2. September 2015, 14:09 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten
Am 5. September ist „Tag des Kaffees“. Ein schöner Anlass, mal der Frage nachzugehen, wie der Kaffee in den verschiedenen Ländern eigentlich getrunken wird. TRAVELBOOK hat sich auf eine abgebrühte Weltreise begeben und zeigt unter anderem, worauf die Skandinavier stehen, wie die Vietnamesen den Muntermacher trinken und wo bei der Zubereitung doch tatsächlich ein Cocktail-Shaker zum Einsatz kommt.
Deutschland ist ein Kaffeeland. Im Schnitt trinken die Bundesbürger 150 Liter Kaffee im Jahr. Also eine ganze Badewanne voll. Und schon zu Beethovens Zeiten war das morgendliche Heißgetränk sehr beliebt. Der Komponist selbst, so verrät der Deutsche Kaffeeverband e.V., hat jeden Tag 60 verschiedene Bohnen per Hand abzählen lassen – und kam damit sicher auch auf eine beachtliche Menge Kaffee pro Jahr.
Aber nicht nur hierzulande spielt das aromatische Getränk seit jeher eine aufmunternde Rolle. Schon im 15. Jahrhundert schlürften es Araber in Kaffeehäusern. Diese Institutionen entstanden dann Mitte des 16. Jahrhunderts auch allmählich in Europa. Das Kaffeehaus wurde zum Treffpunkt mit Unterhaltungscharakter für das Bildungsbürgertum.
Der Genuss eroberte die ganze Welt und die Bohnen und Plantagen wuchsen vor allem rund um den Äquator, weil dort das beste Klima herrscht. Den Unterschied machen in den unterschiedlichen Kulturkreisen der Feinheitsgrad des Pulvers und landestypische Zugaben.
TRAVELBOOK nimmt Sie mit auf eine aromatische Weltreise und lässt Sie hineinschnuppern in die diversen Kaffeekulturen. Los geht’s!
Deutschland: Traditionell mögen die Deutschen Filterkaffee schwarz oder mit Milch und Zucker. Zu dem Brühgetränk kam es durch Melitta Bentz. Sie filterte 1908 Kaffeepulver durch ein Stück Papier und einen löchrigen Messingtopf. Voilà, schon war der bekannte Kaffeefilter geboren.
Frankreich: Oui, die Franzosen trinken nicht nur Wein, sondern auch Café au lait. Die Tasse tauschen sie dabei gegen eine Schale („bol“), das Brötchen gegen ein – was auch sonst – Croissant. Was sie trinken, nennt sich „French Press“. Bei dem Verfahren, das 1850 in Frankreich erfunden wurde, wird Kaffeepulver in einer Pressstempelkanne mit heißem Wasser übergossen und nach dem Ziehen auf den Boden gepresst.
Skandinavien: Schon mal „schwedischen Kaffee” bestellt? Die Skandinavier mögen ihren Muntermacher gern hochprozentig. Denn mittags in eine Kneipe zu gehen, ist verpönt. Lieber laden sich Norweger, Schweden und Co. Freunde nach Hause ein und schütten schon mal Wodka, Klaren und die Kümmel-Spirituose Aquavit ins Tässchen.
Italien: Die Bandbreite ist groß – Espresso, Cappuccino, Latte Macchiato. Grundlage für alle drei Heißgetränke ist der Espresso, der je nach Gusto mit Milch und Milchschaum verfeinert wird. Das Geheimnis hinter dem Espresso: Heißes Wasser wird mit hohem Druck durch fein gemahlenes Kaffeemehl aus dunkel gerösteten Bohnen gepresst. Dabei entsteht ein Schaum aus den Kaffeebohnenölen. Die Italiener nennen das Crema.
Türkei: Ibrik – so heißt das kleine Kännchen mit dem langen Stiel, in dem heißes Wasser mit Zucker und sehr feinem Mokkapulver verrührt wird. Aufkochen, fertig. Vorsicht beim Genuss: Der Kaffeesatz bleibt in der Tasse, also nicht komplett leer trinken. Übrigens: Weil in der arabischen Welt Alkohol verboten ist, nennt man den Kaffee dort auch „Qahwa“, „Wein des Islam“.
Auch interessant: 4 beliebte Kaffeevollautomaten im großen TECHBOOK-Test
Griechenland: Was viele wahrscheinlich den Amerikanern zuordnen würden, wird vorrangig in Griechenland und Zypern serviert – der Café frappé (aus dem Französischen: „gekühlter Kaffee“). Der kalt aufgeschäumte Kaffee mit Eiswürfeln macht wegen des warmen Klimas auf den (Halb)Inseln durchaus Sinn. Dabei wird grobkörniger Kaffee oder auch Instantkaffee mit kaltem Wasser und nach Belieben etwas Zucker in einem Cocktail-Shaker schaumig geschüttelt. Besonders gern trinken die Griechen daneben den starken türkischen Kaffee.
Vietnam: Einmal Lippen spitzen und nachsprechen bitte: Cà phê sữa đá. Das ist der Kaffee, der mit Eis und süßer Kondensmilch in Südostasien serviert wird. Dabei sitzt ein Metallsieb auf einer Schale mit der süßen dicken Milch, in die dann der gefilterte Kaffee läuft. Ja, Vietnam liebt Kaffee und ist laut „Statista“ der zweitgrößte Exporteur weltweit. Neben den normal üblichen Sorten Arabica und Robusta nutzen die Vietnamesen auch die leicht nussig-schokoladigen Arten Catimor (energiereich) und Chari (koffeinarm).
Amerika: Während die Europäer sich gern Zeit für ihren Kaffee nehmen, wird er in den USA schon mal im Gehen getrunken, und hierzulande inzwischen auch immer öfter. Die „To go“-Variante kommt in Bechern aus Pappe oder Edelstahl daher und enthält oft wahrlich Süßes: Iced Coffee, zum Beispiel, also Kaffee mit Milch, Zucker und Eiswürfeln. Oder Caramel Latte, der aus Kaffee, Milchschaum und Caramelsoße bestehend seinen Weg in den Magen vieler Amerikaner antritt.
Äthiopien: In der Ruhe liegt die Kraft, ist scheinbar die Devise in dem als Wiege des Kaffees geltenden Landes. Denn das Kaffeetrinken ist hier eine richtige Zeremonie. Der Webseite Coffeecircle.com zufolge werden zuerst die Bohnen geröstet, dann gemörsert und schließlich mehrmals mit Wasser über offenem Feuer aufgekocht. In kleine Tässchen geschüttet geht es dann in mehreren Runden um den Genuss, Alltagsprobleme und den Segen für die Zeremonienteilnehmer.
Australien/Neuseeland: Flat White ist das Kaffeegetränk auf der anderen Seite des Erdballs. Es wurde in den Achtzigerjahren erfunden, weiß Reiseblogger travel.bjoerne.de zu berichten. Im Prinzip ist es ein Cappuccino. Der Unterschied liegt aber im Milchschaum, der beim Flat White dünner als beim Cappuccino und fast schon flüssig ist.
Spanien: Der Klassiker in Spanien ist der Cortado, ein Espresso mit wenig Milch, geschäumt oder gesüßt. Eine Variante: der Cortado leche y leche, bei dem neben normaler Milch noch Kondensmilch hinzugefügt wird. Wer in Spanien einen Espresso möchte, bestellt einen Café solo.
Portugal: Die Portugiesen trinken gern und zu fast jeder Tageszeit ihren Kaffee. Morgens ist der Galão sehr beliebt. Dieser wird in einem hohen Glas serviert, nebst extralangem Espressolöffel, und besteht aus einem Espresso und sehr viel Milch (nicht aufgeschäumt). Schon Kinder dürfen morgens ihren Galão trinken, was auch erklären dürfte, warum manche um 23 Uhr noch nicht im Bett sind. Ansonsten wird vorwiegend Espresso konsumiert, im Süden Bica genannt, im Norden einfach nur Café oder Cafézinho. Der Espresso gleicht jedoch eher einem Ristretto, so kurz ist er zuweilen.
Brasilien: Obwohl das südamerikanische Land ein Kaffee-Exportland ist, gibt es nicht sonderlich viele Variationen, das Getränk zu konsumieren. Allerdings trinken die Brasilianer durchaus reichlich Kaffee. Jeder, der schon mal in Brasilien war, kennt die Kaffee-Thermoskannen, die in Restaurants, Behörden und anderen öffentlichen Einrichtungen zu finden sind. Meist gibt es zwei: eine mit gezuckertem und eine mit schwarzem Kaffee. Getrunken wird der Cafézinho in Mini-Plastikbechern – und er schmeckt: hervorragend!