5. April 2023, 5:45 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
In einem kleinen versteckten Ort, unweit der Touristenzentren um Antalya, schlagen Flammen aus einem Berg. Seit Jahrhunderten tun sie das, wiesen einst Schiffen den Weg und locken heute Touristen an. Doch niemand hat das Feuer an dem Ort, den die Türken Chimaera nennen, entfacht. Eine Wanderung auf den Spuren eines Rätsels.
Nach Einbruch der Dunkelheit werden die Wanderschuhe geschnürt und der Rucksack geschultert. Etwas Proviant sollte darin sein. Eine Taschenlampe sowieso. Und bloß nicht die Wasserflasche vergessen: Denn die braucht man nicht nur zum Durstlöschen während der schweißtreibenden Wanderung. Doch dazu später.
Zwanzig Minuten dauert der Aufstieg auf den 250 Meter hohen Yanar. Dann lichtet sich der Wald und gibt den Blick frei auf ein Felsplateau, auf dem, so scheint es, sechs, acht, zehn kleine Lagerfeuer lodern, bis zu 30 Zentimeter hoch. Aber niemand hat hier Holz zu Haufen getürmt. Aus kleinen Felsspalten züngeln die Flammen, seit Ewigkeiten schon und ganz von allein. Es sei denn, jemand hält ein Feuerzeug über eine Erdspalte, dann entzündet sich schon mal eine neue, alte Flamme.
Chimaera und die rätselhaften Feuer
Doch wie entsteht das Feuer? Es sind Erdgase, die hier aus Rissen, Spalten und kleinen Löchern entweichen und sich entzünden. Das Gas fackelt sozusagen ab. Yanartas, brennender Stein, nennen die Türken diesen Ort. Oder auch: Chimaera, weil hier die sagenhafte Chimäre zu Hause war, jenes Feuer speiende Mischwesen mit dem Kopf eines Löwen, dem Körper einer Ziege und dem Schwanz einer Schlange, das von Bellerophon, Enkel des Sisyphos, mithilfe des geflügelten Pferdes Pegasus getötet wurde.
In der Antike waren die Flammen wie ein Leuchtfeuer auf dem Meer zu beobachten – und auch heute noch kann man bei Dunkelheit von einem Schiff aus die Flammen lodern sehen. Am romantischsten aber ist es direkt vor Ort, auf dem Berg, am natürlichsten Lagerfeuer, das es gibt. Die Atmosphäre ist einzigartig: Viele haben Weinflaschen dabei, manche eine Gitarre. Und irgendeiner hat sicher auch eine Pfanne und Eier eingepackt – denn wann hat man schon mal die Gelegenheit, über einem so einzigartigen Feuer eine schnelle Mahlzeit zu brutzeln?
„Der Koch der Olympos Lodge gab uns eine Pfanne mit, ein Fläschchen mit Öl und eine Plastikflasche voll Teig für Crêpes“, schreibt Rainer aus Berlin auf Tripadvisor, „in der Mitte des Feldes sind links die besten ‚Kochstellen‘. Die Crêpes sind schnell gebacken. Man ist hier nie ganz allein, also kann man auch noch einen Crêpe abgeben.“
Baum der Wünsche
Und was hat es nun mit der Wasserflasche auf sich? Oben angekommen löst man das Etikett von der Flasche, faltet es zu einer Schleife, bindet es an einen Baum, an dem schon Tausende dieser Schleifchen hängen und: hat einen Wunsch frei. Wie viele wohl nur den einen haben? Irgendwann einmal wieder herkommen zu können – an diesen einzigartigen, nahezu magischen Ort.
Wo wohnen? Am besten nimmt man sich ein Zimmer in Cirali, in einer der hübschen Pensionen und kleinen Hotels, in denen ein weitläufiger Garten mit buckligen Orangenbäumen fast so selbstverständlich zur Anlage gehört wie die obligatorischen Oliven auf den türkischen Frühstückstellern. Übrigens: Der Strand von Cirali ist einer der zehn schönsten Strände der Türkei.
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Karte: Lage von Cirali
Corona-Hinweis: Aufgrund der aktuellen Corona-Lage warnt das Auswärtige Amt weiterhin vor nicht notwendigen, touristischen Reisen in die Türkei.