17. September 2024, 7:48 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die aktuelle Lage in Europa ist verheerend. Menschen sehen sich mit dem Verlust ihrer Lebensgrundlage konfrontiert, ganze Regionen sind durch die Wassermassen zerstört worden. Die Überschwemmungen haben gleich mehrere Länder in Mitleidenschaft gezogen – und auch der Tourismus ist betroffen.
In Teilen Polens, Tschechiens und Österreichs herrschen aufgrund des Hochwassers erschütternde Zustände. Angesichts der Bilder von überschwemmten Straßen und Ortschaften dürfte der Gedanke an Reisen in die betroffenen Regionen Mittel- und Osteuropas momentan in den Hintergrund rücken. Auch der Tourismussektor spürt die Auswirkungen deutlich: Auf vielen Bahnstrecken verkehren derzeit keine Züge, und Flusskreuzfahrtschiffe können ihre Routen nicht fortsetzen. Doch was passiert, wenn man einen Urlaub in Städten wie Wien oder Prag geplant hat? TRAVELBOOK klärt auf, welches Reiserecht bei Hochwasser gilt.
Übersicht
Zunächst gilt: Befindet man sich bereits vor Ort und kann vereinbarte Leistungen, wie etwa Besichtigungstouren, aufgrund der Umstände nicht wahrnehmen, könnten Minderungsansprüche auf den Reisepreis entstehen – man hätte also unter Umständen Anspruch auf eine anteilige Erstattung. Dies könnte insbesondere Gäste von Flusskreuzfahrtschiffen betreffen, die laut Medienberichten auf der Donau in Wien feststecken und ihre geplante Route nicht fortsetzen können.
Das gilt bei Hochwasser für Bahngäste
Und was passiert, wenn die Bahn nicht fährt? In Österreich sind beispielsweise viele Zugverbindungen unterbrochen. Die Österreichischen Bundesbahnen (ÖBB) haben in einer „dringenden Reisewarnung“ am Sonntag ihre Kunden gebeten, nicht zwingend notwendige Reisen zu vermeiden – diese Warnung gilt derzeit bis einschließlich Donnerstagabend, den 19.09. Die Zugbindung für alle nationalen, internationalen und Nachtzugtickets wurde aufgehoben, teilten die ÖBB mit. Die Tickets sind nun bis zum 22.09. gültig. Fahrkarten für betroffene Verbindungen können zudem erstattet werden.
Wichtig zu wissen in dem Zusammenhang: Bahnreisende haben EU-weit Fahrgastrechte – unter anderem auf Hotelübernachtungen auf Kosten des Bahnunternehmens, wenn es keine Möglichkeit gibt, weiterzureisen, schreibt das Europäische Verbraucherzentrum (EVZ). In Fällen von höherer Gewalt, zu denen auch das Hochwasser zählen dürfte, kann laut Reiserecht die Übernahme der Kosten allerdings auf drei Nächte begrenzt sein.
Laut EU-Recht sind Umbuchungen und Ticketerstattungen bei absehbaren, größeren Verspätungen und Zugausfällen möglich. Allerdings stehen die Chancen auf zusätzliche Entschädigungen im Fall von Hochwassern eher schlecht. Bei höherer Gewalt kann das Bahnunternehmen solche Ansprüche seitens der Fahrgäste ablehnen.
Veranstalter nach Informationen zum Reiserecht bei Hochwasser fragen
Und was ist mit bevorstehenden Reisen in die betroffenen Regionen? Pauschalreisenden empfiehlt der Reiserechtsexperte Paul Degott aus Hannover, sich an den Reiseveranstalter zu wenden, um Informationen über den geplanten Ablauf der Städtetour und mögliche Risiken von Absagen einzuholen – insbesondere angesichts der Hochwasserlage.
Sollte vor Reisebeginn, etwa durch TV-Nachrichten, klar werden, dass geplante Aktivitäten voraussichtlich nicht stattfinden können und der Veranstalter dies auf Nachfrage nicht garantieren kann, wäre ein kostenloser Rücktritt von der Reise möglich, so Degott. In solchen Fällen spricht das Reiserecht von unvermeidbaren, außergewöhnlichen Umständen, die die Durchführung der Pauschalreise erheblich beeinträchtigen. Oftmals sagen Reiseveranstalter in solchen Situationen die Reise auch von sich aus ab.
Für Individualreisende gestaltet sich die Situation schwieriger. Ohne flexible Stornierungsoptionen müssten sie sich im Zweifel direkt mit dem Hotel oder dem Vermieter der Ferienunterkunft vor Ort auseinandersetzen.
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Nicht vorschnell stornieren
Was gebuchte Städtereisen oder Flusskreuzfahrten im mittelfristigen Zeitraum angeht, sollte man nicht vorschnell davon zurücktreten – sonst drohen Stornokosten. „Die Rücktrittsgründe muss der Reisende darlegen und beweisen können“, so Degott.
Reist man zum Beispiel erst in vier Wochen, könnte es sein, dass dann alle Aktivitäten wieder möglich sind. Auch hier gilt dem Anwalt für Reiserecht zufolge: „Den Reiseveranstalter in die Pflicht nehmen und zeitnah und fortlaufend Informationen dazu abfragen, ob die geplante Reise durchgeführt wird und wenn ja, zum gebuchten Inhalt oder mit Modifikationen.“
Dabei gilt: Reisepreisminderung ja, aber weitere Entschädigungen eher nein. „Schadenersatzansprüche wegen nutzlos aufgewendeter Urlaubszeit fallen nicht an, weil das Verschulden des Veranstalters fehlt“, stellt Degott klar.
Mit Material von dpa