30. Oktober 2024, 16:34 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Türkei hat einen Antrag bei der Europäischen Union eingereicht, um den Döner Kebab als traditionelle türkische Spezialität anerkennen zu lassen. Könnte dies bedeuten, dass der liebste Mitternachtssnack der Deutschen bald strengeren Auflagen unterliegt? TRAVELBOOK klärt auf.
Eine türkische Vereinigung hat bei der Europäischen Union beantragt, den Döner Kebab als „garantiert traditionelle Spezialität“ anerkennen zu lassen. Dies würde bedeuten, dass das Produkt als ein traditionelles türkisches Kulturgut innerhalb der EU geschützt und somit seine Herstellung und Rezeptur standardisiert wird. Sollte der Antrag erfolgreich sein, könnte dies bedeutende Konsequenzen für den deutschen Markt nach sich ziehen.
Der Döner ist Teil von Deutschland
Wenn man einen Deutschen fragt, welches sein liebstes deutsches Gericht ist, nennt dieser den Döner meist in einem Atemzug mit Currywurst und Brezeln. Gewürztes Rindfleisch, das auf einem vertikalen Spieß gegart und danach in dünne Scheiben geschnitten wird, um schließlich mit viel Salat und Soße in einem Fladenbrot serviert zu werden – es gibt kaum eine Person in Deutschland, die dieses Gericht noch nie in ihrem Leben gegessen hat.
Einige behaupten sogar, dass der Döner einst in Deutschland erfunden wurde. Laut „Berlin.de“ wurde die Leibspeise der Deutschen in Berlin von einem türkischen Gastarbeiter erfunden. Der Verein türkischer Dönerhersteller in Europa ATDiD behauptet, dass ein Mann namens Kadir Nurman 1972 auf die Idee kam, das in der Türkei beliebte Kebab-Fleisch in Brot zu legen, um es schneller unterwegs verzehren zu können. In den Anfangsjahren waren es vor allem Gastarbeiter, die in Nurmans Imbissbude am Zoo nahe dem Kurfürstendamm Döner Kebab aßen – bis schließlich auch die Deutschen den handlichen Snack für sich entdeckten.
Tarkan Tasyumruk, Vorsitzender von ATDiD, betont jedoch, dass der Döner in seiner heutigen Form eher eine deutsche als eine türkische Kreation sei. Während das Kebab-Fleisch in der Türkei früher als besondere Delikatesse galt, entwickelte sich der Döner erst in Deutschland zu einem Fast-Food-Klassiker – eine „deutsche Version“, die schließlich auch in die Türkei Einzug hielt.
Türkei möchte Döner als traditionell türkische Spezialität anerkennen lassen
Dieser Aussage von Tarkan Tasyumruk würde die Internationale Döner-Föderation widersprechen. Wenn es nach der türkischen Vereinigung ginge, könnte bald jedem einzelnen Dönerladen in Deutschland – von denen es laut „Berlin.de“ immerhin über 18.000 gibt – der Verkauf von Döner Kebabs unter diesem Namen verboten werden. Tatsächlich hat die Organisation kürzlich einen Antrag bei der Europäischen Kommission eingereicht, um den Döner Kebab als „garantiert traditionelle Spezialität“ anerkennen zu lassen, die ihren Ursprung und ihre Entwicklung in der heutigen Türkei hat. Dadurch würde der Döner einen geschützten Status erhalten, ähnlich wie die neapolitanische Pizza aus Italien oder der Serrano-Schinken aus Spanien.
Nur Spieße, die spezifische, strenge Anforderungen erfüllen, dürften dann als Döner Kebab bezeichnet werden. Die tragbare Berliner Variante würde diesen Standards jedoch nicht gerecht werden. Zudem soll ausschließlich das Fleisch von Lämmern oder von mindestens 16 Monate alten Rindern für die Zubereitung eines Döners erlaubt sein.
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Bundesernährungsministerium erhebt Einspruch
Laut einem Bericht des „Mdr“ habe man den Antrag beim Bundesernährungsministerium mit „einiger Verwunderung zur Kenntnis genommen“. Die türkischen Vorgaben würden nicht den Standards der deutschen Gastronomie entsprechen. „Bei Annahme des unveränderten Antrags aus der Türkei wäre ein Eingriff in den deutschen Markt mit spürbaren wirtschaftlichen Auswirkungen zu erwarten“, äußert das Ministerium. Cem Özdemir, der Bundesminister für Ernährung und Landwirtschaft der Bundesrepublik Deutschland, postete als Reaktion auf den Antrag auf der sozialen Plattform X: „Der Döner gehört zu Deutschland. Jeder sollte selbst entscheiden dürfen, wie er hier zubereitet und gegessen wird. Da braucht es keine Vorgaben aus Ankara.“
Im Rahmen des EU-Verfahrens hat die Bundesanstalt für Landwirtschaft und Ernährung (BLE) Einspruch bei der EU-Kommission eingelegt. Die Behörde in Brüssel prüft diesen Einspruch derzeit und könnte gegebenenfalls ein „Konsultationsverfahren“ einleiten. In diesem müssten Deutschland und die Türkei dann eine Einigung erzielen. Dafür hätten die beiden Streitparteien dann insgesamt sechs Monate Zeit. TRAVELBOOK fragte bei der EU-Kommission an, ob es aktuelle Entwicklungen in dem Verfahren gibt und was passiert, wenn man keine Einigung erzielt. Eine Antwort steht derzeit noch aus.