7. Januar 2023, 6:29 Uhr | Lesezeit: 4 Minuten
Auf einem Felsen vor der Küste von Bali thront der beeindruckende Tempel Tanah Lot. Er ist einer von sieben heiligen Schreinen im Meer rund um die Insel und hat sich zu einem besonderen Touristenmagneten entwickelt. Das liegt vermutlich an der Legende, die den heiligen Ort umgibt. Und die hat einen ziemlich realen Hintergrund, der wohl so manchem Besucher einen kalten Schauer über den Rücken jagen dürfte.
Vor der Küste des balinesischen Dorfes Beraban befindet sich wohl einer der skurrilsten Orte der Insel. Tanah Lot ist ein den Hindus heiliger Tempel, mutet aber eher an wie aus einem „Indiana Jones“-Film. Zum einen ist das der Tatsache geschuldet, dass der Tempel mitten im Meer auf einem Felsen steht. Zum anderen umgibt Tanah Lot eine Legende, die viel mit Schlangen zu tun hat. Mit sehr, sehr giftigen Schlangen. Und genau diese Tiere „bewachen“ das Heiligtum bis heute.
Belegt scheint laut der offiziellen Tourismusseite von Bali, dass Tanah Lot etwa im 16. Jahrhundert entstanden sein muss. Demnach kam zu dieser Zeit ein heiliger Mann namens Danghyang Nirartha von der Insel Java nach Bali. Sein Ziel war es, den Hinduismus zu verbreiten, und damit machte er sich nicht nur Freunde. Denn als er Beraban erreichte, verbannte ihn der Dorf-Oberste Bendesa Beraben schon nach kurzer Zeit wieder – zerfressen von Eifersucht, denn „seine“ Bürger ließen sich sehr schnell von den Lehren des Priesters überzeugen.
Ganz besondere Tempelwächter
Der friedliche Prediger folgte der Anweisung und verließ Beraban tatsächlich. Allerdings nicht so, wie es sich der „Bürgermeister“ vorgestellt hatte. Denn anstatt zu verschwinden, versetzte Nirartha einfach kurzerhand einen Felsen in das Meer vor dem Ort – und baute sich dort einen Tempel: Tanah Lot. Er ist einer von insgesamt sieben Tempeln, die man heute noch vor Balis Küste findet. Und doch ist Tanah Lot heute der wohl meistbesuchte Tempel Balis und eine der größten Touristenattraktionen der Insel. Denn Nirartha baute sich der Legende nach nicht einfach nur ein Heiligtum, er legte sich auch ganz besondere Wächter zu.
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Gemeint sind damit unzählige Seeschlangen von der Art Bungarus Candidus, zu Deutsch Blauer Krait. Und deren Gift ist in etwa dreimal so gefährlich wie das der Königskobra. Sie leben noch heute in den zahlreichen kleinen und großen Höhlen, die die Gewalt des Meeres über Jahrhunderte in den Fels gegraben hat, auf dem Tanah Lot steht. Von den Einheimischen werden sie als Wächter des Tempels verehrt, die ihn wiederum gegen einen Meeres-Dämon, ebenfalls in Gestalt einer riesigen Schlange, beschützen. Der Sage nach erschuf der heilige Mann sie aus seinem Schultertuch.
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Schlangen als Touristenmagnet
Genau diese Seeschlangen sind es, die Tanah Lot zu einem Touristenmagneten gemacht haben. Denn der Tempel ist bei Ebbe zu Fuß erreichbar. Und dann liegen auch die Höhlen, in denen die Schlangen leben, über Wasser. Immer beaufsichtigt durch einen einheimischen Schlangenbeschwörer, können Besucher die Tiere dann fotografieren.
Den Tempel selbst dürfen nur Einheimische betreten. Auswärtigen Besuchern ist es lediglich gestattet, sich in den Außenbereichen des Heiligtums aufzuhalten, berichtet u. a. „Atlas Obscura“.
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Vis-à-vis des Tempels, an Land, hat sich ein reges Geschäft entwickelt. Lokale Händler verkaufen ihre Souvenirs, diverse Stände mit Essen sorgen für volle Besucher-Bäuche. Besonders füllt es sich hier gegen Abend, wenn die Massen an die Küste strömen, um den Sonnenuntergang zu bewundern. Und trotz der Tatsache, dass die Tempel-Schlangen potenziell so gefährlich sind, findet man nirgends im Netz Berichte über Angriffe der Tiere auf Menschen.
Vielleicht hat es ja der Hindu-Priester Danghyang Nirartha dereinst auch daher geschafft, seine Lehren erfolgreich zu verbreiten. Denn das Ende der Legende um ihn erzählt, dass bald auch sein alter Widersacher Bendesa Beraben sich ihm anschloss. Ein Happy End, das den Weg ebnete für eine der heute größten Touristenattraktionen Balis.