17. Dezember 2024, 13:23 Uhr | Lesezeit: 3 Minuten
Seit Jahren schon droht die Lagunenstadt Venedig zu versinken. Doch nun ist tatsächlich eine neue Insel vor Italiens Küste aufgetaucht. Hauptursache für den neuen Landstreifen zwischen der Insel Sant’Erasmo und der Hafeneinfahrt des Lido ist ein System, welches Venedig vor Überschwemmungen schützen soll.
In der Lagune von Venedig ist eine neue Insel entstanden – ausgerechnet vor der Stadt in Italien, die zunehmend vom Untergang bedroht ist. Zwischen der Insel Sant’Erasmo und der Hafeneinfahrt des Lido ist die zuvor fragile Sandbank Bacàn dank des Hochwasserschutzsystems MOSE dauerhaft sichtbar geworden, wie unter anderem die „Frankfurter Rundschau“ berichtet.
260 Meter lange neue Insel vor Italien
Die 260 Meter lange und 10 Meter breite Insel Bacàn ist nicht vollständig neu. Ursprünglich handelte es sich dabei um eine Sandbank, die über Jahre hinweg immer während der Sommermonate auftauchte und im Winter durch Wind und Wellen wieder abgetragen wurde. Doch das hat sich nun offenbar geändert, wie der Ingenieur Giovanni Cecconi in einem Social-Media-Beitrag erklärt. Mittlerweile sei Bacàn eine stabile Landmasse, auf der sich bereits die erste Vegetation angesiedelt habe.
Cecconi führt diese Entwicklung auf das 2020 installierte Sturmflutsperrwerk MOSE (Modulo Sperimentale Elettromeccanico) zurück, das Venedig vor Überflutungen schützen soll. „Dank MOSE ist eine neue Insel entstanden“, schreibt Cecconi, der ehemalige Leiter des Schutzprojekts.
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Bacàn schon lange Zufluchtsort für Venezianer
Vor allem die Venezianer standen dem Flutschutzprogramm MOSE zu Beginn eher skeptisch gegenüber. Denn bereits als Bacàn noch eine jährlich auftauchende Sandbank war, galt sie als das geheime Paradies der Menschen von Venedig. Da sie nur mit dem Boot zu erreichen war, fungierte sie als Zufluchtsort, wenn die Touristenmassen die Strände in der Lagune bevölkerten. Bei der Einführung von MOSE war die Befürchtung groß, dass das Naturgebiet durch das Flutschutzsystem dauerhaft zerstört werden könnte.
Stattdessen ist die Insel seit der Inbetriebnahme des Systems im Jahr 2020 kontinuierlich gewachsen. Dies liegt vor allem daran, dass MOSE einen Wellengang von mehr als 110 Zentimeter Höhe stoppt und somit die Schichten der Sandbank nicht mehr abgetragen werden. Aufgrund dessen konnte sich bereits organisches Material auf der Insel verfangen und erste Pflanzen und Vegetation entstehen, die den Salzwiesen von Venedigs Lagune ähneln. Diese sind dort laut „C40 Cities“ vor allem wichtig, um die Erosion von Landmasse sowie den Ausstoß von CO₂ zu bekämpfen.
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Einige stehen der Insel vor Italien skeptisch gegenüber
Giovanni Cecconis Überzeugung, dass das Flutschutzsystem MOSE positive Auswirkungen auf die Strömungsverhältnisse in der Lagune von Venedig und damit auch auf Bacàn hat, wird nicht von allen Wissenschaftlern in Italien geteilt. So äußert zum Beispiel Andrea D’Alpaos, Professor für Hydrologie an der Universität Padua, seine Bedenken. Seiner Meinung nach trägt MOSE nicht grundsätzlich zum Wachstum von Salzwiesen, den charakteristischen Lagunenlandschaften, bei. Vielmehr habe die künstliche Insel des MOSE die Strömungsverhältnisse verändert, wodurch sich Sedimente ablagern konnten.
Auch Pierpaolo Campostrini, Direktor von Corila (Konsortium für das Management der Lagunenforschung), möchte ohne weitere Daten noch keinen Zuspruch äußern. Er erklärte gegenüber dem „Corriere Del Veneto“: „Bacàn zeigt uns, wie dynamisch die Lagune von Venedig ist. Wichtig wäre es, ein spezielles Observatorium einzurichten, um diese Veränderungen besser zu untersuchen.“