22. Januar 2019, 15:44 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Schon mehr als 330 Gäste haben bei Tripadvisor ihre Bewertung für das „Grand Budapest Hotel“ abgegeben. TRAVELBOOK stellt das Hotel vor – und verrät, ob es wirklich existiert.
Es ist schon ein ganz besonderes Hotel. Das merkt jeder sofort, der bei dem rührigen Monsieur Gustave eincheckt, den nicht nur die Aura des welterfahrenen Concierges umgibt, sondern auch eine beeindruckende Duftwolke aus „L’Air de Panache“, einem Parfüm, das so aufdringlich ist wie der Concierge zuvorkommend. Und dann der Name des Hauses: „Grand Budapest Hotel“ heißt es. Aber nicht in der Hauptstadt Ungarns steht es, sondern einsam auf einem Berg. Und dieser wiederum mitten in der Republik Zubrowka, einem südosteuropäischen Karpatenstaat.
Noch nie davon gehört? Kein Wunder, denn Zubrowka gibt es genauso wenig wie das Hotel in den Bergen. Beides ist eine Erfindung von Wes Anderson für dessen Film „Grand Budapest Hotel“, das jetzt vier Oscars gewann und – wie immer bei Anderson – mit allerlei Stars aufwarten kann: Neben Ralph Fiennes (als Monsieur Gustave) spielen etwa Jude Law, Bill Murray, Adrien Brody und Tilda Swinton mit.
Ein wunderbares Märchen für Erwachsene ist der Film – und so schön, dass man sich am Ende wünscht, das Hotel gäbe es wirklich. Dass man einfach ein Ticket nach Zubrowka kaufen könne und dann im Zahnrad-Aufzug auf den Berg zuckeln, im Spa dem Putz beim Bröckeln zusehen und auf dem Zimmer die leckeren Törtchen aus der Konditorei Mendl genießen könne und nebenbei den Blick hinunter ins Tal.
Nun, offenbar scheint das möglich. Glaubt man Tripadvisor, steht das Hotel tatsächlich in den Bergen im Land Zubrowka. Man kann Hoteldetails und Fotos einsehen – und vor allem: die Bewertungen von Menschen, die schon dort gewesen sind. Dutzende Gäste haben ihre Kritik abgegeben. Doch wie ist das möglich? Ist die Fiktion in die Realität gerutscht? Oder hat doch ein geschäftstüchtiger Hotelier die Gunst der Stunde genutzt und die Kulisse zum Hotel umbauen lassen?
Hinweis auf Tripadvisor: „Versuchen Sie nicht zu buchen!“
Weder noch. Das Ganze ist ein Marketing-Gag, um den Film zu promoten. Seit 2015 gibt es das Fake-Profil, das auch als solches gekennzeichnet ist. Dass man sich hier nicht in der realen Welt befindet, sondern im Reich der Fantasie verrät ein roter Kasten: „Dies ist ein fiktiver Ort, wie er im Film ‚Grand Budapest Hotel‘ zu sehen ist“, wird auf Tripadvisor klargestellt, und: man solle nicht versuchen zu buchen.
Dennoch ist das Hotel durch Tripadvisor tatsächlich zu einem Ort geworden, wenn auch nur in der digitalen Welt: Hier treffen sich Cineasten und Wes-Anderson-Fans, aber auch Leute, die mit dem Streifen partout nichts anfangen konnten. Für manche wird im Verfassen einer fiktiven Gästebewertung für wenige Minuten der Traum wahr, selbst Teil des Films zu werden. Für andere (zugegeben sehr wenige) ist die Seite eine Plattform für Kritik und Unverständnis. Wie auch immer, die Lektüre der Bewertungen ist ein großer Spaß, nicht nur für Cineasten.
Die Bewertungen des „Grand Budapest Hotel“ auf Tripadvisor
Etwa die von dem User namens „microguide“ aus Los Angeles, der mit ansehen musste, wie der Concierge seiner 80-jährigen Mutter gegenüber Avancen machte und dann niemanden fand, bei dem er sich über den Angestellten beschweren konnte. Doch nicht genug: Später ertappt er Gustave dabei, wie der in der Unterwäsche der alten Dame wühlt. Ein Upgrade in die Präsidentensuite konnte die Gäste nicht trösten. Sie reisten ab. Bei anderen kam die besondere Aufmerksamkeit, die der Concierge den Damen zukommen lässt, hingegen sehr gut an, wie etwa bei „Silke R“.
Cineasten dürften bei der Bewertung von „GustavoMGA“ aus Rio de Janeiro auf ihre Kosten kommen, ist diese doch mit zahlreichen Anspielungen auf weitere Filme des Regisseurs gespickt. So freute sich der Gast etwa, zur gleichen Zeit wie die Tenenbaums aus New York dort gewesen und in der Lobby gleich zweimal mit dem berühmten Tiefseeforscher Steve Zissou zusammengeprallt zu sein.
Aber natürlich gibt es auch Beschwerden. Viele monieren das fehlende W-Lan. Einer der Gäste schreibt von Kopfschmerzen, die das billige Parfüm des Concierges bei ihm ausgelöst hatte. Ein anderer, der das Haus aus früheren Tagen kennt, monierte, dass keine Fuchs-Jagden mehr angeboten werden – aus ökologischen Gründen. Stattdessen musste er sich einen Film über Jacques Cousteau angucken.
Auch die gelegentlichen Schusswechsel in der Lobby irritierten die Gäste. So etwa „RKlementsen“ aus den Schweizer Alpen. „Meine Frau und ich fürchteten um unser Leben, als direkt gegenüber unseres Zimmers eine Schießerei anfing. Ich tat etwas Ehrenwertes und schoss zurück, aber meine Frau wollte schlafen.“
Der Zustand des alten Kastens gab regelmäßig Anlass zur Klage. Wie eine „Psychiatrie in Texas“ wirke das Hotel, schreibt etwa User „Hgmnz“ aus Chicago, und nicht wie ein Grand Hotel. Für „Saskeeya“ aus Holland war das Haus zudem schwer zu finden: „Es gab keine Hinweisschilder, und wenn man Einheimische nach dem Weg fragte, wurden sie nervös und gingen schnell weiter.“ Und für „Michael“ aus Dublin waren „die Sicherheitsstandards fragwürdig”.
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Dass ab und an ein paar Wertsachen verloren gingen oder der Pyjama der Ehefrau, fanden die Gäste erstaunlicherweise vertretbar. So schreibt „Eleanor G“ aus Budapest, dass Gustave einige ihrer Juwelen klaute. „Aber was sind schon ein paar Diamanten unter Freunden?“ Und natürlich wird immer wieder auf die herrlichen Törtchen der Konditorei Mendl verwiesen, die sich niemand entgehen lassen sollte – auch wenn einer darin eine kleine Axt fand.
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Das „Grand Budapest Hotel“ hat Vorbilder in Karlsbad
Aber man kann es nicht herbeischreiben: Das Hotel ist und bleibt Fiktion. Immerhin, es hat zahlreiche Vorbilder in der realen Welt, die man besuchen kann. Das Bristol Palace Hotel in Karlsbad zum Beispiel, sowie im gleichen Ort das auf einem Hügel gelegene Hotel Imperial mit seiner 1959 stillgelegten, äußerst steilen Standseilbahn. Auch das Budapester Grand Hotel Gellért soll – hier wohl vor allem der Thermenbereich – die Filmemacher inspiriert haben.