26. Mai 2021, 13:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Einmal Pellworm, immer Pellworm – oder NIE wieder: Die einen schätzen die Ruhe, andere finden die Insel ohne Sandstrand einfach nur langweilig. Ein Besuch vor Ort.
„Urlaub auf Pellworm? Da ist doch nichts los.“ Kein Sandstrand, keine flippige Promenade, kein aufregendes Nachtleben, stattdessen 3500 Schafe und 1000 Kühe. „Das ist ja gerade das Schöne – die Ruhe, die Landschaft, das Meer, das Watt, die Schafe, das Grün“, sagt Hilde Elsner aus Ronnenberg bei Hannover am Hafen Tammensiel. Die grüne, 37 Quadratkilometer große Insel im nordfriesischen Wattenmeer steht im Schatten der Schwestern Sylt oder Amrum, auch weil Pellworm so anders ist. Wer einmal hier war, kommt oft wieder – oder nie.
Der Touristenboom ging an Pellworm vorbei
Der Tourismus-Boom, der sich auf anderen Inseln in den 50er- und 60er-Jahren anbahnte, ging an Pellworm vorbei. Seine landwirtschaftliche Prägung und der fehlende Sandstrand trugen wesentlich dazu bei. Auch gibt es erst seit 1965 eine Wasserversorgung vom Festland.
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Zuletzt stagnierte der Sektor. Hoffnungszeichen gibt es: Im Süden der Insel will eine Firma 60 Ferienwohnungen bauen. Die Verträge stehen, die Flächennutzungspläne sind auf dem Weg. Eine andere Firma plant Ferienbungalows für Allergiker.
Pellworm ist Schleswig-Holsteins Klein-Irland
Auf moderne Kommunikation muss der stressgeplagte Manager aus Hamburg auf Pellworm nicht verzichten, denn die Internetanbindung ist in Ordnung. Die Urlauber kommen vor allem aus Nordrhein-Westfalen, Schleswig-Holstein, Niedersachsen und Baden-Württemberg. Zunehmend tauchen Österreicher und Schweizer auf.
Pellworm ist Schleswig-Holsteins Klein-Irland. Die Insel besteht zu zwei Dritteln aus Grasland. Fast überall Schafe, ganz windstill ist es selten. Im Süden liegt der einzige – grüne – Badestrand, auf der Wiese stehen ein paar Strandkörbe, dazwischen toben Kinder. In der Nähe, hinter dem Deich, betreibt ein Ex-Banker ein Hotel.
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1095 gehörte Pellworm noch zum Festland
Erst durch schwere Sturmfluten war Pellworm übrigens überhaupt eine Insel geworden. Als 1095 die Alte Kirche gebaut wurde, gehörte es noch zum Festland.
Nicht weit weg davon steht der Postkarten-Leuchtturm in Rot-Weiß-Rot. Mehr als 300 Paare feiern jährlich Hochzeit auf Pellworm, die meisten auf dem Leuchtturm. Die Ruhe zieht die einen an und treibt andere weg. Es sind besonders die jungen Einwohner, die wegen fehlender Möglichkeiten auf der Insel ihre Zukunft anderswo suchen.
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Die Ruhe treibt viele her und die Jugend weg
Die Menschen zum Bleiben zu bewegen ist nicht einfach, auch wenn Pellworm außer Ruhe, Nordsee, Watt und frischer Luft alles andere Wesentliche zum Leben bietet, die Kriminalität praktisch gleich null ist, medizinische wie schulische Versorgung gesichert sind und der Quadratmeter Bauland – voll erschlossen – nur 45 Euro kostet. Aber eben der demografische Wandel mit seinen Folgen: Rund 100 Mädchen und Jungen lernen noch an der Inselschule. Es waren einmal 180, immerhin es gibt eine Bestandsgarantie auch bei weiter sinkenden Zahlen. Die Kinder können die Mittlere Reife ablegen, danach geht’s nur auf dem Festland weiter.
Außer dem Tourismus ist die wirtschaftliche Basis recht schmal. Die Landwirtschaft dominiert mit Milchviehwirtschaft sowie dem Anbau von Weizen, Raps und – für die Biogasanlage – Mais. An dieser Anlage sind etwas mehr als 40 Bürger beteiligt, am Windpark 42. Bei den erneuerbaren Energien war Pellworm Vorreiter: Schon 1983 gab es hier das erste Solarfeld. Das heutige speist den Strom ins große Netz, vielleicht liefert eine Firma den Strom künftig auch direkt in die Pellwormer Haushalte.