3. Oktober 2018, 12:46 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Die europäischen Airlines hatten im vergangenen Sommer große Probleme mit verspäteten oder gestrichenen Flügen und auch in diesem Jahr geht nicht alles glatt. Zwar lässt sich die Situation für die Urlauber meist nicht ändern. Doch haben Passagieren einige Rechte, die sie bei der Fluggesellschaft geltend machen sollten, um wenigstens finanziell entschädigt zu werden. Wie viel Geld einem wann zusteht, und was man besser vermeiden sollte, erklären Experten.
Delayed und cancelled, verspätet und gestrichen: Es sind die zwei Wörter auf der Anzeigetafel am Airport, die kein Flugreisender neben seiner Flugnummer aufleuchten sehen will. Denn eine Verspätung oder gar ein Ausfall bedeutet immer Stress und Ärger. Sei es, dass man dadurch auch den Anschlussflieger verpasst, am geplanten Familienfest nicht teilnehmen kann oder ggf. auch noch in einer fremden Stadt am Flughafen übernachten muss.
Dass bei Fällen wie diesen Passagieren Entschädigungszahlungen zustehen, mag man vielleicht schon oft gehört haben, doch fordern diese viele nicht ein. Meist ist man schlichtweg froh, am Ziel angekommen zu sein – und lässt sich dann mitunter Hunderte Euro einfach entgehen.
Wer seine Rechte als Flugpassagier kennt, kann seine Ansprüche bei der Airline geltend machen. Entsprechende Services, Infos und Tipps bieten zum Beispiel Webseiten wie flightright.de, refund.me, euclaim.de und claimflights.de.
TRAVELBOOK erklärt, welche Punkte Sie bei Flugverspätungen und -ausfällen abwägen und berücksichtigen müssen!
Handelt es sich um eine Pauschalreise?
Bei einer Pauschalreise ist der Veranstalter in der Pflicht, die Rechte sind hier umfassender. Bei Flugverspätungen kann unter Umständen eine Reise schon mal deutlich verkürzt werden. Möglich ist dann eine nachträgliche Minderung des Reisepreises. Fällt eine Pauschalreise wegen eines ausgefallenen Fluges kurzfristig ins Wasser, können Urlauber zudem Schadenersatz wegen entgangener Urlaubsfreude fordern – wenn keine Alternative gefunden werden kann.
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Flug wird bis zu 14 Tage vor Abflug annulliert oder verschoben:
Bei einzelnen Flugbuchungen ohne Pauschalreise ist die Lage etwas anders. Wenn die Airline bis 14 Tage vor Reisebeginn über eine Annullierung oder Verschiebung des Flugs um fünf Stunden oder mehr informiert, kann der Passagier entscheiden: Akzeptiert er einen Ersatzflug oder tritt er vom Vertrag zurück? „Wenn ich zurücktrete, bekomme ich das Geld für das Ticket zurück“, sagt Juristin Fischer-Volk von der Verbraucherzentrale.
Der Flug hat Verspätung oder wird kurzfristig annulliert:
Bei kurzfristigen Annullierungen und großen Flugzeitänderungen, die rein rechtlich als Nichtbeförderung gelten, steht dem Passagier eine Entschädigung nach der EU-Fluggastrechteverordnung zu. Je nach Flugdistanz sind das 250 Euro (Kurzstrecke, bis 1500 Kilometer), 400 Euro (Mittelstrecke, 1500 bis 3500 Kilometer) oder 600 Euro (Langstrecke, mehr als 3500 Kilometer).
Nicht zahlen muss die Airline, wenn sie größere Änderungen bei den Flugzeiten mindestens 14 Tage im Voraus angekündigt hat. Zudem entfällt der Anspruch auch, wenn außergewöhnliche Umstände zu einem Flugausfall führen, zum Beispiel eine Flughafensperrung.
Achtung: Hier lauern Fallen!
- Sie müssen in jedem Fall vor Ort einchecken um Anspruch auf eine Entschädigung zu haben. Das heißt: Selbst wenn Sie wissen, dass Ihr Flug mindestens fünf Stunden verspätet ist, müssen Sie pünktlich zum Check-In am Flughafen sein.
- Die Entschädigung steht IHNEN zu – auch wenn es sich um eine Geschäftsreise handelt und Ihr Arbeitgeber die Reise bezahlt hat. „Hier sagt das EU-Fluggastrecht ganz klar: Entschädigungsberechtigt ist immer der Passagier – egal, wer das Ticket bezahlt hat, was es gekostet hat oder ob es sich um eine Geschäfts-, Privat- oder Pauschalreise handelt”, sagte Oskar de Felice, Fluggastrechtsexperte bei Flightright, zu TRAVELBOOK.
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So beschweren sich Passagiere richtig
Wer Ansprüche an die Airline stellen will, sollte zunächst den Grund für die Verspätung erfragen. So weist Dr. Mirko Ulbrich von claimflights darauf hin, dass zum Beispiel ein medizinischer Notfall höhere Gewalt darstelle und Passagiere es in diesem Fall gar nicht erst versuchen müssten. Grundsätzlich gilt aber: Bordkarte aufheben und eventuell mit weiteren Zeugen seine Rechte einfordern.
So bieten die oben genannten Webseiten Musterschreiben an, die man nur noch mit seinen persönlichen Daten ausfüllt und an die Fluggesellschaft schickt. Bevor man sich jedoch einfach einen Forderungsbetrag ausdenkt, sollte man sich genau über die Höhe, die einem möglicherweise zustehen kann, informieren. Entsprechende Rechner bieten die darauf spezialisierten Webseiten flightright.de, refund.me und euclaim.de und claimflights.de ebenfalls an.
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Oskar de Felice empfiehlt, alle Belege für alternative Ausgaben wie Flüge oder auch notwendige Hotels unbedingt aufzuheben. Fischer-Volk rät außerdem, immer die 24-Stunden-Notfall-Nummer des Veranstalters dabei zu haben. „Wenn der Anruf nicht durchgeht, gleich eine Mail schreiben“, rät sie. So kann sich der Veranstalter hinterher nicht herausreden, er habe nichts gewusst.
Sollte man nach zwei bis drei Wochen noch keine Antwort auf sein Schreiben erhalten haben, empfiehlt Ulbrich, einen Anwalt oder einen Service zu beauftragen, der sich auf Fluggastrechte spezialisiert hat.