22. Dezember 2020, 5:43 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Wer schon mal in Japan war, hat die bunten Plastik-Gerichte bestimmt schon gesehen. Vor fast jedem Restaurant sind Teller mit Fake-Food aufgebaut. TRAVELBOOK weiß, was es damit auf sich hat.
Im Land der aufgehenden Sonne sind „Sanpuru“ nicht mehr wegzudenken. Das Wort bedeutet „Kostprobe“ und umschreibt Gerichte, die aus Wachs, Plastik oder Silikon hergestellt werden. Vom Original sind diese meist kaum zu unterscheiden.
Die Herstellung von Fake Food ist in Japan zu einer regelrechten Kunstform geworden. Jede Speise wird in Handarbeit gefertigt. Vor allem im Tokioter Stadtteil Kappabashi gibt es unzählige Unternehmen, die Gerichte aus Plastik und Wachs herstellen, schreibt das internationale Nachrichtenportal „Global Voices“.
Das Million-Dollar-Business mit dem Fake-Food Sanpuru
Sanpuru ist mittlerweile zum Millionen-Business geworden. 90 Millionen Dollar soll das Gewerbe wert sein, und das nur innerhalb der Landesgrenzen Japans, schreibt der britische „Guardian“. Die Fake-Gerichte sind nämlich nicht gerade günstig und ein Sanpuru kann etwa zehnmal so viel kosten wie die essbare Version der Speise. Und nicht nur japanische Gerichte werden aus Plastik kreiert, wie dieses Foto eines Instagram-Nutzers zeigt:
Wie entstehen Sanpuru?
Um Sanpuru herzustellen, muss erst eine Art Gipsform hergestellt werden. Dazu wird oft das echte Gericht eingefroren und für die Form verwendet. Danach werden die Gussformen gebrannt und anschließend eingefärbt und bemalt. Fake-Food-Künstlerin Sayuri erzählt in diesem Video von „Culture Trip“, dass das Bemalen der wichtigste Teil der Herstellung ist. Am Schluss werden die Gerichte noch glasiert, um frisch und unwiderstehlich auszusehen. Kleine Speisen können an einem Tag hergestellt werden, für aufwendigere Gerichte kann der Prozess schon mal eine ganze Woche dauern.
Die Geschichte von Sanpuru begann vor 90 Jahren mit dem Japaner Takizo Iwasaki. Eine Legende besagt, dass der Mann ein Omelett mit Kerzenwachs so gut nachahmte, dass seine Frau es nicht mehr von einem echten unterscheiden konnte. Iwasaki etablierte sich später als größter Sanpuru-Hersteller Japans. Denn 1930, als Iwasaki seine Idee entwickelte, gab es noch keine Farbfotografie und so mussten Restaurants auf diese kostspielige Variante zurückgreifen, wenn sie Gästen ihre Gerichte zeigen wollten.
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Der Durchbruch für Sanpuru kam im Zweiten Weltkrieg
Es war der Zweite Weltkrieg, der das Geschäft erst richtig zum Laufen bringen sollte. Während dieser Zeit waren viele US-amerikanische Soldaten in Japan stationiert. Sie konnten die Speisekarten der Restaurants nicht entziffern und waren daher besonders dankbar für die Gerichte aus Plastik, deren Zutaten schnell zu erkennen waren.
Während einer Reise nach Japan können sich Touristen auch selbst in der Kunst üben und ihr eigenes Sanpuru herstellen. Wer will, kann sich vor Ort auch Handyhüllen mit Fake-Fischen oder Nudeln kaufen oder gleich ganze Ramen-Schüsseln mit nach Hause nehmen.