15. Juli 2020, 12:59 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Es gibt sie noch, die guten Dinge – unweit des mondänen Lago Maggiore wird nach traditioneller Art Farina Bona hergestellt. Das „gute Mehl“ ist Teil einer Bewegung, eine unwegsame Region wiederzubeleben. Warum sich der Weg ins Onsernone-Tal noch lohnt und warum es auch die „schönste Sackgasse der Schweiz“ genannt wird.
Plötzlich riecht es nach Popcorn. Dabei sind weit und breit nur steile, baumbestandene Berghänge und graue Steinhäuser zu sehen, einige mit Mühlrad an einer Seite. Hier wird das traditionelle Farina Bona hergestellt. Der Duft führt in ein Gebäude, in dessen Erdgeschoss eine Maschine so laut lärmt, dass Ilario Garbani sich kaum verständlich machen kann. Neben ihm stehen Säcke mit Mais, die Grundlage für „Farina Bona“. Das „gute Mehl“, so die Übersetzung, stammt traditionell aus dem unwegsamen Onsernone-Tal im Schweizer Kanton Tessin.
Es ist eine ganz andere Welt als der unweit gelegene Lago Maggiore. Einfacher, ärmlicher. Ins Dorf Vergeletto zu Garbanis Farina-Bona-Produktion gelangt man über eine schmale Route entlang des Flusses Ribo. „Früher hat man den Mais in einer Pfanne geröstet“, erklärt Garbani über den Lärm hinweg. „Heute benutze ich eine Maschine, in der anderswo Kaffeebohnen geröstet werden.“ In der Trommel im Inneren rotieren die Maiskörner. Als Garbani eine Klappe öffnet, sausen sie mit lautem Zischen und Knacken in eine große Auffangschale aus Metall. In der einzigen wieder aktiven Mühle im Tal erzeugen Garbani und seine Helfer vier Tonnen Farina Bona im Jahr, obwohl die Nachfrage viel größer ist. Verwendet wird es für Biscotti, Grissini, Pasta oder einen Brotaufstrich namens Bonella.
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Sieben Sonnenstunden pro Tag
Früher war Farina Bona für die Menschen im Tal das täglich Brot. Dann verlor es an Bedeutung, Ende der 1960er Jahre machte die letzte Mühle dicht. Jetzt soll Farina Bona zur Wiederbelebung des Tals beitragen, wie Garbani sagt. Derzeit leben dort nur noch 600 bis 700 Menschen, viele von ihnen Bergbauern, die jetzt auf sanften Tourismus setzen.
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Das Leben hier war immer hart, die Region gehört zu den ärmsten im Tessin. Auch wegen der Geografie: Das Onsernone-Tal verläuft nach einem steilen Einstieg am Fluss Isorno entlang. Als letztes Dorf erreicht man Spruga auf 1100 Metern Höhe. Danach geht es nur noch zu Fuß weiter bis zur italienischen Grenze. Manche Menschen sagen, das Onsernone-Tal sei die schönste Sackgasse der Schweiz. Dafür spricht auch die Lage der Dörfer hoch oben am Nordhang, die ihnen selbst im Winter bis zu sieben Stunden Sonnenscheindauer pro Tag beschert. Schwierig kann es allerdings nach langen Regenfällen werden, weil dann oft Schlammlawinen die Straßen blockieren.
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Anziehungspunkt Künstler
So idyllisch ist es im Valle Onsernone, dass schon viele Künstler hierherkamen, um Ruhe und Inspiration zu finden. Vor allem der Ort Berzona hat sich seit dem 20. Jahrhundert zu einer regelrechten Künstlerkolonie entwickelt. Bekannte Schriftsteller wie Alfred Andersch, Golo Mann und Max Frisch haben hier gewohnt. Frisch besaß hier in der Nähe des Friedhofs ein Wohnhaus. Eine Gedenktafel erinnert an den Ehrenbürger des Dorfes.
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Anreise: Swiss oder Lufthansa fliegen von mehreren deutschen Flughäfen nach Zürich. Von dort mit dem Zug in etwa 3,5 Stunden nach Locarno und dann per Postauto bis nach Spruga oder Vergeletto.