krankmachenden Keimen schützen kann man nur, in dem man sich gleich nach einer U-Bahnfahrt die Hände wäscht.“ Das gelte natürlich nicht nur für die U-Bahn, sondern generell. „Wenn man abends nach Hause kommt sind unsere Hände, salopp formuliert, wie eine Petrischale, auf der sich alles Mögliche tummelt.