11. Dezember 2024, 13:16 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Nirgendwo in Bangkok ist es aktuell schwerer, einen der 35 Plätze zu reservieren als im Potong. Die Tische sind über Wochen im Voraus ausgebucht. TRAVELBOOK-Autor Michael Quandt war dort und hat das Menü der offiziell besten Köchin Asiens probiert.
Wer nach Bangkok reist, besucht unzählige prunkvolle Tempel. Wer in der Stadt der Engel den Tempel des Genusses sucht, muss sich in das Labyrinth Chinatowns aufmachen. In den engen und verwinkelten Gassen hat dort in der Hochzeit der Corona-Pandemie 2021 das Restaurant Potong eröffnet.
Seitdem gewinnen das Potong und dessen junge Chefin Pichaya Soontornyanakij (35), besser bekannt als „Chef Pam“, einen Preis nach dem anderen: beste Restaurant-Eröffnung, zwei Jahre in Folge ein Michelin-Stern, Platz 35 der Liste der 50 besten Restaurants Asiens, Platz 57 weltweit. Und dieses Jahr wurde Chef Pam sogar als beste Köchin Asiens ausgezeichnet.
Das Potong befindet sich in einem historischen fünfstöckigen Gebäude im Herzen von Bangkoks Chinatown. Das 120 Jahre alte Gebäude war einst eine chinesische Apotheke, gehörte Pams Großvater, der dort lebte, bis er Ende der 1950er Jahre heiratete. Er vermietete es als Schuhgeschäft, doch 2019 zog der Mieter aus, das Haus stand leer und Chef Pam griff selbst zu.
Zweieinhalb Jahre lang baute sie die alte Apotheke zusammen mit ihrem Mann zu einem Restaurant um. Jetzt liegen Dschungel- und Tiger-Wandmalereien neben freiliegenden Ziegeln und Böden aus dunkelster Melasse. Alte Wandmalereien, Gemälde und Stiche an den Wänden erzählen immer noch Geschichten, während Chef Pam eine völlig neue – kulinarische – hinzufügt.
Zu Besuch im Potong in Bangkok
Die kulinarische Reise beginnt im Erdgeschoss im ehemaligen Verkaufsraum der Apotheke, dort werden die Gäste mit hausgemachtem Kombucha und Informationen zur Geschichte des Hauses begrüßt.
Dann geht es eine Etage höher. Am Eingang zur winzigen Küche von acht oder zehn Quadratmetern, in der Chef Pam das Team dabei anleitet, ihre Interpretation von thailändischen und chinesischen Klassikern zu kochen, gibt es Palmherz-Brötchen mit Cashewnuss-Pate. Weiter geht’s aufs Dach. Hinaufklettern in den zweiten, dritten, vierten Stock kann man über enge, halsbrecherisch steile Treppen, die in Deutschland niemals genehmigt werden würden, oder bequem im Mini-Aufzug. Der ist allerdings so schmal, dass man schon vor dem Essen den Bauch einziehen muss, um nicht in die Lichtschranke zu geraten.
20 Gänge – und keine vegetarische Option
Dort, in der fünften Etage, gibt es den nächsten Bissen mit Blick über die Dächer von Chinatown, bevor man im zweiten oder dritten Stock des Hauses ein 20-Gänge-Menü erlebt, das sich um Pams Familiengeschichten dreht. Das Menü ist aus Chef Pams Fünf-Elemente-Philosophie aus Salz, Säure, Gewürzen, Textur und Röstaromen (Maillard-Reaktion) zusammengestellt. Spezielle Gerichte für Allergiker oder Vegetarier gibt es nicht. Wer hier essen will, muss die 20 Gänge nehmen, wie sie auf den Tisch kommen. Punkt.
Im Mittelpunkt von Chef Pams Küchenstil steht die Transformation: Zutaten, die auf den ersten Blick vertraut wirken, werden dekonstruiert, neu interpretiert und in überraschenden Formen auf den Teller gebracht. Die kleinen Orangen, die an einem silbernen Baum hängen, zergehen auf der Zunge und sind eine Geschmacksexplosion am Gaumen. Die Surat Thani Auster wird flüssig serviert und ist so intensiv, wie ich es noch nie erlebt habe.
Die Krabbe kommt zwar als Ganzes auf den Teller. Doch wenn man den Panzer anhebt, findet man dort eine Mousse der Blaukrabbe und Emulsion auf Krabbenrogen, die man auf thai-chinesischem Brot isst. Der Palm Sugar Lollipop, außen knusprig und innen zäh, ist Teil einer Reihe von Vorspeisen, zu der die Kellner ein Comic-Heft bringen, das von Chefkoch Pams Team bei der Suche nach der Palmzutat erzählt.
Die Yin-Yang-Nudeln sind ein Spezialgericht, das von dem klassischen chinesisch-thailändischen Gericht Rad Nah inspiriert ist. Die mit Tintenfischtinte getränkten schwarzen und weißen Nudeln werden mit einer Schicht weißem Essiggelee überzogen, mit cremiger Schweineknochenbrühe beträufelt und darüber am Tisch mit frisch geriebenem Eigelb abgerundet. Unfassbar gut. Jeder Gang ist durchdacht, jedes Detail – vom Porzellan bis zur Temperatur der Gerichte – ist perfekt abgestimmt.
Bei DaDong essen Sie das Federvieh mit Haut und Hirn Die beste Pekingente Pekings!
Neues Top-Ranking Die 10 beliebtesten Gourmet-Restaurants Deutschlands
Gäste haben entschieden Das beliebteste Restaurant Deutschlands ist…
Der Höhepunkt – die Ente
Höhepunkte des Abends ist Chef Pams Signature Dish: eine Hommage an die Ente, die knusprig gegrillt und im Inneren noch rosa ist. Begleitet von Essiggurken, Auberginen und anderem für Südostasien typischem Gemüse sowie gekonnt gewürztem gebratenem Reis.
Für dieses Gericht wird die Ente in heißem Wasser blanchiert und auf traditionelle Weise zum Trocknen aufgehängt. Dann wird sie erneut mit Essig, Glukose, Sojasauce und Fünf-Gewürze-Pulver blanchiert und 14 Tage lang in den Kühlschrank gehängt, um die Haut besonders trocken zu machen, damit sie beim Braten extra knusprig wird. Vorm Servieren wird sie nur 10 Minuten lang bei sehr hoher Hitze gegart – eine Technik, die eine süß duftende, knusprig lackierte Haut mit zartem Fleisch im Inneren ergibt. Nicht umsonst wird in den sozialen Netzwerken die Ente von Chef Pam als beste Pekingente außerhalb Chinas bezeichnet.
Mit einem Preis von etwa 175 Euro pro Person für das Degustationsmenü ist das Potong sicherlich kein günstiges Vergnügen. Doch hier zahlt man für die Kunst, die Geschichte und das Herzblut, das in jedem von Chef Pams Gerichten steckt. Ein einmaliges Erlebnis für alle Sinne. Ein Abend, den ich für immer auf der Zunge haben werde. Für mich ist es nur eine Frage der Zeit, bis im nächtlichen Himmel von Bangkok der zweite Stern über dem Potong erstrahlen wird.