5. Juni 2020, 6:25 Uhr | Lesezeit: 6 Minuten
Siquijor gilt als die mystischste der mehr als 7600 Philippinen-Inseln. Sie wird auch Hexen-, Geister- oder gar Voodoo-Insel genannt. TRAVELBOOK-Redakteurin Gudrun Brandenburg war vor Ort und hat sich auf Spurensuche begeben.
Auf den ersten Blick scheint auf Siquijor alles mit rechten Dingen zuzugehen. Von bösen Geistern und Hexen jedenfalls keine Spur. Stattdessen Bilderbuchstrände mit türkisblauem Meer, Ruhe und Natur pur. Dennoch fürchten viele Filipinos die Insel und machen einen großen Bogen um Siquijor. Aus Angst vor Hexen und übernatürlichen Kräften, die hier wirken sollen.
Siquijor ist die kleinste Inselprovinz in den Visayas, eine der drei Inselgruppen der Philippinen. Trotzdem Siquijor nicht allzu weit von den weitaus bekannteren Nachbarinseln und Tauchparadiesen Cebu und Negros entfernt liegt, kommen vergleichsweise wenige Touristen hierher.
Legenden um Siquijor
Um Siquijor ranken sich viele Geschichten und Legenden – angefangen mit der Entstehungsgeschichte. So soll die Insel bereits viele Millionen Jahre unter Wasser existiert haben, bevor sie eines Tages mit lautem Getöse an der Meeresoberfläche auftauchte. Die Bewohner Siquijors glauben fest an die Geschichte, zumal man auch in höher liegenden Inselregionen Fossilien von Muscheln und anderen Meerestieren fand. Auch die Spanier, die im Jahr 1521 die Philippinen entdeckten, hatten mit Siquijor eine Begegnung der besonderen Art. Auf der Insel machten sie ein feuerrotes Licht aus und gaben ihr deshalb den Namen „Isla del Fuego“ (Insel des Feuers). Später stellte sich allerdings heraus, dass das Licht nicht von einem Feuer stammte, sondern von zig Tausenden Glühwürmchen.
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Neben derlei Geschichten und Legenden wird im Zusammenhang mit Siquijor auch von Hexerei und wundersamen Heilungen berichtet. Unheilbar Kranke seien hier wie durch ein Wunder wieder gesund geworden, heißt es. Heute sind auf Siquijor mehr als 300 Heilerinnen und Heiler am Werk, die aus gesammelten Kräutern allerlei Tinkturen zusammenbrauen und mit magischen Steinen Seelen reinwaschen.
Zu Besuch bei einer Heilerin
Wie solch eine Heilungsprozedur auf Siquijor aussieht und ob sie etwas nützt, probiert man am besten selbst aus. Also mache ich mich auf den Weg zu einer Heilerin unweit von meinem Hotel. Die Heilerin wohnt und arbeitet in einer kleinen Holzhütte auf einem Hügel inmitten von Gemüsebeeten. Die alte Dame begrüßt mich freundlich mit Handschlag und bittet mich anschließend ins Haus. Dies besteht nur aus einem kleinen Zimmer mit einer Bank sowie einem Vorraum, den so mancher als „Hexenküche“ bezeichnen würde. Denn die Regale sind voller Fläschchen und Tongefäße mit den unterschiedlichsten Gebräuen, hier und da stehen kleine Schalen mit getrockneten Kräutern.
Was genau ich denn wolle, fragt mich die Heilerin und blickt mir tief in die Augen. Ehe ich antworten kann, schlägt sie vor, mich von meinen trüben Gedanken zu befreien. Ob ich welche habe oder nicht, ich sage natürlich ja – und bin gespannt, was passiert.
Schluss mit trüben Gedanken
Während ich im Zimmer auf der Bank Platz nehme, füllt die Heilerin zunächst ein Glas mit Wasser, in das sie einen magischen Stein legt. Mit dem Glas kommt sie ganz nah an mich heran und pustet mit einem Bambus-Halm immer wieder in das Wasser. Dieses färbt sich nun erst gelblich, dann dunkelgrau. Ein klarer Beweis für meine trüben Gedanken, sagt meine Heilerin. Nun beginnt sie mit ihrer eigentlichen Arbeit, nämlich mich von meinen düsteren Gedanken zu befreien. Dazu schüttet sie das verfärbte Wasser weg und füllt das Glas mit neuem, klarem Wasser, bläst wieder und wieder in den Bambus-Halm und wiederholt den Vorgang so oft, bis das Wasser schließlich klar bleibt – und ich als geheilt entlassen werde.
Geheilt? – frage ich mich auf dem Rückweg zum Hotel. Habe ich zuvor denn überhaupt trübe Gedanken gehabt? Falls ja, welche? Plötzlich fällt mir doch das eine oder andere ein, was mich in den letzten Tagen und Wochen betrübt hat. Ein Streit mit einem Arbeitskollegen beispielsweise und die nicht ganz unbegründeten Vorwürfe einer guten Freundin, die mir noch immer zu schaffen machen. Doch jetzt, in eben diesem Moment, quält mich kein Gedanke mehr – sei es, weil vor mir das Meer so wunderbar in der Sonne glitzert oder weil meine Heilerin soeben ganze Arbeit geleistet hat. Who knows?
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Siquijor – Palmenstrände und Weltklasse-Sonnenuntergänge
Abgesehen von derlei spannenden Begegnungen und aufregenden Erfahrungen mit Heilern gibt es auf Siquijor aber noch weitaus mehr, was sich zu tun und zu sehen lohnt. Die Insel bietet traumhafte weiße Palmenstrände, einige schöne Wasserfälle und Tauchspots, von denen manche nur wenige Meter vom Strand entfernt liegen. Nicht zu vergessen die atemberaubenden Sonnenuntergänge, die wie am schönen Tubod Beach im Südwesten der Insel Weltklasse-Niveau erreichen.
Siquijor Reisetipps
„Anreise: mit der Fähre von Cebu, Negros (Dumaguete) oder Bohol (Tagbilaran)
Beste Reisezeit: Dezember bis April
Sehenswürdigkeiten auf Siquijor: Cambugahay-Wasserfälle, Cantabon Cave, Paliton Beach, Siquijor Butterfly Sanctuary (Schmetterlings-Schutzgebiet), St.-Isidore-de-Labrador-Kirche, Balete-Baum mit Fisch-Spa, Schnorcheltrips nach Apo Island (bekannt für große Meeresschildkröten)
Sicherheit: Wegen der Corona-Pandemie ist Ausländern die Einreise in die Philippinen bis auf weiteres nicht gestattet. Auf der Hauptinsel Luzon wie auch auf Cebu und anderen stärker besiedelten Inseln gelten laut Auswärtigem Amt strenge Quarantänemaßnahmen.“