4. September 2018, 12:50 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Drei Stunden Verspätung: Eine solche ärgerliche Verzögerung kennen sowohl Vielflieger als auch Berufspendler zur Genüge. Doch auch wenn der Frust der gleiche ist – bei der Höhe der Entschädigung sieht es ganz anders aus. So bekommen Kunden der Deutschen Bahn maximal 50 Prozent ihres Fahrpreises erstattet, wohingegen bei einem Flug unabhängig vom Ticketpreis auch 250 Euro möglich sind. Wieso gibt es so große Unterschiede? TRAVELBOOK hat sich das genau angesehen.
Flugverspätungen können sehr lukrativ sein – zumindest dann, wenn man eine Entschädigung erhält. Es gibt mittlerweile ganze Firmen, die für Fluggäste die Entschädigung einklagen, natürlich mit ordentlicher Beteiligung. Kein Wunder, denn schließlich werden hier oft mehrere hundert Euro fällig. Von solchen Summen können leidgeplagte Bahnreisende nur träumen – hier wird grundsätzlich maximal die Hälfte des Fahrtpreises zurückgezahlt.
Hier einmal ein Vergleich anhand eines Beispiels: Peter bucht einen FLUG für 40 Euro von Berlin nach München, der dort mit einer Verspätung von 4 Stunden eintrifft. Paul bucht einen ZUG für 40 Euro von Berlin nach München, der dort ebenfalls mit 4 Stunden Verspätung ankommt. Peter erhält im Anschluss als Entschädigung für seinen Flug 250 Euro, Paul hingegen nur 20 Euro. Eine Differenz von 230 Euro – ist das rechtlich korrekt?
Unterschiede bei der Höhe und der Häufigkeit der Entschädigung
Die Antwort: Ja, ist es. Sowohl die Fahrpreiserstattung von Flugreisenden als auch von Bahnreisenden sind EU-weit festgelegt. Standard ist bei der Bahn, dass ab einer Verspätung von 60 Minuten 25 Prozent des Fahrpreises gezahlt wird, ab einer Verspätung von zwei Stunden 50 Prozent. Bei Flügen gibt es ab einer Verspätung von drei Stunden mindestens 250 Euro Entschädigung (bei einer Distanz bis zu 1500 Kilometern) bis zu maximal 600 Euro (bei über 3500 Kilometern).
Das hört sich zunächst ziemlich unfair an, allerdings gibt es auch Unterschiede, wie Reiserechtsanwalt Kay P. Rodegra TRAVELBOOK erklärt: „Die Ausgleichszahlung bei einer Flugverspätung bekommt der Passagier aber nicht, wenn sich die Airline auf einen sogenannten außergewöhnlichen Umstand berufen kann. Das heißt zum Beispiel auf schlechtes Wetter, Fluglotsenstreik oder Terrorwarnung. Die Bahn kann sich nicht auf einen solchen außergewöhnlichen Umstand berufen, ganz egal, was der Grund ist.“
Diese Regelung ist auch bei Ausfällen relevant. Grundsätzlich ist es zwar sowohl bei der Deutschen Bahn als auch im Flugverkehr so, dass der Fahrgast sich bei einem Ausfall den kompletten Ticketpreis erstatten lassen kann oder auf einen anderen Zug/Flug umsteigen darf. Aber auch diese Regelung gilt im Flugverkehr nicht, wenn der Flug wegen außergewöhnlicher Umstände annulliert wurde.
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Warum gibt es so große Abweichungen?
Warum es diese unterschiedlichen EU-Vorgaben gibt, können sich weder Experten noch die Deutsche Bahn erklären. Heinz Klewe, Geschäftsführer der Schlichtungsstelle für den öffentlichen Personenverkehr, sagt zu TRAVELBOOK: „Letztendlich beruhen die Regelungen auf politischen Entscheidungen, welche die unterschiedlichen Bedingungen der Verkehrsarten zu berücksichtigen versuchen. Den Reisenden wird es damit aber wahrlich nicht leicht gemacht, ihre Rechte zu kennen, geschweige denn sie zu verstehen.“ Deswegen würde es sich anbieten, die Fahrgastrechte anzugleichen. Doch das werde laut Klewe wenn überhaupt in kleinen Schritten geschehen.
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Das heißt: Auch in Zukunft müssen sich Reisende mit unterschiedlichen Fahragastrechten und Entschädigungen herumschlagen.