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Experte zur Thomas-Cook-Pleite

„Die Pauschalreise wird überleben“

Thomas Cook
Nach der Thomas-Cook-Pleite: Urlauber und Anbieter sind verunsichert Foto: Getty Images
Morgane Llanque

4. Oktober 2019, 15:41 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten

Welche Folgen wird die Insolvenz von Thomas Cook für deutsche Urlauber haben? TRAVELBOOK hat darüber mit einem Experten gesprochen – und erklärt auch, was die Pleite für den weltweiten Reisemarkt bedeutet.

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TRAVELBOOK: Herr Schmude, welche Regionen sind besonders von der Pleite der Thomas-Cook-Gruppe betroffen?

Prof. Dr. Schmude: „Wir sprechen da vom sogenannten Pauschalreise-Gürtel, der sich vom gesamten Mittelmeerraum bis zur nordafrikanischen Küste erstreckt – alle Länder, die in diesem Gürtel liegen, sind sehr stark betroffen. Das fängt in Portugal an und geht über Spanien, Italien und Griechenland bis hin zur Türkei. Diese Länder werden auch in den kommenden Monaten betroffen sein, da dort viele Touristen unserem klimatischen Winter entfliehen wollen.“

Wo ist außerhalb von Spanien und der Türkei mit Massenschließungen von Hotels zu rechnen? Wie werden diese Hotels entschädigt? 

„Ich würde nicht unbedingt mit der weiteren Schließung von Hotels rechnen. Die Lücke, die Thomas Cook hinterlässt, wird die Konkurrenz schnell schließen. Das heißt, ein spanischer Hotelier wird sich jetzt nach einem anderen Anbieter umsehen, der die freigewordenen Kontingente übernehmen kann. Was die Entschädigungen angeht, kann man keine pauschalen Aussagen machen. Das Insolvenzrecht ist in jedem Land ein bisschen anders, und ob die Hotels dann etwas aus der Insolvenzmasse bekommen, die der Insolvenzverwalter festlegt, ist jetzt noch nicht genau abzusehen.“

Sind noch andere große deutsche Reiseanbieter wie Tui von finanziellen Problem bedroht?

„Ich gehe nicht davon aus, dass die Tui bedroht ist. Die sind ganz anders aufgestellt als Thomas Cook. Thomas Cook hat halt auch einige Trends verschlafen. Tui hat zum Beispiel eigene Hotels, während Thomas Cook immer mit Kontingenten gearbeitet hat. Auch im Kreuzfahrttourismus ist Tui viel besser aufgestellt. Die Tui kann jetzt sogar sehr stark profitieren, wenn sie Marktanteile von Thomas Cook gewinnen kann.“

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Ist das Vertrauen von Kunden und Hotels in große Reiseanbieter jetzt nicht geschwächt?

„Bei den Kunden kann man, glaube ich, relativ beruhigt sein. Touristen haben ein kurzes Gedächtnis. Die Pleite spielt in einem halben Jahr keine Rolle mehr bei der Buchung, wenn es da keine weiteren dramatischen Entwicklungen gibt – wovon ich nicht ausgehe. Dass sich von den Leistungsträgern, sprich den Hotels, der eine oder andere überlegt, ob das so sinnvoll ist, mit Reiseveranstaltern zu kooperieren, kann ich mir durchaus vorstellen.“

Welche Faktoren waren für das Aus von Thomas Cook ausschlaggebend?

„Der Brexit hat schon einen erheblichen Einfluss gehabt. Für die Briten ist Resteuropa durch den schlechten Wechselkurs sehr teuer geworden. Und entsprechend sind die Buchungszahlen nicht so berauschend gewesen. Das war aber nicht allein der ausschlaggebende Grund. Rein kaufmännisch gesehen würde ich sagen, sie haben einfach zu billig verkauft und pro Reise zu wenig Erlös erzielt. Dann hatten sie Probleme durch die politische Situation in der Türkei, haben wie gesagt Trends verschlafen und hatten ein finanzielles Missmanagement.“

Sie haben gesagt, dass die Pauschalreise mit Reiseveranstaltern weiterhin eine große Rolle im deutschen Markt spielen wird. Würden Sie sagen, dass das ein speziell deutsches Phänomen ist?

„In Frankreich zum Beispiel ist der Pauschalreise-Anteil sehr viel kleiner. Die Franzosen verbringen ihren Urlaub zu 80 Prozent im eigenen Land, da braucht man keinen Reiseveranstalter. In Deutschland dagegen verlassen zwei Drittel der Reisenden ihr Land für den Urlaub: Insbesondere die sogenannten Warmwasser-Länder sind bei den Deutschen sehr beliebt, und dann ist es auch einfach eine gewisse Bequemlichkeit. Außerdem, sofern der Reiseveranstalter eben nicht pleite geht, bietet diese Reiseform auch eine gewisse Sicherheit, dass alles klappt. Daher ist der Pauschalurlaub so wichtig in Deutschland, und man schon kann sagen, dass das vor allem ein deutsches und britisches Phänomen ist.“

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Inwieweit wirkt sich die Thomas-Cook-Pleite auf die deutsche Reiseindustrie aus?

„Die anderen Reiseanbieter werden jetzt versuchen, so schnell es geht diesen frei gewordenen Marktanteil für sich zu gewinnen. Ich glaube aber nicht, dass die Pauschalreise als Urlaubsform langfristig gefährdet ist. In Deutschland sind 40 Prozent aller gebuchten Reisen Pauschalreisen. Die Pauschalreise ist schon hundert mal tot gesagt worden, sie hat aber auch schon hundert mal überlebt. Und ich denke, dass sie auch weiterhin überleben wird.“

Themen Deutschland
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