28. Januar 2025, 17:44 Uhr | Lesezeit: 8 Minuten
Reichen Touristenvisa für digitale Nomaden? Ab wann müssen sie Steuern zahlen? Und was ist mit der Versicherung? Wer als digitaler Nomade die Welt bereisen möchte, sollte sich vorab mit diesen Themen beschäftigen. TRAVELBOOK gibt hier eine Übersicht.
Der Begriff des Digitalen Nomaden ist längst eingezogen – in den deutschen Sprachgebrauch, ebenso wie in den Horizont derer, die irgendwie in die Ferne streben (wenn auch nur gedanklich). Bis zur Coronapandemie waren es vor allem Freiberufler, die sich diesen Lebenstraum des Reisens und von unterwegs Arbeitens erfüllten. Seitdem auch etliche Angestellte ihre Arbeit pandemiebedingt aus den eigenen vier Wänden erledigten, gehören die Begriffe remote und Home Office ebenfalls zum Standardwortschatz. Der Sprung vom heimatlichen Arbeitsplatz hin zu der Frage, ob ich meine Arbeit denn auch mit in ein anderes Land nehmen darf, ist entsprechend nicht mehr weit. Doch darf ich das einfach – meine Arbeit einpacken und woanders auf der Welt erledigen? Die Antwort auf diese Frage ist vielschichtig, hängt sie von etlichen Faktoren ab. Wir haben uns die Visa-Bestimmungen etlicher Länder angesehen und bei verschiedenen Experten nachgefragt.
Übersicht
Neuseeland erlaubt jetzt Touristen, remote zu arbeiten
Anlass für diesen Text war eine Nachricht aus Neuseeland: Der Nachbarstaat Australiens hat entschieden, seine Visabestimmungen ab dem 27. Januar 2025 zu lockern. Auf der neuseeländischen Immigrations-Seite heißt es: „Neue Visabedingungen ermöglichen es Besuchern nun, aus der Ferne für einen ausländischen Arbeitgeber oder Kunden zu arbeiten.“ Weiter unten wird die Aussage spezifiziert: „Diese neuen Bedingungen bedeuten, dass Touristen als digitale Nomaden in Neuseeland bleiben und mit der Arbeit in der Heimat in Kontakt bleiben können, ohne gegen ihre Visabestimmungen zu verstoßen.“ Besonders für alle, die zu alt für das klassische Working Holiday Visa sind, eine erfreuliche Nachricht.
Der Vollständigkeit halber sei zu erwähnen, dass Touristen weiterhin nicht für einen neuseeländischen Arbeitgeber arbeiten, Dienstleistungen oder Waren vor Ort anbieten oder „Arbeiten verrichten (dürfen), die ihre physische Anwesenheit an einem Arbeitsplatz in Neuseeland erfordern.“ Das dürfte jedoch auf die wenigsten digitalen Nomaden zutreffen.
Welches Visum für digitale Nomaden?
Also, Laptop einpacken und los nach Neuseeland? Wieso nicht. Allerdings gibt es hier noch ein paar weitere Themen, mit denen sich digitale Nomaden vor der Abreise einmal beschäftigt haben sollten. Neben allerlei Dingen wie Unterkunft, fahrbarem Untersatz, der eventuell richtigen Roadtrip-Route und Co., sind das vor allem Visum und Steuern.
Beginnen wir mit dem Visum. Das ist als Deutscher für Neuseeland leicht zu kriegen, beziehungsweise benötigen viele das gar nicht erst. Denn: Deutsche Touristen dürfen in der Regel statt mit einem Visum auch mit dem digitalen Visa-Ersatz NZeTA (kurz für: New Zealand Electronic Travel Authority) einreisen. Damit dürfen sie bis zu drei Monate am Stück in Neuseeland bleiben. Das NZeTA ist für zwei Jahre gültig, erlaubt Touristen jedoch innerhalb von zwölf Monaten nur einen Aufenthalt von bis zu sechs Monaten insgesamt. Neben dem NZeTA gibt es in Neuseeland verschiedene andere Visa-Optionen. Dank der neuen Regelung reichen die normalen Touristenvisa jetzt für digitale Nomaden aus.
Welche Länder erlauben es digitalen Nomaden, vor Ort zu arbeiten?
Und wie ist es in anderen Ländern? Etwa in den USA, Kanada, Australien, den Ländern Südamerikas, Asiens oder Europas? Überall anders. Europa dürfte sich hier für deutsche digitale Nomaden am einfachsten gestalten. Denn als EU-Bürger dürfen sie überall in der EU arbeiten. So heißt es seitens der Europäischen Union: „Als EU-Bürger/in brauchen Sie keine Arbeitserlaubnis, um angestellt oder selbstständig in einem beliebigen EU-Land zu arbeiten.“ Auch ein Visum ist für Deutsche innerhalb der EU obsolet. Anders sieht es mitunter außerhalb Europas aus. Hier gibt es Verbote, Einladungen und rechtliche Grauzonen.
Zuerst einmal zu den anderen Ländern, die digitale Nomaden einladen, vor Ort zu arbeiten. Es gibt etliche Staaten, die bereits Digital Nomad Visa anbieten, also Visa, die explizit an eben jene remote arbeiten wollenden Ausländer gerichtet sind. Besonders Mittel- und Südamerika stechen hier hervor, ebenso wie Europa (was vor allem für Nicht-Europäer relevant ist). Je nach Zielland können die Bedingungen variieren: Mitunter wird ein Mindesteinkommen verlangt, es gibt unterschiedliche Steuerregeln und Aufenthaltsdauern. Wer sich für ein Digital Nomad Visa interessiert, kann alles weitere auf den entsprechenden Länderseiten erfahren.
Diese nicht-europäischen Regionen/ Länder bieten Digital Nomad Visa* an:
- Ägypten
- Anguilla
- Antigua und Barbuda
- Argentinien
- Armenien
- Aruba
- Bahamas
- Bali (Indonesien)
- Barbados
- Belize
- Bermuda
- Brasilien
- Costa Rica
- Curaçao
- Dominica
- Ecuador
- El Salvador
- Goa (Indien)
- Grenada
- Japan
- Kaimaninseln
- Kap Verde
- Kolumbien
- Malaysia
- Mauritius
- Mexiko
- Montserrat
- Namibia
- Panama
- Peru
- Puerto Rico
- Saint Lucia
- Seychellen
- Sri Lanka
- Südafrika
- Südkorea
- Taiwan
- Thailand
- Türkei
- Vereinigte Arabische Emirate (Abu Dhabi und Dubai)
- Vietnam
*(teilweise unter anderen Namen, wie zum Beispiel Workation Visa oder Remote Work Visa)
Wer ein anderes Land im Sinn hat, das nicht auf dieser Liste steht, sollte sich einmal mehr genau informieren. Wie Neuseeland erlauben mitunter auch andere Länder, dass digitale Nomaden mit einem Touristenvisum einreisen und für ihre heimischen Auftrag- oder Arbeitgeber für einen bestimmten Zeitraum vor Ort arbeiten. Andere schreiben in ihren Touristenvisa lediglich fest, dass nicht für ein inländisches Unternehmen gearbeitet werden darf.
Eine andere Option für jüngere Reisende sind Working Holiday Visa. Mit diesen reisen viele unter-30-jährige Deutsche zum Beispiel nach Neuseeland und Australien. Die Visa erlauben einen Aufenthalt von einem Jahr, der mitunter sogar auf bis zu drei Jahre verlängert werden kann. Das Besondere: Neben touristischen Unternehmungen dürfen die Besucher auch ganz offiziell für neuseeländische Arbeitgeber arbeiten.
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(Ab wann) müssen digitale Nomaden im Ausland Steuern zahlen?
Das Visum oder die entsprechenden elektronischen Reiseerlaubnisschreiben haben wohl die meisten im Kopf. Weniger präsent ist vermutlich das Thema Steuern im Reiseland, gerade wenn man bereits in Deutschland Steuern zahlt. Ohne weiteres davon ausgehen, dass einen das nicht betrifft, sollten digitale Nomaden jedoch nicht. Vor allem dann nicht, wenn sie längere Aufenthalte planen. So macht zum Beispiel Neuseeland in der neuen Mitteilung darauf aufmerksam, dass „Personen, die beabsichtigen, innerhalb eines Zeitraums von 12 Monaten länger als 92 Tage von Neuseeland aus zu arbeiten, sich über etwaige steuerliche Auswirkungen im Klaren sein sollten.“ Will sagen, unter Umständen sind digitale Nomaden bei einem Aufenthalt von mehr als 92 Tagen in Neuseeland steuerpflichtig. Da Deutschland und Neuseeland ein Doppelbesteuerungsabkommen vereinbart haben, wird diese Zahl mitunter auf 183 Tage erhöht. Ob, in welchem Maße und unter welchen Umständen digitale Nomaden Steuern zahlen müssen, würde an dieser Stelle jedoch den Artikel sprengen. Daher raten wir allen, die länger als drei Monate in Neuseeland bleiben und von dort aus arbeiten möchten, sich entsprechend genauer zu informieren, zum Beispiel hier.
Was für Neuseeland gilt, gilt übrigens auch für andere Länder. Wer – natürlich unter der Voraussetzung, dass das Remote-Arbeiten digitaler Nomaden vor Ort erlaubt ist – einen längeren Aufenthalt plant, sollte unbedingt einmal ins Steuerrecht des Ziellandes schauen und herausfinden, ab wann und unter welchen Bedingungen remote arbeitende Deutsche dort steuerpflichtig sind.
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Wichtig für remote arbeitende Arbeitnehmer: die 183-Tage-Regel
Und das Steuerrecht des Reiselandes ist nicht das einzige, das beachtet werden will. Auch Deutschland hat Regeln für digitale Nomaden – Stichwort: die 183-Tage-Regel. Die ist kompliziert und abhängig von verschiedenen Faktoren, daher geben wir an dieser Stelle nur einen kleinen Einblick: Laut dem Verein Vereinigte Lohnsteuerhilfe e.V. besagt die Regel, „dass Arbeitnehmer/innen, die nicht länger als 183 Tage in einem anderen Staat arbeiten und ihren Arbeitslohn von Deutschland aus erhalten (…) weiterhin nur in Deutschland steuerpflichtig sind.“ In Kurzform: Erst ab einem Aufenthalt von mehr als 183 Tagen dürfte die Frage der Steuer für deutsche digitale Nomaden interessant werden. Auch der oben bereits erwähnte Begriff des Doppelbesteuerungsabkommens ist hier relevant. Arbeitnehmer, die mehr Informationen benötigen, sollten sich an ihre Steuerberater wenden.
Und was ist mit freiberuflich arbeitenden digitalen Nomaden? Steuerberaterin Claudia Vibrans erklärt auf Nachfrage von TRAVELBOOK: „Die 183-Tage-Regelung betrifft ausschließlich Arbeitnehmer. Viele denken, dass es auch bei selbständigen Einkünften greift, das ist aber nicht der Fall.“
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Versicherungen
Ein anderes wichtiges Thema für digitale Nomaden ist die Versicherung im Ausland. Was wer genau braucht, hängt davon ab, ob man Arbeitnehmer oder Selbstständiger ist, aber auch, wie lange man wo unterwegs ist.
In der Regel ist es ratsam, eine entsprechende Auslandskrankenversicherung abzuschließen und nachzuschauen, ob Schäden im Ausland von der privaten Haftpflichtversicherung gedeckt sind. Darüber hinaus raten Experten mitunter dazu, Unfallversicherungen abzuschließen, das Reisegepäck sowie eventuelle Reiseabbrüche zu versichern. Bevor digitale Nomaden sich auf den Weg machen, sollten Sie also auch dem Thema Versicherung etwas Zeit widmen und sich informieren, zum Beispiel beim Bund der Versicherten.