5. Februar 2016, 9:56 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Die Isle of Man in der Irischen See ist vielen vor allem wegen des wohl gefährlichsten und umstrittensten Motorradrennens der Welt ein Begriff, das hier einmal im Jahr stattfindet und schon Dutzende Teilnehmer das Leben gekostet hat. Nun will der Transportminister der bei Touristen beliebten Insel mit einer ziemlich ungewöhnlichen Idee noch mehr Urlauber anlocken: Bald schon sollen fahrerlose Autos über das hügelige Eiland rollen.
Die Isle of Man ist in vielerlei Hinsicht ungewöhnlich. Mitten in der Irischen See liegt die 570 Quadratkilometer große Insel, viele Kilometer sind zwischen ihr und den großen Britischen Inseln. Zwar untersteht die Isle of Man direkt der britischen Krone, ist aber weder Teil des Vereinigten Königreiches, noch Britische Kronkolonie. Sie gilt als autonomer Kronbesitz, hat eine eigene Währung und eigene Briefmarken. Zudem eilt ihr der Ruf nach, ein „Versteck britischer Millionäre“ zu sein, weil diese hier mächtig Steuern sparen und vom Bankgeheimnis des Offshore-Finanzplatzes profitieren.
Ansonsten geht es recht gemächlich zu auf der Isle of Man, deren rund 90.000 Einwohner sich selbst als Manx bezeichnen und zumeist im Bankensektor oder im Tourismus arbeiten. Es gibt ein paar hübsche Küstenstädtchen mit bunten Häuschen und Hafenpromenaden, über die Insel tuckert die dampfbetriebene Schmalspurbahn Isle of Man Steam Railway, und es locken einige historische Stätten wie etwa die Ballaharra Stones und The Braaid. Das Meer vor der Südwestküste ist zudem ein beliebter Tauchplatz, die Unterwasserwelt ist wegen des warmen Golfstroms besonders artenreich.
Jedes Jahr im Mai oder Juni wird es dann extrem trubelig auf der Isle of Man: Dann nämlich fallen Hunderte Motorradfahrer und noch mehr Schaulustige auf dem Eiland ein, um das älteste und gefährlichste Motorradrennen der Welt zu sehen oder daran teilzunehmen. Die Isle of Man Tourist Trophy, kurz Isle of Man TT, führt über den Snaefell Mountain Course, eine besonders kurvenreiche Strecke, die über den höchsten Berg der Insel führt, den 621 Meter hohen Snaefell. Mehr als 240 Fahrer sollen auf der Strecke seit dem ersten Rennen im Jahr 1911 bereits ihr Leben gelassen haben, weshalb es besonders umstritten ist.
Ruhe herrscht im Sommer auf der Isle of Man dann nur für kurze Zeit: Zwischen Ende August und September findet nämlich alljährlich noch ein zweites Motorradrennen auf dem Snaefell Mountain Course statt, der Manx Grand Prix.
Autos ohne Fahrer
Als seien das nicht schon Fahrzeuge und Motoren genug auf der Insel, treibt der hiesige Transportminister nun ein Projekt voran, das Fragen aufwirft: Wie die „The Washington Post“ berichtet, will Phil Gawne seine Insel zeitnah zum Tummelplatz für fahrerlose Autos machen. Demnach versucht der Minister, Unternehmen auf die Isle of Man zu locken, die selbstfahrende Fahrzeuge ohne Lenker und Pedale herstellen.
„Wir wollen auf der Insel innovativ sein und wir wollen unabhängig sein“, sagte Gawne der US-Zeitung. Das Projekt mit den fahrerlosen Autos helfe dabei, das internationale Image der Isle of Man zu stärken und Touristen anzuziehen. Die Regierung sei bereits im Gespräch mit mehreren Firmen, die solche Fahrzeuge auf die Insel bringen wollten.
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Schneller Einsatz möglich
Der Vorteil ist, dass die Isle of Man politisch unabhängig ist und sich selbst regiert. So könnten notwendige Gesetzesänderungen für den Einsatz der selbstfahrenden Autos noch bis zum Ende des Sommers auf den Weg gebracht werden. Für die Automobilhersteller wäre ein Einsatz der neuen Fahrzeuge auf der Isle of Man insofern interessant, als dass sie deren Technik und Straßentauglichkeit fernab von größeren Städten und in Ruhe testen könnten. Die Länge des Straßennetzes beträgt mehr als 1000 Kilometer, zudem gelten auf vielen Straßen keine Geschwindigkeitsbegrenzungen.
Und welchen Vorteil hätten die Roboterfahrzeuge für Urlauber? Dass sie sich in aller Ruhe die schöne Landschaft ansehen könnten, zum Beispiel. Aber ist das überhaupt sicher? Angeblich ja – selbstfahrende Autos sollen sogar viel sicherer sein als Fahrzeuge mit Menschen hinterm Steuer. Laut dem Onlineportal car-it.com haben wissenschaftliche Studien ergeben, dass mit solchen „Roboterautos“, die bereits von mehreren Herstellern getestet werden, 90 Prozent (!) aller Verkehrsunfälle verhindert werden könnten. Zudem ließe sich der volkswirtschaftliche Schaden für die Länder drastisch reduzieren.
Auf der Isle of Man kümmert man sich aber nicht nur um hochmoderne, sondern auch um sehr alte Fahrzeuge: So setzt sich Transportminister Phil Gawne laut „The Washington Post“ parallel für die Rettung der alten, von Pferden gezogenen Straßenbahnen ein, die aus dem Jahr 1876 stammen und zum Teil noch auf der Insel verkehren. Überhaupt legt man viel Wert auf die Bewahrung von Traditionen. Im idyllischen Dörfchen Cregneash im Süden der Insel wird Touristen etwa eindrucksvoll demonstriert, wie die Menschen hier früher gelebt und gearbeitet haben. Zudem wird seit einiger Zeit versucht, die alte keltische Sprache der Inselbewohner wiederzubeleben – mit Erfolg. Inzwischen wird Manx sogar wieder in einigen Schulen unterrichtet. Nichts ist unmöglich auf der Isle of Man, der Insel, die sich selbst regiert.