4. April 2023, 16:42 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Einst lebten hier Fischer und ihre Familien, doch fast alle sind lange weg. Seitdem hat sich in dem kleinen Dorf Houtouwan auf der chinesischen Insel Shengshan die Natur auf Häusern und Wegen breitgemacht – und somit fantastische Bilder geschaffen.
Es sieht aus wie die chinesische Interpretation des Grimmschen Märchens vom Dornröschen, nur dass bei der Übersetzung offenbar aus den Rosen Weinreben wurden und aus dem Schloss eine Fischerhütte. Und ob ein Prinz hier auf der Insel Shengshan seine Prinzessin findet, ist mehr als fraglich. Denn tatsächlich ist Houtouwan sprichwörtlich von (fast) allen guten Geistern verlassen.
Einst lebten hier 2000 Personen, die meisten von ihnen Fischer. Doch das Leben an der Steilküste war entbehrungsreich und schwierig. Über die genauen Gründe der „Massenflucht“ von Houtouwan wird immer wieder (unterschiedlich) spekuliert. So heißt es bei manchen, die Anzahl der Fische in der Bucht habe zu weit abgenommen und die Nahrungs- und Einkommensquelle der Fischer sei somit verschwunden. Andere sprechen davon, dass die ehemaligen Einwohner ob der langen Transportwege auf der abgelegenen Insel flüchteten. Und wieder andere berichten, die einstigen Bewohner seien in der Hoffnung auf bessere Bildung und Gesundheitsversorgung gegangen.
Klar ist: Anfang der 1990er-Jahre zogen fast alle Fischer, die einst in dem Dorf wohnten, auf das Festland. Viele gingen in das nur 65 Kilometer entfernte Shanghai. Ihre Häuser ließen sie zurück. Heute leben hier, einem Bericht von „Galileo“ zufolge, nur noch zwei Menschen, der Fischer Xu und seine Frau. Die restliche knapp 500 Häuser sind verlassen. Doch leer blieben sie nicht: Die Natur hielt hier Einzug.
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Die zweite „Karriere“ von Houtouwan
Es ist vor allem der wilde Wein, der sich hier breit macht und die Reste der Zivilisation unter sich versteckt – und ganz nebenbei das vielleicht schönste, in jedem Fall aber grünste Geisterdorf der Welt schuf. Pläne, dass in Houtouwan wieder dauerhaft Menschen leben, gibt es aktuell nicht. Dafür macht das Dorf nun eine zweite Karriere: Als Instagram-Star, wo die spektakulären Fotos viele Likes bringen. Mittlerweile ist Houtouwan sogar so beliebt bei Touristen, dass es sogar umgerechnet 6 Euro Eintritt kostet. Ein Preis, den viele Urlauber bereit sind zu zahlen, um einmal diesen wahrlich verwunschenen Ort aus einer anderen Welt zu besuchen.