22. Oktober 2024, 16:58 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Fünf Regionen auf der Welt, in denen die Menschen bei hoher Lebensqualität besonders alt werden – diese bezeichnet man seit einer Weile als „Blue Zones“. TRAVELBOOK stellt sie im Einzelnen vor und geht genauer auf die verschiedenen Merkmale ein, die sie ausmachen.
Den Begriff „Blue Zones“ geprägt hat der US-amerikanische Forscher und Journalist Dan Buettner. Entdeckt hat er sie auf der Suche nach dem Geheimnis für ein besonders langes Leben. Dieses scheinen Menschen vor allem an fünf speziellen Orten auf der Welt zu kennen. Denn die Bevölkerung erreicht dort im Durchschnitt das 100. Lebensjahr und bleibt dabei bis ins hohe Alter gesund, fit und vital.
Übersicht
Deutschland ist keine der offiziellen Blue Zones. Doch bevor Sie übers Auswandern nachdenken: Es genügt nicht, an einen der unten folgenden Orte zu ziehen, um seine Lebenserwartung zu erhöhen. Dazu gehört eine sehr spezielle, gesundheitsförderliche Lebensführung.
Deshalb werden die Menschen in den Blue Zones besonders alt
Buettner hat die Blue Zones im Rahmen von Reisen um die Welt entdeckt und dabei intensive Feldforschung betrieben. Zusammen mit seinem Team hat er intensiv demografische Daten studiert. Was genau die Menschen in den Blue Zones anders machen, war auch Gegenstand einer wissenschaftlichen Arbeit, auf die die Kollegen von FITBOOK bereits genauer eingegangen sind. Wie der Experte demnach herausgefunden hat, haben die Bewohner der Blue Zones in ihrer allgemein Lebensführung die folgenden neun Gemeinsamkeiten.
- 1. Sie kommen täglich auf ein hohes Maß an Bewegung
- 2. Sie sehen einen Sinn im Leben und in der eigenen Existenz für die Gemeinschaft
- 3. Um Stress abzubauen, kennen und befolgen sie gezielte Maßnahmen
- 4. Sie essen regelmäßig, aber stets relativ kleine Mengen
- 5. Ihre Ernährung besteht zu großen Teilen aus pflanzlichen Nahrungsmitteln
- 6. Es wird regelmäßig in moderaten Mengen Rotwein konsumiert (– „mäßige Trinker leben länger als Nichttrinker“, heißt es in der Studie)
- 7. Sie glauben an eine höhere, gütige Macht und daran, von ihr geschützt zu sein
- 8. Die Familie ist ihr Lebensmittelpunkt
- 9. Sie haben Freunde, auf die sie sich stets verlassen können
Buettner und sein Team sprechen im Bezug auf diese neun Merkmalen von der „Power 9“. In Kombination bescheren sie seiner Forschung zufolge ein gesundes, langes Leben.
Das sind die 5 weltweiten Blue Zones
Um dem Titel Blue Zone gerecht zu werden, müssen Regionen über verschiedene Merkmale verfügen. Dazu zählen neben der Beobachtung der vorgestellten Gewohnheiten eine überdurchschnittlich lange Lebensdauer der Einheimischen und geringe Erkrankungsraten innerhalb der Bevölkerung. So sind in den Blue Zones Fälle von beispielsweise Krebs, Herz-Kreislauf-Erkrankungen und Diabetes mellitus deutlich seltener.
Falls Sie sich über das „Blau“ in den „Blue“ Zones gewundert haben: Der Begriff entstand, weil Dan Buettner und sein Team in einer frühen Phase ihrer Arbeit die zu untersuchenden Gebiete auf einer Weltkarte blau markiert haben.
Ikaria, Griechenland
Sie wird nicht ohne Grund die „Insel der Hundertjährigen“ und manchmal „Insel der Unsterblichen“ genannt. Der Anteil der 90-Jährigen auf Ikaria (oben im Bild zu sehen) ist zehnmal höher als im europäischen Durchschnitt. Auch werden dort weniger Fälle von Demenz- und Krebserkrankungen und gezählt als überall sonst auf der Welt. Die konkreten Gründe dafür beschäftigten Forscher auch schon vor Buettner. Neben einem hohen an Konsum von Gemüse und gesunder pflanzlicher Fette wird ein rege sexuelle Aktivität der Einheimischen diskutiert. Auch soll das mediterrane Klima der Lebenserwartung zuträglich sein.
Okinawa, Japan
Auch die Langlebigkeit Japans ist ein in der Forschung vielbeachtetes Feld. In Okinawa, der südlichste Präfektur Japans, werden dabei offenbar vor allem Frauen besonders alt. Bei ihnen liegt laut der Nationalen Tourismusorganisation die durchschnittliche Lebenserwartung bei 86; Männer werden im Schnitt immerhin noch 80 Jahre alt. Die traditionelle japanische Ernährungsweise ist bekanntermaßen eine der weltweit gesundheitsförderlichsten. In der Blue Zone Okinawa spielen dabei vor allem pflanzliche Produkte wie allen voran Soja eine entscheidende Rolle, doch auch die japanische Süßkartoffeln Imo ist hier ein gelobtes Grundnahrungsmittel. Sie gilt als ballaststoffreiche Nährstoff-Wunderknolle, wie man auf der Website der offiziellen „Blue Zones Organisation“ erfährt.
Sardinien, Italien
Auf der italienischen Insel Sardinien erreichen wieder vor allem die Männer ein besonders hohes Lebensalter. An keinem anderen Ort gibt es Buettnes Forschung zufolge so viele männliche Hundertjährigen. Hier werden speziell Dörfer in der Subregion Barbagia als Blue Zones gewertet. Die Menschen hier schreiben soziale Bindungen groß und ernähren sich zu großen Teilen aus Gemüse und Vollkornprodukten. Fleisch kommt nur selten auf den Tisch.
Nicoya-Halbinsel, Costa Rica
Ebenso die Nicoya-Halbinsel gilt als Blue Zone. Man sagt, dass die Einheimischen viel Wert auf ein stressfreies Leben legen. Sie bewegen sich im Alltag viel, in dem sie Wege zu Fuß zurücklegen oder im Garten arbeiten. Auch der Familiensinn soll unter den Bewohnern Nicoyas sehr ausgeprägt sein – es ist typisch für den Ort, dass die Menschen mit ihren Kindern und Enkelkindern unter einem Dach leben und sich gegenseitig unterstützen. Die Ernährung gilt als besonders vollwertig. Zu den typischen Nahrungsmitteln gehören Gemüsesorten wie Kürbis und Mais, daneben verschiedene Hülsenfrüchte und die bekanntermaßen nährstoffreichen Bananen.
Loma Linda, Kalifornien (USA)
Die adventistische Gemeinde im kalifornischen Loma Linda „überlebt den Durchschnittsamerikaner um ein Jahrzehnt“, ist dazu in Dan Buettners Studie nachzulesen. Es handelt sich bei ihr um eine bekannte christliche Glaubensgemeinschaft, die sich in dieser Eigenschaft an offenbar gesundheitsförderliche Grundsätze hält. Anhänger der adventistischen Gemeinde ernähren sich demnach bibeltreu vegan mit viel Blattgemüse, Nüssen und Hülsenfrüchten. „Sie halten den Sabbat ein“, so Blue-Zone-Forscher Buettner weiter, was ein Mal pro Woche mit einem „Herunterschalten“ für 24 rund Stunden einhergeht. Neben ihrer Spiritualität soll auch ein insgesamt hohes Maß an Bewegung zu der langen Lebensdauer beitragen.
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Das Blue-Zones-Prinzip bitte nicht zu sehr für voll nehmen
Sicherlich kann man sich von den beobachteten Gewohnheiten der Bewohner der Blue Zones das eine oder andere abgucken. Ein Dogma daraus machen, sollten Sie aber bitte nicht. Zumal das von Dan Buettner begründete und längst auch lukrativ vermarktete Konzept heute nicht mehr ganz unkritisch betrachtet wird. Es wird etwa moniert, dass die zugrunde liegenden Daten hinsichtlich der Lebensdauer und Gesundheit der Menschen in den Blue Zones nicht immer verlässlich sind.
Und: „Die Blue-Zone-Diät wiederholt im Wesentlichen einen Großteil herkömmlicher Ratschläge für eine gesunde Ernährung“, schrieb hierzu die kürzlich verstorbene US-amerikanische Medizinerin Harriet Hall. Gemeint waren damit Ähnlichkeiten zur allgemein für gesund befundenen mediterranen Diät. Die Kritikerin suggerierte damit, dass die Berichterstattung über seine Blue-Zones-Forschung Buettner kommerzielle Vorteile bringen könnte.