17. Dezember 2024, 8:54 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Auf der schottischen Shetland-Insel Foula gilt im wahrsten Sinne des Wortes eine ganz eigene Zeitrechnung. Denn aufgrund einer geschichtlichen Besonderheit feiern die etwa 30 hier lebenden Menschen Weihnachten und das neue Jahr fast zwei Wochen später als der Rest der Welt. TRAVELBOOK erklärt die außergewöhnliche Tradition.
Während der Rest der Welt in den Tagen um den 24. beziehungsweise 25. Dezember das Weihnachtsfest begeht, herrscht auf der zu Schottland gehörenden Shetland-Insel Foula ganz normaler Alltag. Keine Geschenke liegen dann unter dem Baum, vielmehr müssen sich die etwa 30 Bewohner des abgelegenen Eilandes noch fast zwei Wochen gedulden, bis es dann auch bei Ihnen die alljährliche große Bescherung gibt. Und auch wenn rund um die Welt Raketen in die Luft steigen, um das neue Jahr einzuläuten, macht Foula einfach nicht mit. Aber woher kommt dieser eigenwillige Brauch?
Der „Daily Mail“ zufolge geht diese Besonderheit zurück bis in das Jahr 1582. Zu dieser Zeit fand ein bedeutender Wechsel in der Art und Weise statt, wie wir (beziehungsweise ein großer Teil der christlichen Welt) heute die Zeit messen. Denn seit damals gilt in weiten Teilen der Erde der sogenannte gregorianische Kalender, benannt nach seinem „Erfinder“, Papst Gregor XIII. Das Besondere: Der zuvor angewendete julianische Kalender liegt im Vergleich zu diesem wegen einer Besonderheit in der Abrechnung 12 Tage zurück. Und als nun Großbritannien im Jahr 1752 ebenfalls großflächig den gregorianischen Kalender einführte, blieb Foula einfach bei der alten Zeitrechnung.
Weihnachten am 6. Januar
Die umliegenden Shetland-Inseln adaptierten nach und nach die neue Zeitmessung, aber nicht das kleine Foula. Hier wird bis zum heutigen Tag nach dem julianischen Kalender gelebt. Das bedeutet, Weihnachten, oder Yule, wie es hier heißt, feiert man erst am 6. Januar (bei uns der Dreikönigstag). Silvester bzw. Newerday ist dann folgerichtig also auch erst am 13. Januar, wenn der Rest der christlichen Welt bereits seit knapp zwei Wochen ein neues Jahr begonnen hat. Und auch in anderen Hinsichten ist die Insel ein ganz besonderer Ort.
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So stammen ihre Bewohner direkt von den Wikingern ab, die vom 9. bis zum 16. Jahrhundert die Shetland-Inseln beherrschten. Bis etwa 1800 sprach man hier noch eine alte nordische Sprache namens Norn, die heute leider ausgestorben ist. Überliefert ist nur, dass der Name Foula von dem nordischen Wort Fuglaey abstammt, was so viel wie „Vogel-Insel“ bedeutet. Tatsächlich ist sie neben anderen Arten Heimat für die weltweit größte Kolonie der Großen Raubmöwe, wie „Condé Nast Traveler“ berichtet.
Starke Traditionen
Ein bisschen Tradition darf es dann aber an Weihnachten auch für die Bewohner von Foula sein. Demnach treffen sich sämtliche Inselbewohner am 6. Januar in einem Haus, um untereinander Geschenke auszutauschen und gemeinsam Musik zu machen. Diese ist auch heute noch beeinflusst von ihrem nordischen Erbe und dessen Folklore. Auf Foula gibt es erst seit 1982 fließendes Wasser, noch einmal zwei Jahre später kam durch einen Generator erzeugter Strom auf die Insel.
Wer die Insel einmal besuchen möchte, muss vor allem auf gute Wetterbedingungen hoffen. Nu dreimal die Woche fährt eine Fähre von der Shetland-Hauptinsel Mainland Foula an. Ebenfalls von dort gibt es auch mehrfach wöchentlich einen Flug. Oft genug fallen wegen schlechter Bedingungen aber beide Optionen aus, sodass das Eiland mitunter komplett vom Rest der Welt abgeschnitten ist. Einen Pub oder Läden gibt es hier nicht. Die meisten Besucher kommen, um die wilde raue Natur und die Einsamkeit zu genießen.
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Ein skurriles Unglück
Einmal abgesehen von seiner ungewöhnlichen Festtags-Tradition gerät Foula eher selten in die weltweiten Schlagzeilen. Eine Ausnahme ereignete sich der Fährgesellschaft North Link Ferries zufolge im Jahr 1914. Nur zwei Jahre nach der legendären Titanic lief nämlich vor der Küste der Insel an den berüchtigten Klippen Shaalds o’ Foula die RMS Oceanic auf Grund, die ebenfalls zur White Star Line gehört hatte. Zwischen 1899 und 1901 war sie kurzzeitig das größte Passagierschiff der Welt gewesen.
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Skurril: Der Kahn befand sich damals unter Jurisdiktion der britischen Royal Navy, die den Vorfall zu vertuschen versuchte. Denn der Schiffbruch war auf einen Navigationsfehler des Kapitäns zurückzuführen. Die Marine empfand es als äußert peinlich, ein derart bekanntes Schiff nur kurze Zeit nach seiner „Einberufung“ bei vollkommen ruhiger See verloren zu haben. Drei Wochen nach der Strandung sank die RMS Oceanic dann nach einem Sturm am 29. September 1914. Wie sagt man noch gleich: schöne Bescherung.