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Es hat mit Vogelkot zu tun...

Nauru – der tiefe Fall des einst reichsten Landes der Welt

Nauru
Trotz ihres traumhaften Aussehens ist die Insel Nauru für viele Einheimische ein trostloser Ort Foto: Getty Images
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TRAVELBOOK Redaktion

13. Februar 2020, 14:11 Uhr | Lesezeit: 7 Minuten

Nauru war einst das reichste Land der Welt – und gehört heute zu den ärmsten Staaten überhaupt. Dahinter steckt ein unglaublicher Aufstieg, der in einem tiefen Fall endete. TRAVELBOOK erzählt die dramatische Geschichte eines Landes, das letztlich von seiner eigenen Gier zerstört wurde.

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Nauru ist ein Inselstaat im Pazifik, gerade einmal 21 Quadratkilometer groß, etwa 10.000 Menschen leben heute noch hier – und zwar in bitterster Armut. Nauru ist eines der ärmsten Länder der Welt, dazu laut „Telegraph“ das mit den meisten übergewichtigen Menschen weltweit, die durchschnittliche Lebenserwartung liegt bei unter 50 Jahren, vier Fünftel der Einwohner leiden unter Diabetes. Und doch war dieses Nauru einmal der Staat mit dem höchsten Pro-Kopf-Einkommen weltweit – und zwar dank Vogelkot. Doch der Reihe nach.

Der Rohstoff, der den Reichtum brachte

Es ist um das Jahr 1900, als entdeckt wird, das auf Nauru ein gigantischer Schatz lagert: Vogelkot, seit Jahrtausenden dort abgelagert, hat sich laut „Spiegel“ „durch eine chemische Reaktion mit den Kalkböden der Insel und der tropischen Witterung“ in Calciumphosphat verwandelt, heißbegehrt sowohl als Düngemittel, als auch, um damit Sprengstoff herzustellen. Bekannt ist das Gemenge auch unter dem Namen Guano.

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In der Folge wird Nauru von Briten, Japanern und Australiern ausgebeutet, die Einwohner für den Abbau des extrem teuren Rohstoffs mit lächerlichen Summen entschädigt. Das ändert sich, als Nauru 1968 unter Regierungspräsident Hammer Deroburt seine Unabhängigkeit erlangt, fortan sämtliche Einnahmen aus dem Phosphathandel für sich und seine Bürger behalten kann – und das sind pro Jahr bis zu mehreren hundert Millionen Dollar. Allein 1974 fließen dank des Vogelkots 450 Millionen Dollar in die Staatskassen. Was nun beginnt, ist eine Ära des Wohlstandes und des beispiellosen Prassens: Wer kann, baut sich ein protziges Haus, kauft mehrere Autos und Boote, reist um die Welt, und sei es nur für ein paar Tage zum Einkaufen.

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Nauru
Eine alte Phosphat-Mine – etwa 80 Prozent der Insel wurden für den Abbau des Rohstoffs zerstört Foto: Getty Images

Das reichste Land der Welt

Der Staat beginnt, seinen Bürgern nahezu sämtliche Dienstleistungen zu bezahlen, so werden beispielsweise als Putzkräfte Gastarbeiter aus Asien eingeflogen, auch Steuern müssen die Bürger keine mehr zahlen. Der Staat investiert laut „Deutschlandfunk“ 350 Millionen Dollar in ausländische Immobilien, darunter den damals höchsten Büroturm in Melbourne. 50 Millionen Dollar verschlingt allein die sechsköpfige Regierung – pro Jahr, wohlgemerkt. Das Bruttoinlandsprodukt (BIP) von Nauru liegt in den 1970er Jahren bei 20.000 Dollar pro Kopf. Zum Vergleich: Das BIP pro Kopf liegt in Deutschland im Jahr 1970 bei etwas mehr als 2750 Dollar.

Die staatliche Fluggesellschaft Air Nauru wird laut „Spiegel“ zur potentesten im gesamten Pazifikraum, obwohl ihre Maschinen nicht selten leer bleiben. Der Gipfel ist erreicht, als Nauru sich für vier Millionen Dollar selbst ein Musical widmet, das für ein paar Wochen am Londoner Strand Theatre gespielt wird. Das alles auf Kosten eines Rohstoffes, von dem man schon bei Erlangung der Unabhängigkeit weiß: Er wird nach maximal 30 Jahren ausgeschöpft sein.

Zerstörung von Mensch und Umwelt

Der Reichtum beginnt aber bereits viel früher, die Menschen zu verändern und krankzumachen: Sie fahren den ganzen Tag mit ihren Autos über die nur 30 Kilometer Straßen der Insel, weil sie nicht arbeiten müssen. Nehmen an Gewicht zu, weil sie aus Unlust am Kochen vermehrt Fertiggerichte zu sich nehmen. Sie sind derart auf ihren scheinbar unendlichen Reichtum fixiert, dass manche sogar Geldscheine als Toilettenpapier benutzen, wie der „Spiegel“ unter Berufung auf die Erzählungen einer Einheimischen berichtet.

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Und so schlimm wie die Auswirkungen auf die Menschen ist auch die Zerstörung, die der Abbau des Phosphats an der Umwelt anrichtet: Laut „Zeit“ bleibt nur ein winziger Teil der Insel von der Rohstoff-Gier verschont, der Rest verwandelt sich in „eine unwirtliche, vegetationslose Mondlandschaft“.

Bereits 1986, als nach 18 Jahren an der Macht Präsident Hammer Deroburt abtritt, war Naurus Politik laut „Deutschlandfunk“ hoffnungslos korrupt. Es folgten 22 verschiedene Regierungen in 23 Jahren, Millionen von Dollar versandeten im Nichts bzw. landeten in den Taschen von Beamten oder im Ausland. Die Regierung besänftigt schwelende Proteste mit weiteren Millionenzahlungen an ihre Bürger, muss aber immer öfter horrende Kredite aufnehmen, allein beim amerikanischen Konzern General Electric sind es dem Bericht zufolge 268 Millionen Dollar.

Spielball von Verbrechern

Ende der 90er Jahre sind dann die Phosphatreserven wie vorausgesagt erschöpft. Das kleine Land wird laut „Deutschlandfunk“ zur Spielwiese für Kriminelle, als man sich mehr oder weniger bewusst dafür entscheidet, mittels landeseigener Banken Mafia-Geld zu waschen – allein russische Verbrecher sollen dort damals 70 Milliarden Dollar deponiert haben. Und es sollte noch schlimmer kommen für Nauru, denn für eine Gebühr von 30 Millionen Dollar im Jahr machte man die Insel ab 2001 zu einem Internierungslager für größtenteils afghanische Flüchtlinge, die Asyl in Australien beantragt hatten.

Laut der offiziellen Webseite der Regierung von Nauru ist Phosphat auch heute noch der wichtigste Faktor in der Wirtschaft der Insel, doch heute gehört das Land zu den ärmsten der Welt. Die Natur der Insel ist zerstört, und der Diabetes hat Tausende von Einwohnern umgebracht – Nauru hat die höchste Rate dieser Krankheit auf der ganzen Welt, schloss zu deren Bekämpfung im Jahr 1997 sogar einen Langzeitvertrag mit dem Internationalen Diabetesinstitut (IDI) ab, das 20 Jahre lang genetische Untersuchungen durchführte, um die Krankheit zu erforschen.

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Eine Nation am Ende

In einer im Juni 2014 erschienenen Studie zur gesundheitlichen Lage auf der Insel heißt es: „Die schlechte Ernährung und die körperliche Inaktivität wurden noch verschlimmert durch den Überfluss, den die Nauruaner jahrzehntelang genossen.“ Demnach habe Nauru 2006 weltweit die höchste Sterblichkeitsrate nach Afghanistan gehabt. Laut der Studie waren 2014 sogar 82 Prozent der Bewohner von Nauru übergewichtig oder adipös, zudem rauchten fast 50 Prozent der männlichen Inselbewohner und 56 Prozent der Frauen.

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Im Jahr 2030, so die Schätzung, werden mehr als 33 Prozent der Inselbewohner an Diabetes leiden, die bei Weitem höchste Rate der Welt. In der Studie wurde das Ziel benannt, bis 2020 jene Ursachen, die Diabetes und andere grassierende Krankheiten wie Bluthochdruck hervorrufen, bekämpfen zu wollen. Allerdings wurden dafür zu jedem Punkt geradezu lächerlich geringe Budgets von ein paar tausend Dollar aufgeführt, die für diesen Kampf jedes Jahr zur Verfügung stehen sollten. Ob von den Maßnahmen überhaupt welche umgesetzt werden konnten, ist bislang nicht bekannt.

Vom reichsten zu einem der ärmsten Länder der Welt in ein paar Jahrzehnten – das Drama von Nauru ist weltweit beispiellos. Und ob es mit dem Land jemals wieder aufwärts geht, ist nicht abzusehen. Eines aber scheint gewiss: Der Tourismus wird die Zukunft nicht sichern können. Laut „Telegraph“ verirren sich gerade einmal 200 Besucher pro Jahr auf die Insel.

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