23. Dezember 2015, 16:30 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Eigentlich schätzen die meisten am Fliegen die Tatsache, dass es schneller ist als Zug, Bus, Auto oder das Schiff. Dass Flüge sich verspäten, kommt regelmäßig vor. Am Airport bieten sich dann oft genug Möglichkeiten, die Zeit zu überbrücken. Richtig schlimm wird es aber, wenn man bereits im Flugzeug sitzt und man mitunter Stunden darauf wartet, bis es endlich abhebt. Aber darf eine Airline ihre Passagiere einfach im Flieger sitzen lassen? Und wird den Wartenden eine Entschädigung gezahlt? TRAVELBOOK hat bei einem Reiserechtsexperten nachgefragt.
Eng, meist voll und ohne Möglichkeit, ein Fenster zu öffnen: Das Flugzeug ist, zumindest in der Economy Class, kein Ort, an dem Passagiere unbedingt mehr Zeit verbringen wollen, als unbedingt für die Reise notwendig ist. Dennoch kommt es immer wieder vor, dass Passagiere nach dem Einstieg erst mal im Flugzeug warten müssen.
Und manchmal sind es nicht nur ein paar Minuten, bis der Flieger abhebt, sondern Stunden. Problem dabei: Obwohl man sich noch nicht in der Luft befindet, verbietet die Besatzung den Fluggästen das Verlassen des Flugzeugs. Doch ist das überhaupt erlaubt? Und können Passagiere dafür eine Entschädigung einfordern? TRAVELBOOK sprach mit Dr. Stefan Schatz, Rechtsanwalt für Reise- und Urlaubsrecht in Trier.
TRAVELBOOK: Wie lange darf eine Crew die Passagiere in der sich am Boden befindenden Maschine eigentlich „festhalten“?
Dr. Stefan Schatz: „Grundsätzlich ist der Pilot für die sichere Beförderung der Passagiere und der Maschine verantwortlich – eine Regel, die in der Luft-Verordnung (Luft-VO) steht. Dies erfordert die Weisungsunterworfenheit aller an Bord befindlichen Personen mit Blick auf die Anordnungen des Piloten. Gemäß § 2 Abs. 2 LuftVO gilt das während des Fluges und am Boden. Heißt: Die Passagiere müssen auf die Anweisungen des Piloten bzw. der Besatzung hören – am Boden und in der Luft. Beinhaltet das, in der Maschine zu warten, müssen die Passagiere auch das hinnehmen.“
Haben Fluggäste das Recht, einfach auszusteigen? Oder können sie einfordern, an die frische Luft gehen zu dürfen?
„Ein Aussteigen aus einem betretenen Flugzeug ist nicht ohne Weiteres möglich. Dadurch, dass man ein Flugzeug betritt, unterliegt man den Weisungen des Piloten und der Crew. Um die Kabine des Flugzeugs zu verlassen, bedarf es eines triftigen Grundes. Ein solcher Grund besteht beispielsweise bei einem medizinischen Notfall.“
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»Rate ausdrücklich davon ab, eine Notsituation vorzutäuschen
Welche Konsequenzen drohen, wenn jemand eine solche Notsituation vortäuscht?
„Ich rate jedem Fluggast ausdrücklich davon ab, eine Notsituation vorzutäuschen, um aus der Maschine zu kommen. Ein solches Vortäuschen einer Notsituation könnte zu einer Schadensersatzklage der Fluggesellschaft führen, sowie zu einer Pflicht für die Kostenübernahme des medizinischen Einsatzes.“
Haben die Passagiere Anrecht auf Entschädigung?
„Ein finanzieller Ausgleich steht dem Fluggast dann zu, wenn das Endziel nicht früher als drei Stunden nach der von dem Luftfahrtunternehmen geplanten Ankunftszeit erreicht wird. Dies gilt jedoch nicht, wenn die Fluggesellschaft nachweist, dass die große Verspätung auf außergewöhnliche Umstände zurückzuführen ist. Schlechte Wetterbedingungen stellen höhere Gewalt dar und gelten somit als außergewöhnlicher Umstand. Eine Entschädigung steht den Passagieren in diesem Fall nicht zu.“