28. August 2020, 5:31 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Sie wollen in den Urlaub fahren, aber nicht alleine, doch es gibt niemanden, der Sie begleiten könnte, und eine klassische Gruppenreise kommt auch nicht infrage? Dann verabreden Sie sich doch mit fremden Menschen zu einem gemeinsamen Trip! Klingt skurril, ist aber ein Geschäftsmodell. TRAVELBOOK hat sich diese „neue“ Art zu reisen genauer angeschaut.
Immer mehr Menschen entscheiden sich dafür, ohne Begleitung zu verreisen. Ob nun ein Surf- oder Yogatrip, eine Rundreise durch Asien oder Südamerika oder direkt um die ganze Welt – alleine loszuziehen lag vor der Corona-Pandemie im Trend. Dennoch können sich auch Alleinreisende oft nach wenigen Tagen nach Gesellschaft sehnen. Ehemals Fremde, kennengelernt im Hotel, Hostel oder bei gemeinsamen Aktivitäten, werden dann schnell zu Freunden – teilweise auf Zeit, teilweise für ein ganzes Leben. Doch einfach losziehen und unterwegs jemanden finden, liegt längst nicht jedem.
„Wenn du nur zwei Wochen Urlaub hast, willst du nicht vier Tage vor Ort nach der passenden Begleitung suchen. Oder du hast spezifische Pläne, willst beispielsweise einen Segeltrip machen. Da kannst du nicht erst im Hafen nach den passenden Mitreisenden Ausschau halten“, weiß auch Niels Müller-Wickop. Deswegen gründete er Ende 2017 mit seinem Partner Valentin Funk das Start-up „JoinmyTrip“, eine Plattform, auf der sich Alleinreisende zu Gruppenreisen zusammenschließen können.
Die Idee ging auf: In diesem Jahr gehört JoinMyTrip laut einem Ranking von „Business Insider“ zu einem der 20 am schnellsten wachsenden Start-ups in Deutschland. Doch wie genau funktioniert das „Airbnb für Gruppenreisen“?
Das Konzept von JoinMyTrip
Auf der Website werden verschiedene Reisen angeboten – Ziel und Art des Urlaubs (Rundreise, Segeltörn, Wanderung) variieren ebenso wie Dauer und der Komfort der Reise. Auf manchen Reisen übernachtet man im Hotel, auf anderen in kleinen Hütten von Locals. Bei jedem Trip gibt es einen Organisator, den so genannten „TripLeader“, der die Reise durchplant, veranstaltet und auch die Kosten festlegt. Die Mitreisenden sind die „TripMates“. Sie stellen, wenn sie einen geeigneten Trip entdeckt haben, dem TripLeader eine Anfrage zur Mitreise. Müller-Wickop empfiehlt, sich vor dem Beginn des Urlaubs (wenn möglich) schon einmal zu treffen um zu schauen, ob die Chemie zwischen allen stimmt.
Worauf sollte ich achten?
Vor der Buchung einer Reise sollte vor allem der angegebene Preis gegengecheckt werden. Die Preise für die Reisen legen die TripLeader nämlich selbst fest. Das heißt, jeder kann entscheiden, wie viel er dafür verlangt, dass er die Reise organisiert und plant. Müller-Wickop erklärt: „Der TripLeader kann sagen, dass er damit ein ‚Geschäft‘ machen möchte, oder aber er nimmt wirklich nur die reinen Reisekosten – das ist von Fall zu Fall unterschiedlich.“
Es obliegt also jedem Interessierten selbst zu überprüfen, ob die angegebenen Kosten sich mit den Leistungen decken. Ein Hinweis auf die Seriosität des TripLeaders kann sein, ob er verifiziert wurde (erkennbar an einem grünen Haken).
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Außerdem ist es sinnvoll, die Zahlung über das sichere Zahlungssystem der Plattform abzuwickeln. „Die Funktion wurde von unserer Community immer wieder gewünscht – verständlich, denn niemand überweist gerne einem Unbekannten einfach Geld“, erklärt Müller-Wickop. Mit der neuen Zahlungsmöglichkeit sei nun sichergestellt, dass die TripLeader ein Konto mit ID-Now-Verfahren anlegen müssen, das ihre Identität nachweist. Außerdem werden TripMates jetzt im Zweifelsfall entschädigt. Allerdings gibt es die Funktion bisher noch nicht bei allen Reisen.
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Kann ich die Plattform auch während Corona nutzen?
Ja – allerdings ist die Auswahl stark eingeschränkt. Während zu Beginn des Jahres bis zu 600 Trips auf der Seite waren, sind es aktuell nur noch etwa 250, berichtet Müller-Wickop TRAVELBOOK. Das Interesse sei aber trotz der aktuellen Situation vorhanden und das Angebot auf der Plattform passe sich schnell den Nutzerwünschen an. „Also wenn vor Corona beispielsweise jemand in Bali einen Surf-Trip machen wollte, macht er den jetzt eben entlang der Ostsee“, sagt Müller-Wickop.
Sollte sich die Corona-Lage allerdings wieder zuspitzen, sieht sich nicht die Plattform in der Verantwortung, sondern die einzelnen TripLeader. Man sollte sich vorab also genau überlegen, ob man dem Anbieter der Reise in dieser Hinsicht vertraut. Allerdings betont Müller-Wickop, dass es auch zu Beginn der Coronakrise in dieser Hinsicht keine Probleme gegeben habe: „Wir hatten keinen Fall, wo jemand in einem Land festsaß.“
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Andere Plattformen mit ähnlichen Konzepten
Eine Alternative für Outdoor- und Wander-Fans ist die Seite outdooractive.com, auf der man sich ebenfalls für gemeinsame Touren verabreden kann. Hier ist das System ähnlich wie bei JoinMyTrip: Ein Organisator plant eine Tour und legt dabei die Strecke, die Anzahl der Teilnehmer und den Zeitraum fest – der meist nur recht kurz ist, viele Touren sind sogar nur für einen Tag ausgelegt.
Einige kleinere Webseiten setzen wiederum mehr auf längere Reisen und einen Community-Charakter, etwa travel-friends.com. Dort kann man unter dem Bereich „Reisecommunity“ ebenfalls nach Gleichgesinnten suchen. Dafür wird eine Annonce mit einem kurzen Steckbrief über die eigene Person und die gewünschte Reise geschrieben. Im Gegensatz zu JoinMyTrip sind die Wünsche für die Reisen eher vage gehalten – z.B. soll es nach Südeuropa oder „ins Warme“ gehen. Ähnlich läuft es bei urlaubspartner.net.
Der Nachteil bei diesen Alternativen ist allerdings, dass die Reisepartner nicht geprüft werden und die Reise auch nicht abgesichert ist. Ein gemeinsamer Urlaub ist also tendenziell risikoreicher.