23. Februar 2022, 6:31 Uhr | Lesezeit: 5 Minuten
Um kaum eine andere Insel ranken sich so viele Rätsel und Mythen wie um Oak Island in Kanada. Auf dem gerade mal 0,57 Quadratkilometer kleinen Eiland in der Mahone Bay soll ein geheimnisvoller Schatz begraben sein, nach dem schon seit mehr als 200 Jahren gesucht wird. Es gibt tatsächlich einige Indizien dafür, dass irgendetwas tief unter der Insel vergraben liegt – doch bislang hat sich noch jeder Schatzsucher die Zähne daran ausgebissen, und sogar einige Todesopfer hat es schon gegeben. Möglicherweise steht das Geheimnis von Oak Island jetzt kurz davor, gelüftet zu werden.
Von außen betrachtet wirkt Oak Island recht unspektakulär. Und doch zieht das gerade mal 1,5 Kilometer lange und etwa einen Kilometer breite Inselchen, das von Bäumen bewachsen und einer steinigen Küste umgeben ist, Abenteurer aus aller Welt geradezu magisch an.
Ein 30 Meter tiefer Schacht
Alles begann, so jedenfalls ist es überliefert, im Jahr 1795, als drei Jugendliche auf Oak Island einen geheimnisvollen Schacht entdeckten. Damals war die Insel unbewohnt, weshalb der Fund umso rätselhafter erschien. Die Jungen begannen zu graben und stießen auf Schieferplatten und mehrere Schichten Holzstämme. In neun Metern Tiefe kamen sie nicht weiter und mussten aufgeben.
Doch das Rätsel um den von Menschenhand gemachten Schacht ließ die drei Jugendlichen nicht mehr los. Einer von ihnen, John Smith, kaufte schließlich das Grundstück, auf dem der Schacht lag, und im Jahr 1804 begannen die inzwischen erwachsenen Männer erneut zu graben – diesmal mit finanzieller Unterstützung einer ortsansässigen Firma und neuester Technologie. Bis auf 30 Meter Tiefe drangen die Schatzsucher vor und fanden dort unten, neben weiteren Holzstämmen und Lehm, auch eine Schieferplatte mit merkwürdigen Zeichen darauf.
Liegt auf Oak Island ein Piratenschatz?
Auch Bündel von Kokosfasern kamen beim Graben zum Vorschein. Von diesem Zeitpunkt an stand für die Männer fest: Hier musste ein Piratenschatz vergraben liegen. Denn mit Kokosfasern wurde einst zerbrechliche Fracht auf Schiffen geschützt, und in Kanada selbst gab es keine Kokosnüsse.
Eines Nachts jedoch lief die Grube mit Wasser voll – und das, obwohl man am Vorabend in inzwischen 32 Meter Tiefe endlich wieder auf einen Widerstand gestoßen war. Alle Pumpversuche scheiterten, von unten kam immer wieder Wasser nach. Auch ein zweiter zur Entlastung gebauter Schacht lief voll. Weil inzwischen das Geld ausgegangen war, gaben die Männer ihre Suche schließlich auf.
Der Fluch von Oak Island
40 Jahre lang interessierte sich niemand mehr für die Grube auf Oak Island. Dann startete eine Firma einen neuen Versuch – mit noch moderneren Hilfsmitteln und noch mehr Geld. Es wurden Kanäle gegraben, Dämme gebaut, der Schacht untertunnelt und letztlich ein riesiger Teil der Insel umgegraben. Doch alles war vergebens. Dutzende weitere Schatzsucher versuchten danach ihr Glück. Doch außer einem Stück Ziegenhaut mit einem darauf geschriebenen Buchstaben trat nichts Nennenswertes mehr zutage. Weil immer mehr Geld in die Schatzsuche floss, aber alle damit nur arm wurden, erhielt die Grube schließlich den Beinamen „Money Pit“ („Geldgrube“).
Doch die Grube forderte nicht nur Unmengen Geld, sondern im Laufe der Zeit auch immer mehr Todesopfer. Bereits nach dem zweiten Toten sprachen die Einwohner um die Insel vom „Fluch von Oak Island“. Es kam schließlich die Legende auf, dass erst sieben Menschen sterben müssten, bis die Insel ihr Geheimnis endlich preisgibt. Bislang sind sechs Menschen bei der Schatzsuche auf Oak Island ums Leben gekommen, in der Grube ertrunken oder von Gasexplosionen getötet.
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Zwei Schatztruhen auf dem Grund?
Nach mehr als 30 Jahren Grabungsstillstand und teils erbitterten Rechtsstreits um die Insel erwarben im Jahr 2006 schließlich vier Männer, darunter die US-Brüder Rick und Marty Lagina, jenen Teil von Oak Island, auf dem sich der Schatz befinden soll. Im Februar 2013 starteten die Lagina-Brüder mit ihrem Team die „Expedition Oak Island“. Ihre Mission, bei der es natürlich darum geht, den geheimnisvollen Schatz endlich zu heben, wird seitdem in einer Reality-TV-Show mit dem Namen „The Curse of Oak Island“ vom US-Fernsehsender History Channel begleitet. Hierzulande läuft die Serie unter dem Titel „Oak Island – Fluch und Legende“ auf dem deutschen TV-Sender „History“ . Aktuell ist in deutscher Erstausstrahlung die achte Staffel zu sehen.
Und tatsächlich ist das aktuelle Expeditionsteam schon erfolgreicher als jeder Schatzsuchende in den 200 Jahren vor ihnen. Als sie in der letzten Episode der ersten Staffel mithilfe von Metalldetektoren die gefluteten Schächte Zentimeter für Zentimeter absuchen, finden die Lagina-Brüder eine spanische Kupfermünze aus dem 17. Jahrhundert. In der zweiten Staffel lassen die Schatzsucher ein Sonargerät in eine unterirdische Kammer in mehr als 200 Meter Tiefe hinab. Das Gerät offenbart, dass zwei „mittelgroße rechteckige Objekte“ am Boden der „Money Pit“ stehen.
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Doch auch wenn seitdem noch acht weitere Staffeln gedreht wurden, konnte noch immer kein Schatz gefunden werden. Vor Kurzem wurden die ersten Folgen der achten Staffel im Free TV ausgestrahlt. Und auch die neunte Staffel, in der neue Wege gesucht werden, um den Schatz von Oak Island ausfindig zu machen, ist schon abgedreht.
Man darf also weiter gespannt sein, ob die kleine kanadische Insel ihr Geheimnis endlich preisgibt – oder ob am Ende alle Schatzsucher einem Luftschloss nachgejagt sind. Sollte letztlich tatsächlich kein Schatz zu finden sein, bleibt dennoch die Frage, wer sich einst die Mühe machte, unter Oak Island ein ausgeklügeltes Schachtsystem anzulegen – und vor allem: warum?