16. Juli 2024, 13:08 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Immer mehr Betrüger wenden den sogenannten „Spiegeltrick“ an, um an Bargeld zu gelangen. Erst kürzlich wurde ein Ehepaar aus Graz in ihrem Italienurlaub um fast 600 Euro erleichtert. Was sich hinter der Betrugsmasche verbirgt, und warum es jeden treffen könnte – TRAVELBOOK hat alle Infos.
Die Sommer-Saison ist im vollen Gange und das bedeutet auch, dass sich derzeit zahlreiche Urlauber in Italien, Griechenland und anderen beliebten Reisezielen befinden. Und egal ob mit dem eigenen Auto oder Mietwagen: Viele davon werden auf den Straßen im Ausland unterwegs sein. In Italien sollten Autofahrer nun vermehrt Vorsicht walten lassen: Denn es kommt zu immer mehr Betrugsversuchen durch den sogenannten „Spiegeltrick“.
Immer mehr Opfer vom „Spiegeltrick“
Ein Ehepaar aus Graz musste dies kürzlich am eigenen Leib erfahren – und machte seinen Fall publik, um andere zu warnen. Wie „Heute.at“ berichtet, waren Franz S. und seine Frau am helllichten Tage auf der Autobahn nahe Florenz unterwegs. Als sie einen weißen BMW überholten, hätte es einen Schlag gegeben. Daraufhin sei der Wagen an den Österreichern vorbeigezogen und der Fahrer hätte auf seinen kaputten Seitenspiegel gedeutet – und das Paar auf einen Rastplatz gelotst.
Wie Franz S. gegenüber „Heute.at“ berichtet, habe der BMW-Fahrer dort darauf hingewiesen, dass die Österreicher seinen Spiegel touchiert hätten. Ein vermeintlicher Kratzer im Wagen des Paares sollte dies bezeugen. Auf seinem Handy habe er ihnen ein Ersatzmodell gezeigt, welches bei Ebay rund 800 Euro kosten sollte. Laut Berichten schlug der BMW-Fahrer vor, sich ohne Versicherung (und Polizei) direkt vor Ort zu einigen – woraufhin das Paar ihm sein gesamtes Bargeld aushändigte: rund 560 Euro. Dieses Vorgehen ist bei Weitem kein Einzelfall mehr.
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Betrügerisches Vorgehen in Touristenregionen
Bei dem „Spiegeltrick“ handelt es sich um ein betrügerisches Vorgehen, welches bereits seit mehreren Jahren auf italienischen Straßen in Touristenregionen grassiert. Das mussten den Berichten zufolge aus Franz S. und seine Frau feststellen, als sie die Aufnahmen ihrer Dashcam sichteten – einer Kamera, die an Bord ihres Fahrzeugs verbaut ist und die vermeintliche Unfallszene aufzeichnete. Darauf sei dann klar zu erkennen gewesen, dass der Seitenspiegel des BMW bereits kaputt war – und der Fahrer bei heruntergelassenem Fenster nach potenziellen Opfern Ausschau hielt.
Gerade jetzt zur Sommersaison sollten Urlauber vorsichtig sein, denn die Berichte von Betroffenen nehmen derzeit stark zu. So berichtete etwa die „Kleine Zeitung“ von Urlaubern, die eine ähnliche Erfahrung Anfang Juli machten. Vor allem in den beliebten Reisezielen an der Oberen Adria häufen sich die Betrugsfälle. Aber auch am Gardasee wurden bereits einige solcher Vorfälle dokumentiert.
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Wie der „Spiegeltrick“ funktioniert – und wie Sie sich schützen
Laut ÖAMTC, dem österreichischen Pendant zum ADAC, werfen die Trickbetrüger beim Vorbeifahren einen Gegenstand gegen das Auto ihrer Opfer, z. B. einen Stein, um einen Knall zu erzeugen. Daraufhin verfolgen die Täter das Auto der Urlauber, überholen es und versuchen, den Fahrer zum Anhalten zu zwingen. Haben sie damit Erfolg, geht meist alles ganz schnell – mit Spezialkreide wird ein angeblicher Kratzer auf den Wagen des vermeintlichen Unfallverursachers gemalt. Doch spätestens beim Regen verschwindet diese „Schramme“ wieder.
„Diese Täter sind sehr gut organisiert und wirklich raffiniert. Alles war sehr glaubwürdig und ging ganz schnell“, sagte Franz S. gegenüber „Heute.at“. Laut Reiserechtsexperte Jan Bartholl seien die Tricks krimineller Betrüger zwar vielschichtig, das dahinterliegende System jedoch immer gleich. „Die Betrüger nutzen einen Schockmoment aus und setzen ihre Opfer unter zeitlichen Druck, um sie zu unüberlegten Handlungen zu drängen“, bestätigte Bartholl auf Anfrage von TRAVELBOOK. Er rät dazu, bei jedem (vermeintlichen) Unfall im Ausland Ruhe zu bewahren. Zudem sollten Betroffene die Polizei informieren und sich bis zu deren Eintreffen in keinerlei Gespräch verwickeln lassen – und weder Bargeld noch Wertgegenstände an Dritte vor Ort übergeben.
Auch der ÖAMTC rät zu diesem Vorgehen – denn meist ergreifen die Täter von selbst die Flucht, sobald mit dem Hinzuziehen der Polizei „gedroht“ wird. Noch einfacher: Die Fahrt einfach ohne Unterbrechung fortsetzen und sich nicht beirren lassen, sofern keine Auffälligkeiten am eigenen Wagen zu bemerken sind. Und auch wenn wenig Aussicht auf Erfolg bestünde, überlegten Franz S. und seine Frau laut „Heute.at“, bei ihrem nächsten Aufenthalt in Italien doch noch Anzeige gegen den BMW-Fahrer zu erstatten.