24. April 2020, 12:18 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Viele Verbraucher ärgern sich, weil sie noch immer auf ihr Geld für ausgefallene Flüge und Pauschalreisen warten. Und wie es mit Buchungen aussieht, die in der Zukunft liegen, ist ebenfalls noch völlig unklar. Dabei muss man sich längst nicht alles vonseiten der Airlines und Reiseanbieter gefallen lassen. TRAVELBOOK fragte bei einem Anwalt für Reiserecht nach.
Viele Reiseveranstalter und Fluggesellschaften tun derzeit alles, um Kunden kein Geld für bereits gebuchte Flüge oder Reisen zurückzahlen zu müssen. Das ist aus Sicht der Unternehmen durchaus nachvollziehbar, denn wenn ihnen die Liquidität fehlt, droht ihnen schlimmstenfalls eine Insolvenz.
Andererseits haben die Kunden zum Teil sehr viel Geld für Flüge oder Pauschalreisen gezahlt, und nicht jeder ist bereit, einen Gutschein zu akzeptieren– zumal gar nicht klar ist, ob Reisen nicht nächstes Jahr deutlich teurer sein werden oder der Anbieter bis dahin nicht tatsächlich pleite ist.
Ob man einen Voucher akzeptiert oder nicht, muss jeder für sich selbst entscheiden – niemand ist dazu verpflichtet. Nicht aber akzeptieren sollten Sie, wenn man versucht, Ihr Geld unrechtmäßig einzubehalten. Rechtsanwalt Jan Bartholl, der sich auf Reiserecht spezialisiert hat, erklärt auf TRAVELBOOK-Nachfrage, wie man sich vor bestimmten Szenarien schützen kann.
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Szenario 1: Flug findet statt, aber im Zielland ist Urlaub nicht möglich
Angenommen Sie haben einen Flug oder eine Pauschalreise nach Mallorca im Juni 2020 gebucht. Allerdings wird Spanien aller Voraussicht nach im Juni noch keine ausländischen Touristen ins Land lassen oder wenn überhaupt, dann nur unter erheblichen Einschränkungen. Findet Ihr Flug aber dennoch statt und die Airline oder der Reiseanbieter stornieren Ihre Buchung nicht von sich aus, haben Sie dennoch den vollen Anspruch auf Rückerstattung des Reisepreises, erklärt Rechtsexperte Bartholl. „Das ist deshalb so, weil in diesem Fall der Zweck der Reise vereitelt oder erheblich erschwert ist. Es liegt eine sogenannte „objektive Unmöglichkeit“ vor, da die Leistung nicht erbracht werden kann. Dadurch fällt die Geschäftsgrundlage weg.“
Szenario 2: Nur der Hinflug wird storniert, der Rückflug aber nicht
Ein weiterer Trick mancher Airlines ist laut Bartholl, dass sie jeden einzelnen Flugabschnitt als einen Flug betrachten. „Angenommen Sie haben einen Hin- und Rückflug nach Mallorca gebucht. Die Airline teilt Ihnen mit, dass der Hinflug stattfindet, der Rückflug aber storniert ist und will Ihnen das Geld nur für den stornierten Rückflug zurückerstatten. Dann ist das Quatsch, denn laut Gesetz handelt es sich um eine Gesamtbuchung, und in diesem Fall bekommt man den kompletten Reisepreis zurück.“
Um eine Gesamtbuchung handelt es sich auch, wenn Sie mit einem Zubringerflug reisen, also beispielsweise von Frankfurt über New York nach Los Angeles fliegen wollen. Fällt der Zubringerflug nach New York aus, der Weiterflug von New York nach LA findet aber statt, sollten Sie sich nicht darauf einlassen, dass die Airline Ihnen nur die anteilsmäßige Erstattung für den Zubringerflug anbietet. „Es handelt sich um eine Flugbuchung, und die komplette Flugbuchung muss erstattet werden“, so Bartholl.
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Wie Sie Ihr Geld zurückbekommen
Wer keinen Gutschein akzeptieren möchte oder aufgrund der oben genannten Szenarien Anspruch auf Rückerstattung des Geldes hat, sollte bestenfalls ein Einschreiben an die offizielle Firmenadresse der Airline/des Reiseanbieters senden, so ist man auf jeden Fall auf der sicheren Seite. Bei manchen Airlines reicht auch eine E-Mail oder man kann die Erstattung direkt über die Webseite beantragen. Mehr dazu erfahren Sie hier.
Auf keinen Fall sollten Sie derzeit Flüge oder Pauschalreisen von sich aus stornieren, rät Rechtsanwalt Bartholl. Denn dann bleibe man mit Sicherheit auf den Kosten sitzen.