2. April 2015, 17:46 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Turtelnde Tölpel, verrunzelte Echsen, riesige Schildkröten: Auf Galapagos sind diese Tiere zum Streicheln nah. Und: Seitdem die Inseln günstiger geworden sind, fahren immer mehr Urlauber hin. Doch der Touristenboom brachte Probleme, der Weltnaturerbe-Titel war in Gefahr – bis Behörden und Naturschützer aktiv wurden.
Ein deutliches Zischen ertönt. Die Galapagos-Riesenschildkröte zieht ihren langen Hals mit dem kleinen Kopf und ihre klobigen Beine unter den mächtigen Panzer, der nun ins Gras herabsinkt. Der Schutz ist perfekt. Ein Tourist war wohl zu respektlos und wollte den Koloss berühren. Etliche Riesenschildkröten werden bis zu 300 Kilo schwer und weit über 100 Jahre alt, auch hier im Norden von Santa Cruz, auf der wichtigsten Touristeninsel des Archipels.
Das Inselreich der spektakulären und zugleich zutraulichen Tiere ist erschwinglicher geworden. Dafür sorgt auf Galapagos die zunehmende Konkurrenz von Hotels, Gästehäusern und Airlines, die von Ecuadors Festland-Städten Quito und Guayaquil herüberfliegen. Clevere Reisende mit schmalem Budget schlafen für umgerechnet 12 Euro die Nacht, sehen Schildkröten-Giganten, Seehunde, Pelikane sowie armlange Land- und Meerechsen fast gratis.
Die Insel-Hauptstadt Puerto Ayora hat fast 15.000 Einwohner. Das sind über die Hälfte aller Galapagos-Bewohner. Am Hafen dösen Seelöwen. Wassertaxis schippern auf die andere Seite der Bucht. Auf dem Meer schaukeln Fischerboote, Frachter, Schnellfähren, die die anderen drei bewohnten Inseln San Cristobal, Isabela und Floreana ansteuern. Auch einige Kreuzfahrtschiffe ankern hier.
Unermüdlich predigen die Galapagos-Führer ihren Gästegruppen bei der Landung auf einer Insel: „Keiner darf den Weg verlassen, ein Tier berühren oder den Blitz beim Fotografieren zuschalten.“ Wer raucht oder ein Papierchen fallen lässt, bekommt Ärger. Die Tiere und Pflanzen des Archipels mit seinen rund 130 Inseln und Inselchen konnten sich fünf Millionen Jahre lang fast ungestört entwickeln. Harry Jonitz aus dem Raum Karlsruhe hilft dabei, dass Gäste diese seltene Pracht über und unter Wasser beobachten können. Er ist seit über 20 Jahren Reiseführer auf dem Archipel.
Im Moment steht Jonitz mit Kapitän Julio Pachay auf der Brücke der „Treasure of Galapagos“, einem Kreuzfahrt-Katamaran für maximal 16 Passagiere. So viele hat auch die „Tip Top IV“, die am Horizont zu erkennen ist. Im Weltvergleich der Kreuzfahrtschiffe sind auch die „Galapagos Legend“ und die „Silver Galapagos“ mit je 100 Passagieren Zwerge – auf dem Archipel gehören sie zu den Riesen.
Die See ist ruhig, Zeit für einen Plausch auf der Brücke. „Es wurde einfach zu eng. Gut, dass unsere Behörden die Notbremse gezogen haben“, sagt Kapitän Pachay. Die Unesco setzte Galapagos 2007 auf die Rote Liste des gefährdeten Welterbes, auch wegen unkontrollierten Zuzugs und Umweltproblemen. Die Behörden reagierten. Zum Beispiel mussten viele Festland-Ecuadorianer zurückreisen, die illegal auf den Inseln lebten.
„Damit Topziele nicht von Touristen überrannt werden, müssen alle Schiffe nun wichtige Regeln einhalten, dürfen in 14 Tagen kein Ziel zweimal ansteuern“, erzählt Jonitz. Attraktiv seien schließlich alle Inseln. Tour-Operator Hans-Jürgen Creter betont: „Alle Kreuzfahrtschiffe werden heute durch Satellit überwacht.“ Wer Extratouren macht, riskiert den Verlust der Lizenz.
Auch interessant: Dieses Inselparadies ist das „Galapagos von Kanada“
Inzwischen hat die Unesco ihre Warnung zurückgenommen. Doch viele endemische Tiere und Pflanzen sind weiter vom Aussterben bedroht. Denn auch innerhalb der Tierwelt gibt es Konkurrenzkämpfe: Mit dem Menschen kamen Ziegen, Ratten und Esel, die Nester zertrampeln, Eier fressen und den angestammtem Tieren den Lebensraum nehmen.
Neben Santa Cruz und Espanola zählen auch Genovesa, Seymour Norte, Bartolome und Isabela zu den besonders beliebten Zielen. Wer die endemischen Riesenschildkröten sehen will – für viele Touristen das Highlight von Galapagos – sollte das schon bei der Reiseplanung berücksichtigen: Die Tiere leben größtenteils nur noch auf Santa Cruz, Isabela, Santiago, San Cristobal und Espanola in der Wildnis. Wer diese Giganten nur auf der Charles Darwin Station auf Santa Cruz im Grünen hinter Mäuerchen sieht, ist oft enttäuscht, wenn er die Schilderung anderer Reisender hört.