15. August 2021, 5:39 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Camping-Urlaub ist beliebt. Wer es auch mal ausprobieren will, muss sich aber nicht gleich einen eigenen Wohnwagen anschaffen. Mieten ist eine Möglichkeit. Die andere, bei Dauercampern unterzukommen. Letzteres geht nun auch über ein Sharing-Portal für Camper.
Als vor einiger Zeit der Versicherungskaufmann Stefan Adam über den Campingplatz schlenderte, wo er als Kind oft Ferien verbracht hatte, entdeckte er an dem Wohnwagen eines Dauercampers ein Pappschild. „Zu vermieten“ stand da zu lesen. Adam wunderte sich. „Wen soll das Schild denn erreichen?“, fragte er sich. Jeder, der auf dem Campingplatz ist, braucht ja keinen Wagen mehr zu mieten. Und diejenigen, die ihn mieten würden, erfahren nichts von dem Angebot. Das brachte Adam auf die Idee einer Webseite, die Camping-Fans, Dauercamper und Campingplätze zusammenbringt – das Camper-Sharing-Portal „Camperbee“ war geboren.
Das „Airbnb“ für Camper
Die Seite ist seit März online und bietet laut ihren Betreibern inzwischen schon rund 800 Angebote. Adam betreibt sie mit seinem Geschäftspartner Holger Keuper, Inhaber einer Medienagentur. Das Webportal solle eine Art „Airbnb“ des Campings sein, sagen die beiden Emsländer.
„Die Jahresmiete für einen Platz als Dauercamper ist hoch – 1000 Euro oder noch mehr – die Camper sind aber nur ein paar Wochen im Jahr auf dem Platz. Warum sollten sie für die restliche Zeit nicht ihr Objekt vermieten?“, beschreibt Keuper die Geschäftsidee, die auf einen bislang wachsenden Markt zielt.
Denn die Campingbranche boomt. „Seit ungefähr zehn Jahren haben wir einen sehr positiven Trend, sowohl auf den Campingplätzen als auch beim Verkauf von Freizeitfahrzeugen“, sagt Gunter Riechey, Präsident des Bundesverbandes der Campingwirtschaft in Deutschland (BVCD).
Camping erlebt einen neuen Trend
Die Übernachtungszahlen auf den gut 3000 Campingplätzen in Deutschland stiegen bis 2019 auf den Rekordwert von rund 35,8 Millionen Übernachtungen. Wegen der mehrmonatigen coronabedingten Übernachtungsverbote sanken die Übernachtungszahlen im vergangenen Jahr auf rund 34 Millionen. Für dieses Jahr wird mit einem Rückgang auf 33,5 Millionen gerechnet. Dies erklärt sich laut Riechey aus erneuten Beherbergungsverboten wegen der Corona-Krise und daraus, dass wieder mehr Camper ins Ausland fahren. Auch das Hochwasser in Teilen Deutschlands habe die Branche getroffen.
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Der Anteil der Dauercamper auf den Plätzen habe viele Jahre bei etwa 60 Prozent gelegen, sagt Riechey. Er sei aber zuletzt weniger geworden. Einige Campingstandplätze seien in touristische Plätze umgewandelt worden. „Sonst hätten wir auch nicht diesen starken Zuwachs aufnehmen können.“
Trotz des Corona-Einbruchs glauben Adam und Keuper, dass der Höhenflug der Campingbranche noch nicht vorbei ist. „Gerade die junge Generation will in die Natur“, sagt Keuper. Und ein Camper-Sharing-Portal wie ihres habe es bislang in dieser Form noch nicht in der Branche gegeben, schreibt das Fachblatt „Campingwirtschaft“.
Alle profitieren von der Vermietung
Die beiden Geschäftsleute setzen auf die Vorteile ihres Angebots: Die privaten Dauercamper können durch die Vermietung nicht nur ihre Jahresstandplatzmiete herausholen, sondern auch noch zusätzlich Geld verdienen. Die Campingplätze wiederum bekommen mehr Gäste und damit auch mehr Auslastung für ihre Cafeterien, Gastronomie, Shops, Fahrradverleihe oder Minigolfanlagen. Und die Kunden schließlich könnten den Campingurlaub einmal ausprobieren, ohne sofort in teuere Wohnmobile oder Wohnanhänger zu investieren, sagt Adam.
Den nächsten Ausbauschritt ihres Webportals haben die beiden Unternehmer schon in den Blick genommen. Geplant sei ein campingplatzübergreifendes Buchungs- und Reservierungssystem, sagt Adam.
„Die Campingplatzbranche ist noch nicht so gut aufgestellt wie die Hotellerie“, sagt Wiebke Albers dazu, die gemeinsam mit ihrem Mann seit 2016 Pächterin des Campingplatzes „Hümmlinger Land“ im emsländischen Werlte ist. Viele Campingfreunde wünschten sich eine zentrale Buchungsseite für die Suche nach Ferienobjekten und Stellplätzen. Daher habe sie auch ihre Mietobjekte bei „Camperbee“ eingestellt. „Ich bin immer dankbar, wenn es etwas gibt, das unsere Arbeit unterstützt und die Gäste zu uns führt“, sagt die 40 Jahre alte Unternehmerin.
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Nächste Station: zentrales Buchungssystem
Allerdings sind Adam und Keuper nicht die ersten, die an eine zentrale Buchungsseite gedacht haben. Die Digitalisierung werde in der Branche seit mindestens drei Jahren intensiv diskutiert, erklärt Verbandspräsident Riechey. Es habe bereits viele Versuche gegeben, umfassende digitale Buchungsplattformen für die Campingplätze in Deutschland zu schaffen.
Derzeit gebe es vier große Anbieter. Aber es handele sich um ein schwieriges Thema. Die Branche sei in Deutschland kompliziert. „Wir haben überwiegend kleine und mittlere Familienbetriebe.“ Zum Teil gebe es Vorbehalte gegen eine digitale Buchbarkeit. Ein anderes Problem sei, dass die Unterschiede bei der Branchensoftware auf den Campingplätzen sehr groß sei. „Wenn ich vernünftig buchbar sein will, muss diese Branchensoftware mit dem Buchungssystem verkoppelt sein.“
„Als Branchenverband sagen wir, es ist eine Erfordernis der Zeit, die Gäste verlangen es“, sagt Riechey dazu. Viele große Campingplätze bieten schon Online-Systeme, die die Buchung eines Stellplatzes ermöglichen. „Das ist eigentlich der Standard, der auch erforderlich ist.“ Der Verband arbeite daran, die Digitalisierung in den nächsten zwei bis drei Jahren auszubauen – und das werde zu einem erheblichen Schub bei der Buchbarkeit der Plätze führen.