25. Juni 2015, 13:40 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Rathlin? Liegt das nicht „at the end of nowhere“, am Ende vom Nirgendwo, wie selbst viele Iren behaupten? Vielleicht. Und genau deshalb kommen Naturfreunde und Ruhesuchende hierher.
Auf Rathlin scheinen die Uhren langsamer zu gehen. Ob dafür die fast mystische Stille verantwortlich ist, die über dieser Insel liegt? „Nein, wir haben den Wind, das Geräusch der Wellen und die vielen Vogelstimmen. Von Stille kann man also nicht wirklich sprechen“, sagt Teresa McDaid.
Sie fügt hinzu: „Aber solch eine friedliche Stimmung habe ich anderswo noch nicht gefunden.“ Vor eineinhalb Jahren hat sich die 56-Jährige von ihrem hektischen Leben in London verabschiedet und in der Einsamkeit der Rathlin Island vor allem eines wiederentdeckt: Zeit.
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Auf Rathlin ist man am besten zu Fuß unterwegs
Ganz ähnliche Gefühle mag der Urlauber empfinden, der den Weg auf die nördlichste der nordirischen Inseln gefunden hat. Auf Rathlin ist man am besten zu Fuß unterwegs. Nur wenige Schritte sind es von der Anlegestelle im Hafen zum „Manor House“, das von Teresa und ihrer Freundin Alison McFaul betrieben wird.
In diesem vor 20 Jahren wieder eröffneten Gästehaus darf man der mehr als 250-jährigen Geschichte eines traditionsreichen ehemaligen Herrensitzes nachspüren. Heute gibt es auf der Insel, die von nur noch rund 100 Einheimischen bewohnt wird, 30 Gästebetten.
Eine erste Wanderung führt vom Hafen in Richtung Süden, zu einem der drei Leuchttürme der Insel. Hier begegnet der Urlauber Dutzenden Robben, die sich auf Sandbänken sonnen, hoppelnden Hasen, Kiebitz und Schnepfe und wilden Orchideen – aber kaum einem Menschen.
Für Liam McFaul, Alisons Ehemann, hat sich die Frage nach einer Auswanderung nie gestellt. Er und Rathlin sind eins – daran lässt er keinen Zweifel. Als Mitarbeiter der Königlichen Vogelschutzgesellschaft (RSBP) hat er nicht nur das Brutverhalten der verschiedenen Spezies im Blick, sondern auch die Zukunft der Insel, auf der er geboren ist.
Zeit für eine Pause und einen Absacker in McCuaigs Bar, dem abendlichen Treffpunkt für Einheimische und Touristen. Man erzählt sich von König Robert the Bruce, der Anfang des 14. Jahrhunderts im Exil auf Rathlin angesichts seiner vermeintlich aussichtslosen Situation fast verzweifelt wäre, hätte er nicht einer Spinne zugesehen, wie sie ihr Netz erst beim siebten Versuch erfolgreich zu spinnen in der Lage war. Das war ihm Antrieb genug, es noch einmal zu wagen und Schottland im siebten Anlauf von England und seinen Alliierten zu befreien.
Es ist ein beschaulicher Tag, der auf Rathlin zu Ende geht – kaum ein Tropfen Regen, maximal 17 Grad und damit für nordirische Verhältnisse fast perfektes Frühsommerwetter. Teresa sitzt im Liegestuhl vor dem Manor House und strahlt über das ganze Gesicht. „Ich halte es für ein großes Privileg, hier leben zu dürfen“, sagt sie. Der Gast darf sich zum Abendessen auf eine Spezialität freuen: frischen Hummer. Gefangen von Benji – Fergus Bruder, Liams und Neils Neffe und Emmas Cousin. Einer der McFauls eben. Und einer der letzten Fischer auf Rathlin Island.