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24 Länder, 38.000 Kilometer

25-Jähriger umrundet die Welt – zu Fuß

Andrew Siess hat die Welt zu Fuß umrundet. Während er anfangs seinen Rucksack noch auf dem Rücken schleppte, legte er sich unterwegs schließlich einen kleinen Karren zu, auf dem er das Gepäck vor sich herschieben konnte.
Andrew Siess hat die Welt zu Fuß umrundet. Während er anfangs seinen Rucksack noch auf dem Rücken schleppte, legte er sich unterwegs schließlich einen kleinen Karren zu, auf dem er das Gepäck vor sich herschieben konnte. Foto: Getty Images
Angelika Pickardt
Redaktionsleiterin

15. Mai 2015, 13:56 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten

Der US-Amerikaner Andrew Siess (25) hat als jüngster Mensch die Welt zu Fuß umrundet. Im Mai 2012 startete er seinen Trip in Italien, durchquerte in drei Jahren 24 Länder und legte insgesamt mehr als 38.000 Kilometer zurück. Gekostet hat ihn seine Weltreise nur 3500 Euro.

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Andrew Siess ist einer jener Menschen, die für das Abenteuer geboren sind. Die nicht nur davon träumen, die weite Welt zu erkunden, sondern es auch tun. Seine erste große Reise beging er im Sommer 2009. Als damals 19-Jähriger fuhr er von seiner Heimat Minnesota im Nordosten der USA bis zum südlichsten Punkt Südamerikas – mit dem Fahrrad. 2011 schipperte er den Mississippi mit einem Kanu runter, und 2012 überquerte er den Atlantik mit einem Segelboot. Dass dabei ein Wal sein Segelboot rammte und er aus Seenot gerettet werden musste, bremste Andrew Siess nicht im Geringsten in seiner Abenteuerlust – im Gegenteil.

Nur: Wer schon Tausende Kilometer bis ans andere Ende der Welt geradelt ist, mit dem Kanu den längsten Fluss Nordamerikas befahren hat und von einem Wal mitten auf dem Atlantik vom Boot geworfen wurde – was könnte es für diesen Menschen noch Größeres, noch Waghalsigeres geben? Seine nächste Herausforderung wurde schließlich eine komplette Weltumrundung. Und zwar zu Fuß. „Ich wollte sehen, ob ich das schaffen kann“, sagt Siess auf TRAVELBOOK-Nachfrage. „Ein Freund hat mit mir um eine Kiste Bier gewettet, dass es mir nicht gelingen würde. Also habe ich es getan.“

Natürlich ist es unmöglich, die komplette Welt zu Fuß zu umrunden, liegen doch riesige Ozeane zwischen den Kontinenten. Andrews Ziel war es, möglichst nicht zu fliegen und so wenig Geld wie möglich für die gesamte Reise auszugeben. Tatsächlich schaffte er es, drei Jahre lang mit insgesamt nur 3500 Euro auszukommen und nur einmal (umsonst) zu fliegen. Geschlafen hat er im Zelt, auf Sofas von Couchsurfing-Anbietern, in Kirchen, Moscheen und Feuerwehrhäusern. Sein Gepäck bestand aus einem Schlafsack, ein paar Klamotten, Büchern und Wasser. Zu seinem wichtigsten Begleitstück auf seiner Weltreise aber wurde seine Violine: „So lange ich die bei mir habe, kann ich mit egal wem auf der Welt kommunizieren und mir außerdem ein bisschen Geld dazuverdienen“, berichtet der 25-Jährige TRAVELBOOK.

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Der harte Anfang

Im Mai 2012 – nachdem er den europäischen Kontinent nach dem Wal-Unfall mit einem anderen Schiff erreicht hat – startet er von Sorrent in Italien aus seinen „Spaziergang“ um die Welt. Und der Anfang ist härter als gedacht. Auf seiner Facebook-Seite, auf der er seine Erlebnisse wie in einer Art Tagebuch festhält, postet er:

„Ich komme nur 35 Kilometer am Tag voran, weil mein Rucksack so schwer ist. Aber ich fühle mich gut, gewinne an Kraft. Am ersten Tag hab ich mich fast umgebracht, weil ich mehr als 50 Kilometer mit dem 30 Pfund schweren Rucksack gelaufen bin.“

Andrew hält durch, läuft weiter, quer durch Italien in Richtung Kroatien. Von Sorrent bis nach Triest, Italiens östlichste Stadt, braucht er 31 Tage. Als er Kroatien erreicht, findet er an der felsigen Steilküste nur schwer Plätze, an denen er sein Zelt aufstellen kann.

„Ich musste an Abhängen übernachten und war gezwungen, auf den härtesten Felsen zu schlafen, auf denen ich jemals versucht habe zu schlafen.“

Doch es kommt noch schlimmer. Allmählich geht ihm das Essen aus, er läuft kilometerweit durch menschenleere Gegenden und kleine Dörfer, immer in der Hoffnung, irgendwann einen Supermarkt oder Ähnliches zu finden. Und auch zu trinken hat er irgendwann nichts mehr, bekommt durch die kalten Nächte Halsschmerzen.

„Ich habe mich unendlich schwach gefühlt . (…) Aber ich bin den ganzen Tag weitergelaufen, hatte immer weniger Energie. Dann habe ich endlich eine Stadt erreicht und bin in einen Supermarkt gegangen, um Essen und Trinken zu kaufen. Ich kam an die Kasse und wusste, dass ich gleich umkippen würde. Das habe ich der Kassiererin auf Englisch gesagt, aber sie hat natürlich kein einziges Wort verstanden. Dann habe ich das Bewusstsein verloren.“

Andrew kommt ins Krankenhaus, Diagnose: Erschöpfung und eine schwere Erkältung. Er bleibt nur ein paar Stunden, schläft außerhalb der Klinik, läuft am nächsten Tag schon weiter. Doch sein Zustand bessert sich nicht. Schließlich bekommt er Herzschmerzen, muss erneut ins Krankenhaus. Ein EKG zeigt, dass sein Herz zum Glück in Ordnung ist. Eine Magenschleimhautentzündung hat die Schmerzen verursacht. Er bekommt Medikamente und soll sich ausruhen. Doch Andrew läuft weiter – weil er in der 100 Kilometer entfernten kroatischen Küstenstadt Šibenik einen Couchsurfing-Platz im Voraus reserviert hat. Er schafft es bis dorthin und schläft drei Tage fast nur durch.

Seine Route führt ihn weiter über Montenegro, Albanien, Mazedonien und Bulgarien bis in die Türkei. Unterwegs erfährt er viel Gastfreundschaft, fremde Menschen lassen ihn bei sich übernachten oder bekochen ihn. Schließlich erreicht er Istanbul.

„Dort blieb ich und faulenzte ein paar Tage lang, und ich liebte es. Ich hätte dort für immer bleiben können.“

An der Küste des Schwarzen Meeres entlang durchquert er die Türkei und erreicht schließlich die Grenze von Georgien. Inzwischen ist es Dezember geworden, es ist kalt, beginnt zu schneien.

„Ich hatte Angst, bei noch niedrigeren Temperaturen durch Kasachstan zu laufen. Außerdem war ich mental genauso erschöpft wie körperlich, und so entschied ich, in Georgien zu bleiben, bis es wieder wärmer würde.“

Etwa drei Monate bleibt Andrew in Georgien, setzt dann seinen Weg fort. Mit einem Containerschiff überquert er das Kaspische Meer, läuft durch Kasachstan und die Mongolei bis ans Chinesische Meer, setzt mit einer Fähre zuerst nach Südkorea und dann nach Japan über. Dort versucht er wochenlang, ein Segelschiff oder einen Frachter zu finden, der ihn in die USA mitnimmt – vergeblich. Schließlich hat er Glück: Eine Backpackerin, die er in der Mongolei kennengelernt hat, kann ihn auf ihrem Flugticket gratis nach Anchorage in Alaska mitnehmen. Von dort läuft er im April 2014 weiter, durch British Columbia und Alberta in Kanada bis in den US-Bundesstaat North Dakota. Nach einem Zwischenstopp in seiner Heimatstadt St. Paul in Minnesota, wo er mit viel Brimborium empfangen wird, geht er weiter durch mehrere US-Staaten bis an die Küste von North Carolina.

Der letzte Teil seiner Reise beginnt. Nun gilt es, an den Ort zurückzukehren, an dem im Mai 2012 alles begann: die italienische Küstenstadt Sorrent. Und wieder hat Andrew Glück: Ein Schiff nimmt ihn von Hampton mit bis nach Lissabon. Zu Fuß geht es weiter an der Küste Portugals entlang, durch Nordspanien und Südfrankreich bis nach Italien. Am 8. Mai 2015 geht Andrew Siess in Sorrent die letzten Schritte seiner Weltumrundung. 1020 Tage war er unterwegs, hat 24 Länder durchlaufen. Auf einer interaktiven Karte, die er auf seiner Website zeigt, kann man die Route nachverfolgen und sich Fotos und Videos von den einzelnen Stationen ansehen:

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