15. März 2016, 11:06 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Kuba erlebt derzeit einen Tourismus-Boom, und das, obwohl der große Ansturm erst ab Herbst erfolgt, wenn die ersten Linienflüge zwischen den USA und der Insel abheben. Doch schon jetzt sind die Top-Hotels voll, die Preise steigen.
Der Touristenbus überholt den dritten Traktor, dann einen Radfahrer und ein Pferdefuhrwerk. Er ist unterwegs auf der sechsspurigen Autobahn von Havanna in Richtung Viñales. Der Fahrer bremst, vier Rinder überqueren das breite Asphaltband.
John Johnson und ein paar andere Reisende aus Kalifornien und Utah zeigen sich erstaunt: „What a highway!“, sagt Johnson. Sein Tonfall ist nicht verächtlich – man hört eine gewisse Nostalgie heraus.
Für Touristen aus den USA bietet das Castro-Land viele Überraschungen. Viele Jahre konnten sie es nur mit einem Umweg über Mexiko, Kanada oder Jamaika besuchen. Johnson ist einer der vielen US-Amerikaner, die dank des politischen Tauwetters auf die sozialistische Insel gereist sind. Ende 2014 hatte US-Präsident Barack Obama die Reisebeschränkungen gelockert und auch Gruppenbesuche genehmigt. Das nehmen viele Amerikaner wahr. Ab Herbst soll es erstmals nach mehr als 50 Jahren auch wieder kommerzielle Linienflüge zwischen den USA und Kuba geben. Ein Fährverkehr zwischen Florida und der Insel wird folgen. Der Touristen-Ansturm wird Kuba durchaus vor einige Herausforderungen.
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2- und 3-Sterne-Hotels heben Preise an
Denn Kuba erlebt seit einiger Zeit einen Touristen-Boom, der sich durch die demnächst zu erwartenden Urlauber-Massen aus den USA noch verstärken wird. Seit Anfang 2015 herrscht absolute Aufbruchstimmung. Viele europäische Touristen denken sich: Auf nach Kuba, bevor es zu spät ist! Bevor es in Havanna und anderen Orten zu voll, zu teuer, zu amerikanisch wird. Das führt dazu, dass es mittlerweile spürbare Engpässe bei den gehobeneren Hotels gibt – und auch Zwei- und Drei-Sterne-Hotels ihre Preise anheben.
„US-Gäste mögen alles, was gut und teuer ist, Tradition und Geschichte hat“, sagt Bernd Herrmann von Senses of Cuba by Tourcom in Havanna. Er macht vor allem mit hochwertigen Reisen für Kunden aus aller Welt Geschäfte. „Es gibt Besucher aus den USA, die geben 7000 Dollar und mehr für eine Kuba-Reise aus“, sagt der Deutsche.
Zimmer sind Mangelware, Mietwagen schnell vergriffen
Herrmann und seine Kollegen vor Ort sehen die Situation heute so: Zimmer in gehobenen Hotels in Havanna oder Trinidad sind derzeit schwerer zu bekommen. Mietwagen sind in der Hochsaison schnell vergriffen. Klassische Rundreisen bis nach Holguín und Santiago im Osten werden teurer.
In Havanna sind um die 60 Jahre alte Cadillacs, Chevrolets, Buicks und Dodges die großen Stars. Ein echtes Schmuckstück ist ein roter, sehr gepflegter Buick Cabrio am lebhaften Parque Central. Die Motorhaube ist offen. Ein Paar aus New York ist begeistert, kann sich erst gar nicht satt sehen, feilscht ein bisschen und steigt ein. „Die ‚Americanos‘ fahren gern mit den alten Modellen, am liebsten Cabrio. Zu Hause können sie das wohl nicht mehr. Und sie zahlen reichlich Trinkgeld“, sagt Ramses Alvarez, einer der Fahrer.
Und was mögen Gäste aus den USA sonst noch? Sie wandeln gern auf den Spuren von Ernest Hemingway. In den dreißiger Jahren lebte Hemingway zeitweilig im historischen Hotel Ambos Mundos in der Altstadt. Sein Zimmer mit Schreibmaschine und anderen Utensilien können Urlauber besichtigen. Viele Touristen besuchen auch Hemingways Lieblingsbars La Bodeguita del Medio und El Floridita sowie sein Anwesen Finca Vigía.
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Interessieren sich die „Americanos“ auch für die Revolution und für Che Guevara? „Natürlich, das gehört zur gemeinsamen Geschichte beider Länder“, sagt Alejandro Ferras Pellicer in seinem kleinen Museum Sitial Moncada in der Marques Gonzales. Der 93-Jährige ist ein enger Gefährte Fidel Castros und einer der wenigen noch Lebenden, die am 26. Juli 1953 beim gescheiterten Sturm auf die Moncada-Kaserne in Santiago dabei waren. Der Jahrestag wird als symbolischer Beginn der Revolution Kubas feierlich begangen. „Ob Sozialist oder nicht, diese Geschichte ist für alle Pflicht“, sagt der Revolutionär.
Auch wer sich nicht für Politik interessiert, aber öfter nach Kuba fliegt, freut sich über diverse Erleichterungen der letzten Jahre. Heute ist ein Tagestrip nach Viñales oder Varadero in zwei Minuten gebucht – ohne den Pass vorzeigen zu müssen. Der Vorname reicht.
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Alternative zu Hotels: Casas particulares
So fahren auch Michael aus Darmstadt, John aus San Francisco, Maria aus Calgary und viele andere ins Touristenstädtchen Viñales. Sie freuen sich über üppige Natur, viele private Restaurants (Paladares) und unzählige schmucke Privatquartiere (Casas particulares) in kleinen Häusern mit Gärtchen. Oft stehen Schaukelstühle am Eingang. Dank findiger Eigentümer und kooperativer Behörden werben heute mehr als 600 solcher Unterkünfte um Gäste. Es gibt eben zu wenige Hotels, und die Casas particulares werden immer mehr zur Alternative.
Und was passiert, wenn das Embargo fällt? Das weiß keiner. Etwa 3,5 Millionen Touristen kamen 2015 nach Kuba. Gewiss ist: Für zusätzliche zwei oder drei Millionen Gäste, die dann pro Jahr von ihrem Land auf die Insel kommen könnten, fehlen Zimmer und Infrastruktur. Die Insel wird diese Massen nur nach und nach verkraften.