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Gäste wollen ihre Ruhe haben

Dürfen Mitarbeiter das Hotelzimmer trotz „Bitte nicht stören“-Schild öffnen?

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„Bitte nicht stören“ heißt auf Englisch „Do not disturb“ – das Schild signalisiert klar: Der Gast möchte seine Ruhe haben Foto: Getty Images
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TRAVELBOOK Redaktion

7. November 2017, 13:44 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Für die eigenen vier Wände ist die Rechtslage eindeutig: Niemand darf einfach die Wohnung eines Fremden betreten, auch nicht der Vermieter. Aber wie sieht es eigentlich mit dem Hotelzimmer aus, das man für die Dauer des Aufenthalts ja gemietet hat? Darf das Zimmermädchen eintreten – auch wenn das „Bitte nicht stören“-Schild draußen hängt? Die Antwort ist nicht so einfach.

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Die Situation hat wohl jeder im Hotel schon erlebt: Man liegt noch in den Federn, steht gerade unter der Dusche oder sitzt auf der Toilette – und es klopft. Verdammt, denkt man sich, schon wieder vergessen, das „Bitte nicht stören“-Schild rauszuhängen! Mit Mühe und Not kann man das Zimmermädchen durch Rufe vielleicht noch abwimmeln – und denkt am nächsten Tag hoffentlich rechtzeitig daran, das Schild außen an die Tür zu hängen.

Privatsphäre des Gastes hoch angesehen

Nur, wie verbindlich ist das Schild eigentlich? Sind Hotelmitarbeiter tatsächlich nicht befugt, die Tür zu öffnen, wenn das Schild hängt? Gunther Träger, Pressesprecher der Steigenberger Hotels and Resorts, bejaht: „Wenn der Gast das Schild raushängt, dürfen Hotelangestellte das Zimmer in dieser Zeit nicht betreten.“ Christopher Lück vom Deutschen Hotelverband (IHA) erklärt im Gespräch mit TRAVELBOOK: „Wenn Gäste den Wunsch ‘Bitte nicht stören‘ per Türschild kund tun, dann wird sich der Hotelier daran gebunden fühlen.“ Die Hotellerie in Deutschland räume der Privatsphäre ihrer Gäste einen hohen Rang ein.

Gestützt wird diese Prämisse durch eine Entscheidung des Frankfurter Landgerichts aus dem Jahr 2009 (AZ 2-19 O 153/08), aus der hervorgeht, dass ein Hotel ein „Bitte nicht Stören“-Schild in jedem Fall respektieren muss, um die Privatsphäre des Gastes zu wahren. In dem konkreten Fall war der Beklagte ein deutscher Reiseveranstalter, Klägerin eine Frau, die über den Veranstalter einen Pauschalurlaub in einem Hotel im ägyptischen Sharm-el-Sheik gebucht hatte. Sie bewohnte dort ein Einzelzimmer.

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Auch dieses Schild an der Tür zeigt es an: Man möchte nicht gestört werden Foto: Getty Images

Als ihr daheimgebliebener Ehemann seine Frau eines Abends nicht erreichte, machte er sich Sorgen, informierte den Reiseveranstalter und bat die Hotelleitung mehrfach darum, nach ihr zu sehen. Diese schob jedoch nur einen Zettel unter der mit einem „Bitte nicht stören“-Schild versehenen Tür hindurch und öffnete aufgrund des Schildes auch am nächsten Tag das Zimmer nicht. Erst zwei Tage später öffnete das Hotel das Zimmer und fand die Frau ohnmächtig im Bett. Durch ein Nierenversagen hatte sie eine Harnvergiftung erlitten und das Bewusstsein verloren. Sie kam auf die Intensivstation und lag fünf Tage im Koma.

Fürsorgepflicht des Hotels

Das Gericht wies die Klage der Frau auf Rückerstattung des Reisepreises, Entschädigung und Schmerzensgeld jedoch ab. Es habe keine hinreichenden Anhaltspunkt für einen Notfall gegeben. „Den Reiseveranstalter treffen zwar Obhuts- und Fürsorgepflichten gegenüber dem Reisenden“, heißt es in der Urteilsbegründung. „Diese gehen jedoch nicht so weit, auf Wunsch anderer Personen, sei es auch, wie hier, der – nicht mitreisende – Ehegatte, ein mit dem Hinweis ‘Do not disturb‘ versehenes Hotelzimmer zu öffnen, ohne dass hinreichende Anhaltspunkte dafür bestehen, dass ein Notfall vorliegt.“

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Laut Gericht läge im Öffnen der Tür trotz des Schildes ein „massiver Eingriff in die Privatsphäre des Hotelgastes“, der ausdrücklich seinen Wunsch, nicht gestört zu werden, kundgetan habe. Vielmehr würde umgekehrt ein solches Verhalten einen Reisemangel begründen. Fazit: Hotelangestellte dürfen ein Zimmer mit „Bitte nicht stören“-Schild nicht öffnen, sofern der darin befindliche Gast nicht selbst – durch einen Anruf oder lautes Rufen – darum bittet.

Zimmer ist nicht Eigentum des Gastes

Dass ein Zimmer trotz „Bitte nicht nicht stören“-Schildes betreten wird – und zwar auch ohne Notfall – kommt selbst in den besten Hotels mal vor. Passieren dürfte so etwas aber eigentlich nicht, wie auch der auf Reiserecht spezialisierte Berliner Anwalt Jan Bartholl gegenüber TRAVELBOOK bestätigt. Zwar habe es noch keine Rechtsfolgen, wenn die Putzfrau trotz Schildes einmal eintrete. „Sie wohnen im Hotel schließlich nur zur Miete, das Zimmer ist nicht Ihr Eigentum.“

Aber, so rät Bartholl, wenn das wiederholt vorkomme, könne der Gast sich beim Hotel und gegebenenfalls zusätzlich beim Reiseveranstalter beschweren. „Die müssten dann dafür sorgen, dass Abhilfe geschaffen wird.“ Genauso sieht es Reiserechtler Ulf Köper aus Offenbach: „Kommt es einmal vor, ist es eine Unannehmlichkeit. Wenn es immer wieder vorkommt, dann liegt ein Mangel vor, der eine Reisepreisminderung begründet“. Schließlich handele es sich ganz klar um unbefugtes Betreten. In diesem Fall solle man sich beim Hotel und, falls vorhanden, der örtlichen Reiseleitung beschweren.

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Was, wenn niemand im Zimmer ist?

Manchmal hängen Hotelgäste das „Bitte nicht stören“-Schild auch an die Tür, wenn sie gar nicht im Zimmer sind, etwa während des Frühstücks oder wenn sie es etwa bei Kurzaufenthalten für unnötig halten, dass es gereinigt wird. Darf das Zimmermädchen dann trotzdem eintreten? Hier teilen sich die Meinungen. Gunter Träger von den Steigenberger Hotels und Resorts sagt: „Auch während der Abwesenheit eines Gastes darf kein Hotelangestellter das Zimmer betreten, wenn das Schild außen an der Tür hängt.“

Reiserechtsanwalt Ulf Küper hält dagegen: „Wenn der Gast nicht drin ist, kann das Housekeeping nach mehrmaligem Anklopfen schon reingehen.“ IHA-Sprecher Christopher Lück rät: „Alle speziellen Wünsche sollten direkt mit der Rezeption, beziehungsweise dem Hotel abgesprochen werden.“ Wenn Sie also nicht wollen, dass jemand Ihr Zimmer betritt, während Sie nicht da sind, kommunizieren Sie das einfach. Das Zimmermädchen bekommt dann von der Hotelleitung Bescheid – und wird Ihre Tür bestenfalls nicht anrühren.

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