12. April 2018, 17:14 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Es gibt weniger Hotels in Deutschland, aber immer mehr Gästebetten. In der Branche fressen die Großen die Kleinen. Das ist nicht die einzige Entwicklung, die dem Hotelverband Sorgen bereitet.
Fast 700 neue Hotels in den nächsten drei Jahren, mit 100 000 Zimmern, knapp 17 Milliarden Euro Investitionen. „Da beginnt es mulmig zu werden“, sagt Markus Luthe, Hauptgeschäftsführer des Hotelverbands Deutschland (IHA). Man müsse fragen, „ob die Nachfrage diesen Kapazitätsausbau tragen wird“.
Was Deutschland-Reisen attraktiv macht
Klar, wenn es so weitergeht wie in den vergangenen acht Jahren, dann werden genügend Gäste aus dem In- und Ausland kommen, um sich in die Extra-Betten zu legen. Seitdem geht es mit den Übernachtungszahlen stets aufwärts. „Gute Konjunktur, politische Stabilität, Nullzinspolitik“, all das seien Faktoren, die Reisen in Deutschland attraktiv machten, meint der Verbandsvorsitzende Otto Lindner.
Für den Chef der Hotelgruppe Lindner ist das aber ein labiler Zustand. Kaum eine andere Branche reagiere so anfällig auf Terroranschläge oder politische Krisen. „In den Unternehmen werden Reisekosten als erstes gestrichen“, beschreibt er die Folgen eines Abschwungs. Deshalb sei es bedenklich, wenn die Immobilienpreise höher und höher kletterten, ebenso die Verkaufspreise von Hotels und die Mieten für die Pächter. An einigen Orten gebe es Anzeichen von Überkapazitäten.
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Zuletzt hat sich der Durchschnittsertrag pro Zimmer verbessert, um zwei Prozent auf 68 Euro im Jahr 2017. In diesen Wert eingerechnet sind auch die ungenutzten Zimmer. Für gebuchte Zimmer zahlten die Gäste ohne Frühstück im Schnitt 95 Euro plus Mehrwertsteuer. Die Auslastung der Hotels und Pensionen lag nach Berechnung des Statistischen Bundesamt 2017 bei 62,1 Prozent, ein kleines Plus von 0,3 Punkten.
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Hotel-Anzahl sinkt
Bei alledem auf den ersten Blick überraschend: Die Zahl der Hotels in Deutschland sinkt – binnen eines Jahres um 300 auf 32 700. Zugleich stehen rund 10 000 Zimmer mehr zur Verfügung als ein Jahr zuvor. Die Erklärung: „Die Unternehmens- und Markenkonzentration in der Hotellerie nimmt weiter zu“, formuliert Lindner. „Die neuen, großen Hotels verdrängen die kleinen Einheiten“, sagt IHA-Hauptgeschäftsführer Luthe.
Gerade für die kleineren Anbieter wird es zudem schwieriger, Personal zu finden. „Wir haben einen enormen Verlust an Azubis“, berichtet Lindner. Nach seiner Darstellung liegt das an der guten Ausbildung und den besonderen kommunikativen Fähigkeiten der Kollegen aus seiner
Branche und nicht etwa an einer zu geringen Bezahlung im Vergleich zu verwandten Dienstleistungsjobs.
Da erntet Lindner allerdings Widerspruch seitens der zuständigen Gewerkschaft. Seit Jahren bräche fast die Hälfte der angehenden Köche, Hotel- und Restaurantfachleute ihre Ausbildung ab. Der Grund seien häufig die schlechte Qualität der Ausbildung und die Arbeitsbedingungen. „Viele werden als billige Arbeitskräfte missbraucht und müssen Überstunden machen“, sagt Gewerkschaftssprecherin Karin Vladimirov.
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„Die einen brechen ab, die anderen fallen durch die Prüfung, und wieder andere werden abgeworben“, fasste sie die schwierige Lage zusammen. Nach der Ausbildung bekämen Hotel- und Restaurantfachkräfte je nach Bundesland einen tariflichen Monatslohn von 1725 bis 2148
Euro. Diese Bezahlung werde aber oft noch unterboten, denn zwei Drittel der Unternehmen seien nicht an Tarifverträge gebunden. Als Untergrenze gilt dann der gesetzliche Mindestlohn von 8,84 Euro pro Stunde.
Lindner weist darauf hin, dass die Branche seit 2010 knapp 50 000 sozialversicherungspflichtige Arbeitsplätze geschaffen habe. Es sei nach wie vor „ein Geschäft von Menschen für Menschen“. Das komme ihm angesichts von Debatten um Digitalisierung und Vertriebskanäle häufig
zu kurz. In der Hotellerie könne man auch ohne akademischen Abschluss Karriere machen: „Sie haben die Chance, mit unter 30 Hoteldirektorin zu werden.“